Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
wie ihm geschah, aber der schwach sichtbare Drache auf seinem verschwommenen Arm, den er sich vors Gesicht hielt, begann zu verblassen. Der Arm sah nun bereits etwas dunkler aus, und die Finger schienen länger als vorher. Ich bin ich. Das warf ein Echo im Nichts. Ich bin Rand al’Thor.
Er mühte sich ab, im Geist sich selbst vorzustellen, kämpfte sich an das Bild des Mannes heran, den er täglich beim Rasieren im Spiegel sah oder im großen Standspiegel beim Ankleiden. Es war ein verzweifelter Kampf. Er hatte sich nie wirklich aufmerksam betrachtet. Die beiden Bilder wurden abwechselnd einmal klarer und dann wieder schwächer: der ältere Mann mit den dunklen Augen und der jüngere mit blaugrauen Augen. Langsam festigte sich schließlich das Bild des jüngeren, und der ältere verblasste. Sein Arm wirkte wieder solide. Sein eigener Arm mit dem sich herumwindenden Drachen und dem in die Handfläche eingebrannten Reiher. Es hatte Zeiten gegeben, da hasste er diese Male, doch nun lächelte er sogar im Nichts eingeschlossen beinahe vor Freude, sie zu sehen.
Warum hatte Lews Therin versucht, ihn zu übernehmen? Um aus ihm Lews Therin zu machen? Er war sich sicher, wer dieser Mann mit den dunklen Augen und dem leidenden Gesichtsausdruck gewesen war. Doch warum gerade jetzt? Weil er das an diesem Ort tatsächlich schaffen konnte, wo immer auch er sich befinden mochte? Halt . Es war doch gerade Lews Therin gewesen, der so unnachgiebig ›nein‹ gerufen hatte. Also kein Angriff durch Lews Therin. Es musste Rahvin gewesen sein, und er hatte keineswegs die Macht dazu benützt. Wäre der Mann aber schon in Caemlyn – im wirklichen Caemlyn – dazu in der Lage gewesen, dann hätte er es auch getan. Es musste eine Fähigkeit sein, die er nur hier besaß. Und wenn Rahvin diese Fähigkeit gewonnen hatte, dann vielleicht auch er selbst? Nur dieses Abbild seiner selbst hatte ihn festgehalten und wieder zurückgebracht.
Er konzentrierte sich auf den nächsten Rosenstrauch, der etwa eine Spanne hoch war, und stellte sich vor, er würde immer dünner und durchscheinend. Gehorsam verschwamm der Strauch und verschwand ganz. Als er sich jedoch im Geist an dieser Stelle nichts vorstellte, war der Rosenstrauch plötzlich wieder da, genau wie vorher.
Rand nickte kalt. Es hatte also alles seine Grenzen. Es gab immer Grenzen und Regeln, und die hier kannte er nicht. Doch er kannte die Macht soweit Asmodean ihn unterrichtet hatte und er sich selbst, und Saidin war immer noch in ihm, all die Süße des Lebens, all die Verwesung nach dem Tod. Rahvin musste in der Lage gewesen sein, ihn zu sehen, denn sonst hätte er nicht angreifen können. Wollte man die Macht verwenden, musste man entweder sehen, was man beeinflussen wollte, oder man musste haargenau wissen, wo es sich im Verhältnis zur eigenen Person gerade befand. Möglicherweise traf das hier nicht zu, aber das glaubte er eigentlich nicht. Er wünschte sich beinahe, dass Lews Therin nicht wieder geschwiegen hätte. Der Mann kannte diesen Ort und die hier herrschenden Bedingungen wahrscheinlich.
Von Balkonen und Fenstern aus konnte er den Garten überblicken. Der Palast war hier an manchen Stellen vier Stockwerke hoch. Rahvin hatte versucht, ihn zu … seine Existenz hier einfach … zu verhindern. Er sog durch das Angreal tief aus dem tobenden Strom Saidins . Blitze zuckten vom Himmel, hundert sich spaltende silberne Bolzen, noch mehr, hieben auf jedes Fenster, jeden Balkon ein. Donner erfüllte den Garten, und abgebrochene Steinbrocken hagelten herab. Die Luft knisterte, und die Haare an seinen Armen und auf seiner Brust standen trotz des Hemdes zu Berge. Selbst die Haare auf seinem Kopf begannen, sich zu strecken. Er ließ die Blitze ersterben. Hier und da brach noch ein Steinbrocken aus einem zerschmetterten Fensterrahmen oder von einem Balkon ab. Das Krachen, wenn sie herunterfielen, wurde durch das Echo des Donners gedämpft, das noch immer in seinen Ohren nachhallte. Klaffende Löcher befanden sich nun dort, wo Fenster gewesen waren. Sie wirkten wie die Augenhöhlen eines riesigen Schädels und die Reste der Balkone wie ein Dutzend Mäuler mit zersplitterten Zähnen. Falls sich Rahvin irgendwo dort befunden hatte, war er sicher tot. Rand würde das aber erst glauben, wenn er die Leiche sah. Er wollte den toten Rahvin sehen.
Er hatte sein Gesicht auf eine wilde Art verzogen, die er selbst nicht bemerkte. So schlich er lauernd in den Palast zurück. Er wollte sehen, wie Rahvin
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