Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
Feuchtländer-Banner. Der Rauch konnte es nicht vollständig verbergen. Karmesinrot, mit einer halb weißen und halb schwarzen Scheibe, die Farben durch eine gewundene Linie voneinander getrennt, genau wie bei den Stoffstreifen, die die Siswai’aman trugen. Rand al’Thors Banner. War er womöglich stark genug, um freigekommen zu sein, alle Aes Sedai überwältigt und dieses Banner gehisst zu haben? So musste es sein.
Der Sturm brandete noch immer gegen die Kuppel an, aber Sevanna hörte hinter sich ein Murmeln. Die anderen Frauen dachten an Rückzug. Sie nicht. Sie hatte schon immer gewusst, dass man Macht am leichtesten erlangen konnte, indem man Menschen besiegte, die diese Macht bereits besaßen. Und sie war schon als Kind sicher gewesen, dass sie mit den Waffen geboren wurde, dies zu tun. Suladric, Clanhäuptling der Shaido, fiel ihr mit sechzehn zum Opfer, und als er starb, erwählte sie jene, die ihm höchstwahrscheinlich folgen würden. Muradin und Couladin glaubten jeder, er allein habe ihre Aufmerksamkeit erweckt, und als Muradin, wie so viele Männer, nicht aus Rhuidean zurückkehrte, konnte sie Couladin mit einem Lächeln davon überzeugen, dass er sie überwältigt hatte. Aber die Macht eines Clanhäuptlings verblasste neben derjenigen des Car’a’carn , und selbst sie war nichts angesichts dessen, was sie jetzt vor sich sah. Sie zitterte, als hätte sie gerade in einem Schwitzzelt den unvorstellbar wundervollsten Mann gesehen. Wenn Rand al’Thor ihr gehörte, würde sie die ganze Welt erobern.
»Bedrängt sie stärker«, befahl sie. »Stärker! Wir werden diese Aes Sedai für Desaine demütigen!« Und sie bekäme Rand al’Thor.
Plötzlich erklang ein Brüllen von der Kampffront. Männer riefen und schrien. Sevanna fluchte, weil sie nicht sehen konnte, was geschah. Sie rief den Weisen Frauen erneut zu, unvermindert voranzudrängen, aber wenn überhaupt eine Reaktion erkennbar war, schien es eher, als würde der Flammen- und Blitzregen gegen die Kuppel nachlassen. Und dann konnte sie etwas sehen.
In der Nähe der Wagen explodierten in den Cadin’sor gekleidete Gestalten und Erde mit donnerndem Krachen in der Luft, nicht nur an einer Stelle, sondern in einer langen Reihe. Der Boden explodierte immer wieder, jedes Mal ein wenig weiter von den eingekreisten Wagen entfernt. Es war keine Linie, sondern ein fester Ring explodierender Erde und Männer und Töchter des Speers, der zweifellos ganz um die Wagen herumführte. Immer und immer wieder, sich ständig erweiternd, und plötzlich drängten Algai’d’siswai an ihr vorbei, kämpften sich durch die Reihe der Weisen Frauen und liefen davon.
Sevanna schlug mit ihrem Speer auf sie ein, drosch auf Köpfe und Schultern und kümmerte sich nicht darum, wenn sie die Speerspitze befleckter zurückzog, als sie schon zuvor gewesen war. »Bleibt und kämpft! Bleibt, für die Ehre der Shaido!« Sie liefen an ihr vorbei, ohne sie zu beachten. »Habt Ihr denn keine Ehre? Bleibt und kämpft!« Sie stach einer fliehenden Tochter des Speers in den Rücken, aber die anderen trampelten einfach über die gefallene Frau hinweg. Sevanna erkannte jäh, dass einige der Weisen Frauen fort waren, und sah, dass andere Verletzte aufhoben. Rhiale wandte sich zur Flucht, aber Sevanna ergriff den Arm der größeren Frau und bedrohte sie mit dem Speer. Es kümmerte sie nicht, dass Rhiale die Macht lenken konnte. »Wir müssen bleiben! Wir können ihn noch immer bekommen!«
Das Gesicht der anderen Frau war eine angstvolle Maske. »Wenn wir bleiben, sterben wir! Oder wir enden angekettet vor Rand al’Thors Zelt! Bleibt und sterbt, wenn Ihr wollt, Sevanna. Ich bin kein Steinsoldat!« Damit riss sie ihren Arm los und eilte ostwärts.
Sevanna blieb noch einen Moment stehen, von Männern und Töchtern des Speers hierhin und dorthin geschoben, die sich voller Entsetzen vorbeidrängten. Dann warf sie den Speer fort und tastete nach ihrer Gürteltasche, in der ein kleiner Würfel mit komplizierten Schnitzereien lag. Gut, dass sie gezögert hatte, ihn fortzuwerfen – sie besaß noch eine Sehne für ihren Bogen. Sie raffte ihre Röcke und schloss sich der hastigen Flucht an, aber während alle anderen vor Entsetzen flohen, lief sie mit einem Kopf voller Pläne davon. Sie würde Rand al’Thor auf Knien vor sich sehen, und die Aes Sedai ebenfalls.
Schließlich verließ Alviarin Elaidas Räume, äußerlich so kühl und gelassen wie immer, aber innerlich fühlte sie sich ausgelaugt. Es
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