Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
viel mehr als die Gelben.
Leane reagierte anders als Siuan. Keine Tränen. Sie umarmte Saidar , lächelte selig und ließ es dann wieder los, obwohl das Lächeln blieb. Dann schlang sie ihre Arme um Nynaeve, drückte sie, bis ihre Rippen zu brechen drohten, und flüsterte immer wieder: »Danke, danke, danke.«
Aus den Reihen der Gelben wurde Murmeln hörbar, und Nynaeve hielt sich bereit, sich in deren Glückwünschen zu sonnen. Sie würde ihre Entschuldigungen gnädig annehmen. Dann hörte sie, was sie sagten.
»… hat Feuer und Erde gebraucht, als wollte sie ein Loch durch Felsen bohren.« Das kam von Dagdara.
»Eine sanftere Berührung wäre besser gewesen«, stimmte Shanelle ihr zu.
»… erkenne, wo Feuer bei Herzkrankheiten nützlich sein könnte«, sagte Therva, während sie mit dem Finger an ihre lange Nase tippte. Beldemaine, eine rundliche Arafellin mit Silberglocken im Haar, nickte nachdenklich.
»… wenn die Erde so mit Luft verbunden wäre, versteht Ihr …«
»… in Wasser verwobenes Feuer …«
»… mit dem Wasser vermischte Erde …«
Nynaeve sperrte den Mund auf. Sie hatten sie vollkommen vergessen. Sie dachten, sie könnten das, was sie ihnen gerade gezeigt hatte, besser tun als sie!
Myrelle tätschelte ihren Arm. »Ihr habt es sehr gut gemacht«, murmelte sie, »Macht Euch keine Sorgen. Sie werden Euch später ausgiebig loben. Im Moment sind sie noch ein wenig verwirrt.«
Nynaeve räusperte sich laut, aber keine der Gelben schien es zu bemerken. »Ich hoffe, das bedeutet wenigstens, dass ich keine Töpfe mehr schrubben muss.«
Sheriam wandte mit verblüfftem Gesichtsausdruck ruckartig den Kopf. »Warum, Kind, wie kommt Ihr darauf?« Sie hatte noch immer einen Arm um Siuan gelegt, die mit einem Spitzentaschentuch verwirrt ihre Augen abtupfte. »Wenn jedermann jede beliebige Regel brechen könnte und der Bestrafung dadurch entgehen könnte, indem er im Ausgleich etwas Gutes tut, wäre die Welt ein Chaos.«
Nynaeve seufzte tief. Sie hätte es wissen müssen.
Nisao verließ die Reihen der Gelben, räusperte sich und warf Nynaeve im Vorbeigehen einen Blick zu, den man nur als anklagend bezeichnen konnte. »Dies bedeutet vermutlich, dass wir Logain erneut einer Dämpfung unterziehen müssen.« Sie klang, als wollte sie das Geschehene leugnen.
Köpfe nickten, und Carlinya sprach mit einer Stimme, die den Raum wie ein Eiszapfen durchbohrte. »Können wir das?« Aller Augen wandten sich ihr zu, aber sie fuhr ruhig und kühl fort. »Können wir, moralisch gesehen, erwägen, einen Mann zu unterstützen, der die Macht lenken kann, ein Mann, der andere Männer zu versammeln versucht, die dies ebenfalls tun können, während wir gleichzeitig so weitermachen wie zuvor, indem wir jene einer Dämpfung unterziehen, die wir finden? Welche Wirkung wird es auf ihn haben, wenn er lernt? So schmerzlich es angesichts der Lage vielleicht ist, wird er uns von der Burg und, was noch wichtiger ist, von Elaida und der Roten Ajah abgetrennt sehen. Wenn wir auch nur einen Mann einer Dämpfung unterziehen, könnten wir dieses Unterscheidungsmerkmal verlieren und damit jede Aussicht, ihn vor Elaida unter Kontrolle zu bekommen.«
Schweigen erfüllte den Raum, als sie geendet hatte. Aes Sedai wechselten besorgte Blicke, und die Nynaeve zugewandten ließen Nisaos Blicke geradezu löblich wirken. Schwestern waren bei der Gefangennahme Logains gestorben, und selbst wenn er wieder sicher abgeschirmt war, hatte sie ihnen die Aufgabe auferlegt, sich erneut mit ihm zu beschäftigen – sowie eine noch schlimmere Aufgabe.
»Ich denke, Ihr solltet gehen«, sagte Sheriam leise.
Nynaeve wollte nicht streiten. Sie vollführte eilig, aber sorgfältig einen Hofknicks und tat ihr Bestes, nicht davonzulaufen.
Draußen erhob sich Elayne von der Steintreppe. »Es tut mir leid, Nynaeve«, sagte sie und strich über ihren Rock. »Ich war so aufgeregt, dass ich Sheriam gegenüber mit allem herausgeplatzt bin, bevor ich erkannte, dass auch Romanda und Delana dort waren.«
»Das macht nichts«, sagte Nynaeve niedergeschlagen und trat auf die bevölkerte Straße. »Es wäre früher oder später ohnehin herausgekommen.« Aber es war dennoch einfach nicht fair. Ich habe etwas getan, wovon sie behauptet haben, dass es nicht getan werden könnte, und ich muss trotzdem noch Töpfe schrubben! »Elayne, es kümmert mich nicht, was du gesagt hast. Wir müssen gehen. Carlinya sprach davon, Rand ›unter Kontrolle‹ zu bekommen. Sie
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