Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
verleihen, war eine andere Sache.
Romandas kaltes Lächeln vertiefte sich noch, als Lelaines Gesicht vor Zorn erblasste. Sie richtete mit peinlich genauer Sorgfalt ihre bronzefarbenen Röcke, während Lelaine nach einer Möglichkeit suchte, die Lage umzukehren. »Wir werden sehen, wie der Saal dazu aufsteht, Lelaine«, sagte sie schließlich. »Bis die Eingabe gemacht wird, wäre es, glaube ich, das Beste, wenn sich Merilille nicht mit einer an ihrer Wahl beteiligten Sitzenden trifft. Selbst der Anschein einer geheimen Absprache würde misstrauisch betrachtet werden. Ihr seid sicherlich einverstanden, dass ich mit ihr sprechen sollte.«
Lelaine erblasste jetzt auf andere Art. Sie hatte keine Angst, nicht sichtbar, und doch konnte Egwene fast sehen, wie sie abzählte, wer für und wer gegen sie war. Eine geheime Absprache war fast ebenso schlimm wie eine Anklage wegen Verrats, und dafür reichte schon der kleine Konsens des Saals, wenn die nötige Mindestzahl der Sitzenden aufstand. Das würde sie wahrscheinlich verhindern können, aber es würden umfassende und erbitterte Streitgespräche stattfinden. Möglicherweise würde Romandas Gruppe deswegen sogar noch Zuwachs erhalten. Was unsägliche Probleme heraufbeschwört hätte, ungeachtet der Frage, ob Egwenes Pläne erfolgreich wären oder nicht. Und sie konnte nichts tun, diese Entwicklung aufzuhalten, wenn sie nicht enthüllen wollte, was in Ebou Dar wirklich geschehen war. Dann könnte sie sie ebenso gut bitten, sie dasselbe Angebot annehmen zu lassen wie Faolain und Theodrin.
Egwene atmete tief durch. Vielleicht könnte sie wenigstens die Benutzung Salidars als Treffpunkt in Tel’aran’rhiod verhindern. Dort traf sie jetzt Elayne und Nynaeve. Wenn sie die beiden überhaupt traf, was sie seit Tagen nicht mehr getan hatte. Wenn Sitzende in der Welt der Träume ein und aus gingen und überall dort angetroffen werden konnten, wo man sich sicher sein zu können glaubte, dass sie dort nicht auftauchen würden, wurde es schwierig. »Ich werde Eure Anweisungen bezüglich Merilille weitergeben, wenn ich Elayne und Nynaeve das nächste Mal treffe. Ich werde es Euch wissen lassen, wenn sie bereit ist, Euch zu treffen.« Was niemals geschehen würde, wenn sie jene Anweisungen erst weitergegeben hätte.
Die Sitzenden wandten jäh die Köpfe, und zwei Paar Augen starrten Egwene an. Sie hatten vergessen, dass sie da war! Sie bemühte sich, eine ausdruckslose Miene beizubehalten, erkannte, dass sie verärgert mit dem Fuß auftippte, und hielt inne. Sie musste noch eine Weile dem entsprechen, was sie über sie dachten. Noch ein wenig länger. Zumindest empfand sie keine Übelkeit mehr. Nur Zorn.
In diese momentane Stille brach Chesa mit Egwenes Mittagsmahlzeit auf einem abgedeckten Tablett. Dunkelhaarig, rundlich und in mittlerem Alter hübsch, gelang es Chesa, angemessenen Respekt zu vermitteln, ohne zu kriechen. Ihr Hofknicks geriet so einfach, wie auch ihr dunkelgraues Gewand gehalten war, das nur einen Hauch einfache Spitze am Kragen aufwies. »Verzeiht mein Eindringen, Mutter, Aes Sedai. Ich bedaure die Verspätung wirklich , Mutter, aber Meri ist anscheinend davongezogen.« Sie schnalzte verärgert mit der Zunge, während sie das Tablett vor Egwene abstellte. Einfach davonzuziehen sah der falsch benannten Meri gar nicht ähnlich. Dieser mürrischen Frau missfielen eigene Fehler ebenso sehr wie Fehler anderer.
Romanda runzelte die Stirn, schwieg aber. Sie durfte nicht zu viel Interesse an einer von Egwenes Dienerinnen zeigen. Besonders, wenn die Frau ihre Spionin war. Ebenso wie Selame Lelaines Spionin war. Egwene vermied es, Theodrin oder Faolain anzusehen, die beide noch immer wie Aufgenommene pflichtgetreu in ihren Ecken standen.
Chesa öffnete halbwegs den Mund, schloss ihn dann aber wieder, vielleicht weil sie durch die Sitzenden eingeschüchtert war. Egwene war erleichtert, als sie einen weiteren Hofknicks vollführte und mit einem gemurmelten »Wenn Ihr erlaubt, Mutter« sich entfernte. Chesas Rat erfolgte stets durch Andeutungen, wenn noch jemand anderer anwesend war, aber im Moment war das Letzte, was Egwene wollte, auch nur eine wohlüberlegte Mahnung, ihr Essen zu verspeisen, solange es noch heiß sei.
Lelaine fuhr fort, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. »Wichtig ist«, sagte sie fest, »zu erfahren, was die Atha’an Miere wollen und was der Junge tut. Vielleicht will er auch ihr König werden.« Sie streckte die Arme aus und ließ sich von
Weitere Kostenlose Bücher