Das Rätsel der Fatima
unterdrücken und zu verleugnen.
»Sieh dich nur einmal um, Beatrice«, fuhr Markus unterdessen fort und deutete mit einer Geste auf die Küche. »Dieser Anblick… Siehst du denn nicht diese Unordnung und diesen Schmutz überall? Das bist nicht du. Ich kenne dich. Du kannst unmöglich in so einem Chaos zufrieden und glücklich sein.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Ich glaube nicht, dass du allein zurechtkommst.«
Beatrice spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten.
»Ich komme sehr gut allein zurecht. Natürlich ist dies hier nicht mit den sterilen Bedingungen deiner Wohnung zu vergleichen. Aber ich will hier auch keine Operationen durchführen, ich lebe hier.«
Markus seufzte und tauchte ein Stück rohen Fisch in das Wasabi, diese grüne Paste aus japanischem Meerrettich, die trotz ihres unschuldigen Aussehens ohne Weiteres in der Lage ist, einem bei unvorsichtigem Gebrauch die Nasen- und Rachenschleimhäute wegzuätzen.
»Gut, lassen wir das. Offenbar hast du zurzeit kein Ohr für konstruktive Anmerkungen. Kümmert sich denn wenigstens der Vater des Kindes um dich?«, fragte er. »Ich meine, unterstützt er dich finanziell oder kommt manchmal vorbei, um nach dem Rechten zu sehen?«
Beatrice runzelte irritiert die Stirn. Was ging das Markus an?
»Nein, wie könnte er auch. Außerdem…«
»Du weißt aber doch wenigstens, wer es ist?«
Für einen Moment schnappte Beatrice nach Luft. »Na hör mal! Für was hältst du mich eigentlich! Glaubst du allen Ernstes, dass ich…«
»Schon gut, Beatrice«, lenkte Markus ein und legte ihr beschwichtigend eine Hand auf den Arm. »Ich wollte dich nicht kränken. Aber du brauchst offensichtlich Hilfe. Und da der Vater des Kindes scheinbar nicht bereit ist…«
»Das hat damit überhaupt nichts zu tun, Markus«, unterbrach ihn Beatrice und entzog ihm ihre Hand. Einen Augenblick lang kam sie in Versuchung, Markus alles zu erzählen, ihn in die ganze seltsame Geschichte einzuweihen, ihm von Ali al-Hussein zu berichten. Die Verlockung war groß, sich endlich einem Menschen anzuvertrauen. Doch war Markus der Richtige? Er, der weniger Fantasie besaß als die Macher der Tagesschau? So schnell, wie der Gedanke gekommen war, so schnell verwarf Beatrice ihn auch wieder. Stattdessen entschied sie sich für die kurze Variante. »Der Vater meines Kindes kann mich nicht besuchen. Er ist nämlich tot.«
Markus lief dunkelrot an und schwieg. Beatrice genoss diesen denkwürdigen Augenblick. Dieser Mann, der einmal von sich behauptet hatte, niemals in eine peinliche Situation zu geraten, war in den größten Fettnapf getappt, den es gab. Und dort steckte er jetzt bis zum Hals.
»Nun…« Er räusperte sich und versuchte mühsam, seine Selbstsicherheit wiederzugewinnen. »Umso leichter wird es dir fallen, den Vorschlag, den ich dir unterbreiten möchte, anzunehmen. Was hältst du davon, wenn wir heiraten?«
Beatrice, die gerade den Becher mit der Miso-Suppe an die Lippen gesetzt hatte, verschluckte sich und hustete heftig.
»Sicher kommt dieses Angebot ein wenig überraschend. Dennoch solltest du es dir ernsthaft durch den Kopf gehen lassen. Sieh mal«, Markus verschränkte die Hände und beugte sich über den Tisch, als ginge es darum, einen Geschäftspartner von einer neuen Werbestrategie zu überzeugen. »Du brauchst einen Mann, der für dich sorgt, und das Kind braucht einen Vater, der ihm einen Namen gibt.«
»Reicht meiner etwa nicht?«, fuhr Beatrice auf. »Ich weiß nicht, in welcher Welt du lebst, Markus, aber es ist nicht mehr anrüchig, wenn Kinder den Namen ihrer Mutter tragen.«
»In gewissen Kreisen mag das vielleicht gelten«, entgegnete Markus, und seine Lippen umspielte ein Lächeln, das Beatrice auf die Palme brachte. Es wirkte arrogant und mitleidig. »Aber du willst doch auch, dass dein Spross in geregelten Verhältnissen aufwächst und ihm später alle Türen offen stehen. Wenn du meine Frau wirst, bietest du deinem Kind einen guten Start ins Leben. Außerdem seid ihr finanziell abgesichert. Du brauchst nicht mehr zu arbeiten und kannst dich voll und ganz der Erziehung widmen.«
»Wie kommst du nur auf so eine verrückte Idee?«
»In Anbetracht unserer langjährigen Freundschaft, meine Liebe. Ich halte es für meine Pflicht. Und ehrlich gesagt wundert es mich, dass du über dieses ehrenhafte Angebot so abfällig sprichst. Es ist nicht verrückt, es ist sehr vernünftig.«
Beatrice schüttelte fassungslos den Kopf. Träumte sie? War sie etwa schon
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