Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
schlafen konnte. Es wäre ein Leichtes, sich in Schlaf zu versetzen – die Traumgänger der Weisen Frauen hatten ihr dies früh beigebracht –, aber Ruhe darin zu finden, war eine andere Sache. Besonders wenn ihr Geist vor Sorgen brodelte, die mit Romanda und Lelaine und Sheriam begannen und mit Rand, Elaida, Moghedien, dem Wetter und endlosem anderen noch nicht endeten.
Sie mied Moghediens Zelt. Wenn sie selbst Fragen stellte, würde einer davongelaufenen Dienerin zu viel Aufmerksamkeit zuteil. Verschwiegenheit war ihre zweite Natur geworden. Das Spiel, das sie spielte, ließ nur wenige Fehler zu, und sorglos zu sein, wenn man wusste, dass es nicht wichtig war, konnte dazu führen, auch sorglos zu sein, wenn es wichtig war. Schlimmer noch, man würde vielleicht feststellen, dass man sich in der Bewertung der Wichtigkeit geirrt hatte. Das Schwache muss vorsichtig kühn sein. Das war wieder ein Satz Siuans. Sie tat wirklich ihr Bestes, sie zu lehren, und sie kannte dieses besondere Spiel sehr genau.
In dem mondbeschatteten Lager hielten sich auch jetzt nicht mehr Menschen draußen auf als zuvor. Nur wenige kauerten müde um niedrige Feuer, erschöpft von ihren abendlichen Aufgaben nach einem anstrengenden Reisetag. Diejenigen, die sie sahen, erhoben sich mühsam, wenn sie vorüberging, um ihr Respekt zu zollen, murmelten: »Möge das Licht Euch bescheinen, Mutter« oder etwas Ähnliches und erbaten gelegentlich ihren Segen, den sie dann mit einem einfachen »Das Licht segne dich, mein Kind« gewährte. Männer und Frauen, die alt genug waren, ihre Großeltern zu sein, ließen sich nach dem erhaltenen Segen mit strahlenden Gesichtern erneut nieder, aber Egwene fragte sich, wie sie wirklich über sie dachten. Alle Aes Sedai präsentierten sich der Außenwelt, einschließlich ihrer eigenen Diener, als geschlossene Front. Aber Siuan war der Meinung, wenn man glaubte, ein Diener wisse zweimal so viel wie er sollte, kenne man nur die halbe Wahrheit.
Als Egwene eine offene Fläche überquerte, flammte der Silberblitz eines sich gerade öffnenden Wegetors in der Dunkelheit auf. Es war jedoch nicht wirklich Licht. Es warf keine Schatten. Sie hielt inne, um die Szenerie zu beobachten. Niemand derjenigen, die an den nächstgelegenen Feuern kauerten, blickte auch nur auf. Sie waren hieran inzwischen gewöhnt. Ein Dutzend oder mehr Schwestern, doppelt so viele Diener und eine Anzahl Behüter eilten aus dem Tor hervor; sie kehrten mit Nachrichten und Weidenkörben voller Tauben von den Taubenschlägen im gut fünfhundert Meilen südwestlich gelegenen Salidar zurück.
Sie zerstreuten sich bereits, bevor das Wegetor wieder geschlossen wurde, trugen ihre Lasten zu Sitzenden, zu ihren Ajahs oder in ihre Zelte. In den meisten Nächten wäre Siuan bei ihnen gewesen. Sie traute selten jemand anderem so weit, dass sie ihn bestimmte Nachrichten überbringen ließ, auch wenn diese meist verschlüsselt waren. Manchmal schien es auf der Welt mehr Augen-und-Ohren zu geben als Aes Sedai, obwohl die meisten durch die Umstände ziemlich eingeschränkt waren. Die Mehrheit der Spione für die verschiedenen Ajahs schienen sich bedeckt zu halten, bis sich die ›Schwierigkeiten‹ der Weißen Burg legen würden, und viele der Augen-und-Ohren der einzelnen Schwestern hatten keine Ahnung, wo sich die Frau, der sie dienten, im Moment aufhielt.
Mehrere der Behüter erkannten Egwene und verbeugten sich sorgfältig und mit der Stola angemessenem Respekt. Schwestern sahen sie vielleicht fragend an, aber der Saal hatte sie zur Amyrlin erhoben, und Gaidin brauchten nicht mehr. Auch einige Diener verbeugten sich oder vollführten Hofknickse. Aber keine der Aes Sedai, die sich von dem Wegetor entfernten, warf auch nur einen Blick in ihre Richtung. Vielleicht bemerkten sie sie nicht. Vielleicht.
Es war in gewisser Weise einem von Moghediens Talenten zu verdanken, dass überhaupt noch jemand von einem Teil seiner Augen-und-Ohren hörte. Die Schwestern, die die Macht besaßen, Wegetore zu eröffnen, konnten dies, weil sie schon ausreichend lange in Salidar gewesen waren. Jenen, die ein Wegetor in sinnvoller Größe weben konnten, war es möglich, von dort fast überallhin Schnell zu Reisen und punktgenau anzukommen. Der Versuch, nach Salidar Schnell zu Reisen, hätte jedoch bedeutet, die Hälfte jeder Nacht damit zu verbringen, sich den in jedem neu errichteten Lager mit einem Seil abgesperrten Reiseplatz in allen Einzelheiten einzuprägen. Egwene hatte
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