Das Rad der Zeit. Das Vermächtnis des Don Juan
denjenigen, der ihnen überhaupt etwas sagte.
Jeder hat genügend persönliche Kraft für irgendetwas. Es ist die List des Kriegers, seine persönliche Kraft von seinen Schwächen abzuziehen und auf sein Krieger-Ziel zu lenken.
Jeder kann sehen, und doch entscheiden wir uns dafür, uns nicht daran zu erinnern, was wir sehen.
Kommentar
Jahre vergingen, bis ich Der zweite Ring der Kraft schrieb. Don Juan war lange fort, und die Zitate aus diesem Buch sind Erinnerungen an das, was er gesagt hatte - Erinnerungen, ausgelöst durch eine neue Situation, eine neue Entwicklung. Ein weiterer Mitspieler war in mein Leben getreten. Es war Florinda Matus, Don Juans Gefährtin. Wir Schüler begriffen alle, dass Florinda, als Don Juan ging, zurückgelassen wurde, um irgendwie den letzten Teil unserer Ausbildung abzurunden.
»Nicht bevor du fähig bist, ohne Schaden für deinen Charakter von einer Frau Befehle entgegenzunehmen, wirst du vollständig sein«, hatte Don Juan gesagt. »Aber diese Frau kann nicht irgendeine Frau sein. Sie muss jemand Besonderes sein, jemand, der Macht hat und eine Art von Rücksichtslosigkeit, die dir nicht erlauben wird, der Mann an der Spitze zu sein, wie du's dir einbildest. «
Natürlich tat ich seine Worte lachend ab. Ich glaubte eindeutig, er mache Spaß. In Wahrheit meinte er es aber gar nicht spaßig. Eines Tages kehrten Florinda Donner-Grau und Taisha Abelar zurück, und wir führen nach Mexiko. Wir gingen in ein Kaufhaus in der Stadt Guadalajara, und dort trafen wir Florinda Matus, die prächtigste Frau, die ich je gesehen habe: ungewöhnlich groß - gut eins achtzig -, schlank, mit breiten Schultern und wunderschönen Augen, alt und doch sehr jung. »Ah, da seid ihr ja!«, rief sie, als sie uns sah. »Die drei Musketiere! Die Pep Boys - Eenie, Meenie und Mo! Ich hab euch schon überall gesucht!« Und ohne ein weiteres Wort übernahm sie die Führung. Florinda Donner-Grau war natürlich über die Maßen entzückt. Taisha Abelar blieb wie immer äußerst reserviert, und ich war gedemütigt, beinah rasend vor Wut. Ich wusste, dass diese Kombination nicht gut gehen konnte. Ich war bereit für einen Zusammenstoß mit dieser Frau, sollte sie noch einmal ihren frechen Mund auftun und solchen Unsinn sagen wie »Eenie, Meenie, Mo - die drei Pep Boys«.
Unverhoffte Dinge, die mir bevorstanden, kamen mir jedoch zu Hilfe und verhinderten jede zornige oder verärgerte Reaktion meinerseits, und ich kam mit Florinda hervorragend aus, besser als ich es mir erträumt hatte. Sie regierte uns mit eiserner Hand. Sie war die unbestrittene Königin unseres Lebens. Sie hatte die nötige Macht, die nötige Abgelöstheit, um ihre Aufgabe zu erfüllen, nämlich uns auf höchst subtile Weise startbereit zu machen. Sie erlaubte uns nicht, in Selbstmitleid zu vergehen oder uns zu beklagen, wenn etwas nicht ganz nach unserem Geschmack lief. Sie war ganz anders als Don Juan. Ihr fehlte seine Ernsthaftigkeit, aber sie hatte eine andere Eigenschaft, die diesen Mangel auf wog: Sie war so schnell von Begriff, wie man nur sein konnte. Ein Blick genügte ihr, um eine Situation ganz zu erfassen und unverzüglich entsprechend zu handeln, wie es von ihr erwartet wurde. Ihre herrlichste Masche war, ihre Zuhörer oder eine Gruppe, zu der sie sprach, zu fragen: »Weiß hier jemand etwas über den Druck und die Verteilung von Gasen?« Solch eine Frage stellte sie allen Ernstes. Und wenn die Zuhörer antworteten: »Nein, nein, wissen wir nicht«, meinte sie: »Nun, dann kann ich ja sagen, was ich will, nicht wahr?« - und tatsächlich legte sie dann los und erzählte, was ihr einfiel. Manchmal sagte sie sogar solche Albernheiten, dass ich mich vor Lachen am Boden wälzte.
Eine andere klassische Frage von ihr war: »Weiß hier irgend-jemand etwas über die Netzhaut von Schimpansen?« Und dann äußerte Florinda Ungeheuerlichkeiten über die Netzhaut von Schimpansen. Nie im Leben habe ich mich so köstlich amüsiert. Ich war ihr Bewunderer und vorbehaltloser Gefolgsmann.
Einmal hatte ich eine Fistel an der Hüfte, die Nachwirkung eines Sturzes, vor Jahren, in eine Schlucht voller stacheliger Kakteen. Fünfündsiebzig Stacheln steckten in meinem Körper. Einer von ihnen war wohl nicht ganz herausgekommen oder hatte Reste von Schmutz oder Erde hinterlassen, die nach Jahren eine Fistel verursachten.
Mein Arzt sagte: »Das ist nichts weiter. Nur ein Eiterbeutel, der geschnitten werden muss. Es ist ein ganz einfacher
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