Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
Springbrunnen führte, und auch noch einen Teil der Säulen aus den Arkaden jenseits des Brunnens. Rahvin war allerdings nicht auf diesem Weg geflohen, noch war er in diesem Baalsfeuerstrahl ums Leben gekommen. Ein Rückstand lag noch in der Luft, ein verblassender Überrest verwobener Stränge aus Saidin . Rand erkannte ihn. Es unterschied sich von dem Wegetor, das er benützt hatte, um nach Caemlyn zu Gleiten, oder von dem Tor des Schnellen Reisens, durch das er in den Thronsaal gekommen war. Es war ihm mittlerweile klar, was er da gewoben hatte. Doch in Tear hatte er bereits einmal einen solchen Weg erlebt, wie ihn Rahvin gewählt hatte, und er hatte ihn dort selbst schon einmal benützt.
Jetzt wob er die gleiche Art von Strängen. Ein Tor, oder zumindest eine Öffnung, ein Loch in der Wirklichkeit. Auf der anderen Seite gab es diesmal keine Schwärze. Es war sogar so, dass er den Übergang überhaupt nicht bemerkt hätte, wäre da nicht sein Wissen um diesen Weg gewesen und hätte er nicht das Gewebe wahrnehmen können. Vor ihm lagen die gleichen Torbögen, die auf den gleichen Innenhof mit dem gleichen Springbrunnen führten, und dahinter die gleichen Arkaden. Die durch sein Baalsfeuer sauber herausgeschnittenen Teile tauchten einen Moment lang wieder auf, füllten die Lücken, und verschwanden dann wieder. Wo immer dieses Tor hinführte, es war auf jeden Fall ein anderer Ort, eine Art Spiegelbild des Königlichen Palastes, so wie es damals ein Spiegelbild des Steins von Tear gewesen war. Er bedauerte ein wenig, nie mit Asmodean darüber gesprochen zu haben, als er noch die Möglichkeit dazu hatte, aber er hatte es nicht fertiggebracht, mit irgendjemanden über jenen Tag zu sprechen. Es war auch nicht so wichtig. An jenem Tag hatte er Callandor in der Hand getragen, aber das kleine Angreal in seiner Tasche hatte sich heute als ausreichend erwiesen, um Rahvin mehrfach in die Flucht zu schlagen.
Er trat schnell hindurch, löste das Gewebe auf und eilte über den Hof, während sich das Tor auflöste. Rahvin hätte diesen Eingang spüren können, wäre er nahe und aufmerksam genug. Der fette kleine Steinmann bedeutete noch nicht, dass er stehenbleiben und auf einen Angriff warten konnte.
Kein Lebenszeichen, wenn er von seiner eigenen Anwesenheit und der einer Fliege absah. So war es auch in Tear gewesen. Die Lampen auf den hohen Ständern in den Fluren waren nicht angezündet und ihre weißen Dochte hatten überhaupt noch nie eine Flamme getragen. Trotzdem herrschte überall, in jedem auch noch so dunklen Flur, eine gewisse Helligkeit, ein Lichtschein, der von überall und nirgends zu kommen schien. Manchmal verschoben sich diese Lampen, wie auch andere Gegenstände. Im Zeitraum zwischen einem Blick und dem nächsten auf die gleiche Stelle konnte sich eine Lampe auf ihrem hohen Ständer um einen Fuß verschoben haben und eine Vase in ihrer Nische um einen Fingerbreit. Kleinigkeiten nur, als habe jemand diese Dinge bewegt, während er in eine andere Richtung blickte. Wo immer er sich hier befinden mochte, es war auf jeden Fall ein seltsamer Ort.
Als er unter weiteren Arkaden hindurchschritt und nach Spuren von Rahvins Geweben suchte, fiel ihm mit einem Mal auf, dass er die Stimme in seinem Kopf, die um Ilyena weinte, nicht mehr vernommen hatte, seit er das Baalsfeuer hervorgebracht hatte. Vielleicht hatte er auf irgendeine Art Lews Therin aus seinem Kopf verjagt?
Gut. Er blieb am Rande eines der Gärten stehen. Die Rosen und die Weißdornhecken sahen genauso dürregeschädigt aus wie in der Wirklichkeit. Auf einigen der weißen Türmchen, die über den Dächern zu sehen waren, wehte die Flagge mit dem Weißen Löwen, aber auf welchen, das konnte sich innerhalb eines Wimpernschlags ändern. Gut, wenn ich meinen Kopf nicht mehr teilen muss mit …
Er hatte plötzlich ein ganz eigenartiges Gefühl. Unwirklich. Er hob einen Arm und riss die Augen auf. Er konnte durch Ärmel und Arm hindurch den Garten sehen, als bestünde sein Körper nur aus feinem Dunst. Und selbst dieser Dunst verflog immer mehr. Als er nach unten blickte, sah er die Pflastersteine des Gartenwegs durch seinen Körper hindurch.
Nein! Es war nicht sein eigener Gedanke. Ein Bild begann sich langsam aus dem Dunst herauszuschälen: ein hochgewachsener Mann mit dunklen Augen, einem von Sorgenfalten gezeichneten Gesicht und mehr Weiß als Braun im Haar. Ich bin Lews Ther …
Ich bin Rand al’Thor, unterbrach Rand diesen Gedanken. Er wusste nicht,
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