Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
genauso gut niemals die Bewahrerin der Chroniken sein und niemals ein anderes Gesicht bekommen können. Die reine Vorstellung des Praktischen und Wirkungsvollen wurde zum Ideal einer trägen und verlockenden Domanifrau. Sogar ihr Reitgewand war im Stil ihres Geburtslandes geschnitten, obwohl der fast durchsichtig scheinende, hellgrüne Seidenstoff für die Reise auf staubigen Straßen sehr unpraktisch war. Als man ihr sagte, dass das Dämpfen alle Bindungen und Verbindungen zunichtegemacht hatte, wählte Leane über eine Rückkehr zur Blauen Ajah die Grüne Ajah. Normalerweise wechselte man die Ajahs nicht, aber es war auch noch niemals zuvor jemand gedämpft und dann wieder geheilt worden. Siuan war sofort in die Blaue Ajah zurückgekehrt und hatte über die unsinnige Notwendigkeit gemurrt, ›um die Aufnahme flehen und bitten zu müssen‹, wie es formell hieß.
»Oh, Licht!«, keuchte Leane, während sie sich erheblich weniger anmutig als üblich auf einen Stuhl sinken ließ. »Wir hätten sie gleich am ersten Tag ihrer Verurteilung zuführen sollen. Nichts, was wir von ihr erfahren haben, ist es wert, sie wieder auf die Welt loszulassen. Nichts!« Ihre Worte verdeutlichten ihr Entsetzen, da sie sonst nicht das Offensichtliche feststellte. Ihr Verstand war nicht träge geworden, wie auch immer ihr äußerliches Benehmen wirkte. Domani-Frauen wirkten vielleicht nach außen hin träge und verführerisch, aber sie waren noch immer überall als die härtesten Händler bekannt.
»Blut und verdammte …! Wir hätten sie bewachen lassen sollen«, grollte Siuan.
Egwene wölbte die Augenbrauen. Siuan musste genauso erschüttert sein wie Leane. »Durch wen, Siuan? Durch Faolain? Durch Theodrin? Sie wissen nicht einmal, dass ihr beide zu meiner Gemeinschaft gehört.« Eine Gemeinschaft? Fünf Frauen. Und Faolain und Theodrin waren wohl kaum eifrige Anhängerinnen – besonders Faolain nicht. Nynaeve und Elayne gehörten natürlich auch dazu, und sicherlich auch Birgitte, auch wenn sie keine Aes Sedai war, aber sie waren weit fort. List und Geschicklichkeit waren noch immer ihre Hauptstärken. Und der Umstand, dass niemand sie bei ihr erwartete. »Wie hätte ich irgendjemandem erklären sollen, warum sie meine Dienerin beobachten sollten? Und außerdem – was hätte es genützt? Es muss einer der Verlorenen gewesen sein. Glaubt ihr wirklich, Faolain und Theodrin hätten ihn zusammen aufhalten können? Ich weiß nicht einmal, ob ich es hätte tun können, selbst in der Verbindung mit Romanda und Lelaine nicht.« Sie waren die beiden nächststarken Frauen im Lager, die die Macht genauso gut beherrschten wie Siuan früher.
Siuan bezwang mühsam ihre Aufregung. Sie sagte häufig, dass sie, wenn sie nicht länger die Amyrlin sein konnte, Egwene lehren würde, die beste Amyrlin zu sein, die es jemals gegeben hätte, aber Siuans Übergang von einem Löwen auf einem Berg zu einer Maus am Boden war schwer. Deshalb gewährte Egwene ihr einige Bewegungsfreiheit.
»Ich möchte, dass ihr beide diejenigen befragt die sich in der Nähe des Zeltes aufhalten, in dem Moghedien geschlafen hat. Jemand muss den Mann gesehen haben. Er muss zu Fuß gekommen sein. Jeder, der auf solch kleiner Fläche ein Wegetor eröffnete, hätte riskiert, Moghedien zu töten, wie klein er es auch gestaltet hätte.«
Siuan äußerte laut ihren Unmut. »Warum sollten wir uns die Mühe machen?«, grollte sie. »Wollt Ihr hinter ihr herjagen wie irgendein törichter Held in der törichten Geschichte eines Narren und sie zurückbringen? Und vielleicht noch gleichzeitig alle Verlorenen bezwingen? Und die Letzte Schlacht gewinnen, wenn Ihr schon dabei seid? Selbst wenn wir eine ausführliche Beschreibung von ihm hätten, kann niemand einen Verlorenen vom anderen unterscheiden. Jedenfalls kann es hier niemand. Es ist der verdammt nutzloseste Haufen, den ich jemals …!«
»Siuan!«, sagte Egwene barsch und setzte sich auf. Bewegungsfreiheit war eine Sache, aber es gab Grenzen. Sie duldete dies auch bei Romanda nicht.
Siuan errötete. Sie kämpfte um Haltung, wobei sie ihre Röcke knetete und Egwenes Blick mied. »Verzeiht, Mutter«, sagte sie schließlich. Es klang fast, als meine sie es ehrlich.
»Es war ein schwerer Tag für sie, Mutter«, wandte Leane mit schelmischem Lächeln ein. Sie war darin sehr gut, obwohl sie es für gewöhnlich nur einsetzte, um das Herz eines Mannes höherschlagen zu lassen, aber natürlich nicht bei allen Männern. Sie besaß eine
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