Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Auswirkungen, aber nur, weil sie den Zelten häufig fernblieb, hauptsächlich, um Sevanna aus dem Weg zu gehen, bevor sie der Frau eine Lektion erteilen würde. Sie zweifelte nicht daran, wie das enden würde. Sevanna wurde als Weise Frau akzeptiert, egal wie viele Grimassen geschnitten wurden, wenn sie nicht in der Nähe war. Amys und Bair würden die Shaido-Frau wahrscheinlich ihr Strafmaß festsetzen lassen. Zumindest war fernzubleiben nicht allzu schwierig. Sie war vielleicht ein Lehrling, aber nur Sorilea bemühte sich, ihr die tausend Dinge beizubringen, die eine Weise Frau wissen musste. Bis Amys und Bair ihre endgültige Erlaubnis erteilten, nach Tel’aran’rhiod zurückzukehren, konnte sie weitgehend selbst über ihre Tage und Nächte verfügen, solange es ihr gelang, nicht mit Surandha und den anderen erwischt zu werden, um das Geschirr abzuwaschen oder Dung für die Feuer einzusammeln.
Sie konnte nicht verstehen, warum die Tage so langsam zu vergehen schienen. Sie dachte, es müsse Amys und Bair dienlich sein. Gawyn war jeden Morgen im Großen Mann . Sie gewöhnte sich an das zweideutige, höhnische Grinsen der dicken Wirtin, obwohl sie ein- oder zweimal daran dachte, sie zu treten. Vielleicht auch dreimal, aber nicht öfter. Jene Stunden vergingen wie im Fluge. Sie saß kaum auf Gawyns Schoß, wenn es auch schon Zeit wurde, ihr Haar zu richten und zu gehen. Es ängstigte sie nicht mehr, auf seinem Schoß zu sitzen. Es hatte sie eigentlich niemals wirklich geängstigt, aber inzwischen war es überaus angenehm. Wenn sie manchmal an Dinge dachte, die sie nicht haben konnte, wenn diese Gedanken sie erröten ließen – nun, er strich stets mit den Fingern über ihr Gesicht, wenn sie errötete, und sprach ihren Namen auf eine Art aus, wie sie es gern ihr ganzes Leben lang gehört hätte. Er ließ weniger darüber verlauten, was bei den Aes Sedai vor sich ging, als sie anderswo erfuhr, aber sie konnte sich kaum dazu bringen, sich deswegen zu sorgen.
Es waren die anderen Stunden, die sich zäh dahinschleppten. Es gab so wenig zu tun, dass sie dachte, sie würde vor Langeweile platzen. Weise Frauen, die Arilyns Palast überwachten, berichteten von keinen weiteren Aes Sedai. Die Wächter, die aus jenen auserwählt waren, die die Macht lenken konnten, berichteten, die Aes Sedai würden die Macht im Inneren noch immer Tag und Nacht ohne jede Pause handhaben, aber Egwene wagte nicht, nahe heranzugehen. Auch wenn sie es täte, könnte sie nicht sagen, was sie taten, wenn sie ihre Stränge nicht sah. Wären die Weisen Frauen weniger mürrisch gewesen, hätte sie vielleicht versucht, in ihrem Zelt Zeit mit Lesen zu verbringen, aber das einzige Mal, als sie, außer nachts bei Lampenlicht, ein Buch anrührte, hatte Bair sich dermaßen über Mädchen geäußert, die ihre Zeit damit verschwendeten, faul herumzuliegen, dass Egwene gemurmelt hatte, sie hätte etwas vergessen, und aus dem Zelt geeilt war, bevor man etwas Nützlicheres für sie zu tun fand. Wenige Augenblicke einer Unterhaltung mit einem anderen Lehrling konnten genauso gefährlich sein. Als sie einmal stehen geblieben war, um mit Surandha zu sprechen, die sich im Schatten eines Zeltes verborgen gehalten hatte, das einigen Steinsoldaten gehörte, hatte ihnen das einen Nachmittag mit Wäschewaschen eingebracht, als Sorilea sie entdeckt hatte. Sie wäre über diese Aufgabe vielleicht sogar froh gewesen, einfach darüber, dass sie überhaupt etwas zu tun hatte, aber Sorilea hatte die vollkommen saubere, im Zelt aufgehängte Wäsche begutachtet, geschnaubt und gesagt, sie müssten sie noch einmal waschen. Sie sagte ihnen zweimal, sie müssten die Wäsche abermals waschen! Sevanna hatte auch dabei zugesehen.
Wenn Egwene sich in der Stadt aufhielt, hatte sie stets das Gefühl, sich umsehen zu müssen, außer am dritten Tag, als sie ihren Weg zu den Kais hinab so sorgfältig wählte, wie eine sich vor einer Katze davonstehlende Maus. Ein dürrer Bursche mit einem kleinen, schmalen Boot kratzte sich das dünner werdende Haar und verlangte ein Silberstück, damit er sie zum Schiff des Meervolks hinausrudern würde. Alles war teuer, aber dies war lächerlich. Sie fixierte ihn mit festem Blick, sagte ihm, er könnte ein geringerwertiges Geldstück haben – was wirklich immer noch viel zu viel war –, und hoffte, der Handel würde nicht ihre ganze Geldbörse leeren. Sie besaß nicht viel Geld. Jedermann gehorchte und fuhr zusammen, wenn Aiel in der Nähe waren,
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