Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
zu sagen. »Es ist genauso wie mit dem Angreal «, sagte Nynaeve an den schlanken Neuling gewandt. Caire grollte, und Talaan versuchte, Nynaeve mit gesenktem Kopf zu beobachten. »Ihr öffnet Euch durch ein Angreal zur Quelle, genauso wie ich mich durch Elayne zur Quelle öffnen werde. Als wolltet Ihr das Angreal und die Quelle gleichzeitig umarmen. Es ist wirklich nicht sehr schwer. Seht gut zu, und Ihr werdet es erkennen. Wenn Ihr bereit seid, Euch in den Kreis einzubringen, dann tretet einfach hinzu. Auf diese Weise werde ich die Quelle, wenn ich sie durch Euch umarme, auch durch das Angreal umarmen.«
Ob Konzentration oder nicht – Schweißperlen traten auf Elaynes Stirn. Die Hitze hatte nichts damit zu tun. Die Wahre Quelle lockte. Sie pulsierte, und Elayne pulsierte mit ihr. Sie forderte. Je länger sie eine Haaresbreite von der Berührung der Macht trennte, desto stärker würden das Verlangen und die Notwendigkeit. Sie begann leicht zu zittern. Vandene hatte ihr gesagt, dass die Erwartung umso schlimmer wurde, je länger man die Macht lenkte.
»Achtet auf Aviendha«, wies Nynaeve Talaan an. »Sie weiß, wie man …« Sie gewahrte Elaynes Gesicht und stieß hastig hervor: »Achtet darauf!«
Es war nicht genau das Gleiche, als wenn man ein Angreal benutzte, wenn es dem auch sehr nahekam. Es war auch nicht vorgesehen, es eilig zu tun. Nynaeves Berührung war, milde ausgedrückt, nicht sanft. Elayne fühlte sich, als würde sie geschüttelt. Physisch geschah nichts, aber in ihrem Kopf sprang sie scheinbar umher und stürzte dann einen steilen Hang hinab. Schlimmer noch, sie wurde mit quälender Langsamkeit auf die Umarmung Saidars zugedrängt. Es dauerte kürzer als einen Herzschlag und schien doch Stunden, Tage zu dauern. Sie wollte schreien, aber sie konnte nicht atmen. Dann floss die Eine Macht jäh durch sie hindurch, wie ein berstender Damm, ein Ansturm von Leben und Freude, von Entzücken, und der Atem wich in langen Zügen des Vergnügens und einer solch großen Erleichterung aus ihr, dass ihre Beine zitterten. Sie konnte nur mühsam ein Keuchen unterdrücken. Sie zog sich taumelnd hoch und sah Nynaeve finster an, und Nynaeve zuckte entschuldigend die Achseln. Zweimal an einem Tag! Die Sonne musste grün werden.
»Ich kontrolliere jetzt ihren wie auch meinen Strom Saidar «, fuhr Nynaeve fort, ohne Elaynes Blick wirklich zu begegnen, »und werde es weiterhin tun, bis ich Elayne loslasse. Befürchtet nun nicht, dass derjenige, der den Zirkel anführt«, sie warf Caire einen finsteren Blick zu und schnaubte, »Euch dazu bringen kann, zu viel Macht heranzuziehen. Dies ist einem Angreal sehr ähnlich. Das Angreal fängt zusätzliche Macht vor Euch ab, und ungefähr auf die gleiche Weise könnt Ihr in einem Zirkel nicht dazu gebracht werden, zu viel Macht heranzuziehen. Tatsächlich könnt Ihr in einem Zirkel nicht ganz so viel Macht heranziehen wie son…«
»Das ist gefährlich!«, unterbrach Renaile sie und drängte sich grob zwischen Caire und Tebreille hindurch. Ihr finsterer Blick schloss auch Nynaeve, Elayne und die Schwestern, die abseits vom Kreis standen, mit ein. »Ihr sagt, dass eine Frau eine andere einfach ergreifen, gefangen halten, benutzen kann? Wie lange wisst Ihr Aes Sedai das schon? Ich warne Euch – wenn Ihr es bei einer von uns anzuwenden versucht …« Jetzt wurde sie unterbrochen.
»So geht das nicht, Renaile.« Sareitha berührte Garenia, und sie und Kirstian stoben auseinander, um ihr Platz zu machen. Die junge Braune sah Nynaeve unsicher an, faltete dann die Hände und nahm einen belehrenden Tonfall an, als spräche sie zu einer Schulklasse. Damit kehrte auch ihre Haltung zurück. Vielleicht sah sie Renaile in diesem Moment tatsächlich als Schülerin an. »Die Burg hat dies viele Jahre lang, schon lange vor den Trolloc-Kriegen, studiert. Ich habe jede Seite gelesen, die von jener Forschung in der Burg-Bibliothek überdauert hat. Es wurde überzeugend bewiesen, dass sich eine Frau nicht gegen den Willen einer anderen Frau mit ihr verknüpfen kann. Es kann einfach nicht geschehen. In diesem Fall passiert nichts. Bereitwillige Hingabe ist notwendig, genau wie das eigene Umarmen Saidars .« Sie klang vollkommen überzeugt, aber Renaile runzelte noch immer die Stirn. Zu viele Menschen wussten, wie Aes Sedai den Eid, der das Lügen verbot, umgehen konnten.
»Und warum hat die Burg es erforscht?«, fragte Renaile. »Warum war die Weiße Burg daran so interessiert? Vielleicht
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