Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Maerone und der unmittelbaren Zukunft abgelenkt. Und Frauen gefiel doch gewöhnlich solche Großzügigkeit. Das entwickelte sich alles sehr gut. Mit einer Verbeugung, die knapp über ihrem Handrücken endete, fügte er noch hinzu: »Bis später, Betse. Wenn ich zurückkomme, tanzen wir wieder.«
Zu seiner Überraschung fuchtelte sie mit erhobenem Zeigefinger vor seinem Gesicht herum und schüttelte missbilligend den Kopf, als habe sie seine Gedanken gelesen. Nun, er hatte ja auch noch nie behauptet, Frauen wirklich zu verstehen.
So setzte er den Hut auf und nahm den Speer mit dem schwarzen Schaft von seinem Platz neben der Tür. Das war ein weiteres Geschenk von der anderen Seite jenes Ter’angreals , mit seiner Inschrift in der Alten Sprache am Schaft und der eigenartigen Spitze in Form einer kurzen Schwertklinge, die mit zwei Raben gezeichnet war.
»Heute inspizieren wir die Schenkräume«, sagte er zu Edorion, und sie schritten in die Mittagshitze hinaus und in den Lärm und das Gedränge von Maerone.
Es war eine kleine Stadt ohne schützende Mauer, wenn auch fünfzigmal so groß wie jede, die er gesehen hatte, bevor er die Zwei Flüsse verließ. Eigentlich mehr ein großes Dorf. Nur wenige der meist aus Backstein oder Naturstein erbauten Häuser wiesen mehr als ein einziges Stockwerk auf und nur die Schenken zeigten stolze drei Stockwerke. Die Dächer in Sicht waren etwa zu gleicher Zahl mit Holzschindeln, Stroh, Schiefer oder Ziegeln gedeckt. Auf den meist ausgetretenen Lehmstraßen drängten sich jetzt Menschenmengen. Die Bewohner der Stadt kamen aus aller Herren Länder; die überwiegende Zahl allerdings aus Cairhien und Andor. Obwohl es auf der Seite Cairhiens am Erinin lag, gehörte Maerone nun keiner Nation mehr an, sondern vollführte einen Balanceakt zwischen beiden Ländern, und Menschen aus mindestens einem halben Dutzend Ländern wohnten hier oder kamen durch. Man hatte sogar drei oder vier Aes Sedai gesichtet, seit Mat angekommen war. Trotz des Medaillons, das er immer um den Hals trug, machte er einen weiten Bogen um sie, denn er wollte keine Schwierigkeiten heraufbeschwören, aber sie reisten genauso schnell weiter, wie sie angekommen waren. Sein Glück hielt ihm die Treue, wenn es darauf ankam. Bisher jedenfalls.
Die Menschen eilten ihren Geschäften nach und ignorierten zumeist die abgerissenen Männer, Frauen und Kinder, die müßig umherwanderten. Alle stammten aus Cairhien, und die letzteren schlenderten gewöhnlich bis zum Flussufer hinunter, bevor sie wieder in die Flüchtlingslager zurückkehrten, die rund um die Stadt errichtet worden waren. Allerdings gingen nur wenige ganz weg, um nach Hause zurückzukehren. Der Bürgerkrieg in Cairhien mochte wohl beendet sein, doch es gab immer noch Räuberbanden, und außerdem hatten sie Angst vor den Aiel. Es konnte gut sein, so hatte Mat bereits überlegt, dass sie fürchteten, dem Wiedergeborenen Drachen zu begegnen. Zugrunde lag aber eigentlich eine Tatsache: Sie waren so weit gelaufen, wie sie nur konnten. Kaum einer von ihnen besaß noch die Energie, weiter zu gehen als bis zum Fluss. Dort standen sie dann und blickten nach Andor hinüber.
Die Soldaten der Bande ließen die Menschenmenge noch weiter anschwellen. Allein oder in kleinen Gruppen schlenderten sie an Läden und Tavernen vorbei. Dazwischen marschierten ganze Truppenteile in strenger Formation, Armbrust- und Bogenschützen in Lederwesten, auf die sie Stahlscheiben genäht hatten, Piköre mit verbeulten Harnischen, die wirkten, als hätten irgendwelche Adligen sie weggeworfen oder als habe man sie einfach den Gefallenen abgezogen. Überall dazwischen sah man gerüstete Reiter, tairenische Lanzenträger mit ihren geränderten Helmen und Kavalleriesoldaten aus Cairhien mit den typischen glockenförmigen Helmen. Sogar ein paar Andoraner waren dabei, gut an ihren kegelförmigen Helmen mit den Gittervisieren erkennbar. Rahvin hatte eine ganze Menge Männer aus der königlichen Garde verwiesen, Männer, die loyal zu Morgase gehalten hatten, und einige davon hatten sich der Bande angeschlossen. Fliegende Händler wanderten mit ihren Bauchläden durch die Menge und schrien über die Köpfe hinweg, was sie an Waren zu bieten hätten: Nadel und Faden, Tinkturen, die angeblich bei jeder Art von Wunde helfen sollten, und Medikamente, die alles heilten, von Abschürfungen bis zu Wasserblasen bis zum Lagerkoller, dazu Seife, Blechtöpfe und -tassen, die garantiert nie rosteten, Wollstrümpfe,
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