Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
wären.
Leo stand unter Mordverdacht; Bill war wegen seines rätselhaften Besuchs in dem
Gasthaus befragt worden; und Alec — was war nur passiert, daß Alec auf einmal
so verändert war? Er war plötzlich so hilfsbereit und ausgesprochen nett und
freundlich! — Eigentlich hätten sie darüber froh sein müssen, aber irgendwie
beunruhigte es Beth. Alles war unangenehm und rätselhaft, und Beth war nahe
daran, Vida ihren unvorhergesehenen Tod ebenso vorzuwerfen wie ihr übles Leben.
Sie wollte jedenfalls zu dem
Tanzfest gehen und lustig sein. Sie hoffte, daß Hauptmann Hillford auch kommen würde. In den letzten drei Tagen hatte sie ihn zweimal gesehen. Er
hatte Sahib mächtig bewundert, und sie waren ein Stück zusammen geritten, so
daß er den mächtigen Schritt des Wallachs selbst hatte ausprobieren können. Er
schien von dem Pferd begeistert, und Beth freute sich, bei der Jagd mit einem
Kavalier zu erscheinen. Bill hatte ein verdrießliches Gesicht gemacht, als sie
ihm davon berichtete, aber er war ja selbst schuld daran. Oft genug hatte sie
ihn gebeten, mit zur Jagd zu kommen, aber er hatte es ihr stets abgeschlagen
und nur gebrummt, daß er etwas Besseres zu tun hätte, als herumzuhetzen ,
Hecken niederzutrampeln und über anderer Leute Koppeln hinwegzurasen.
Beth überlegte, während sie das
hübsche Kleid anzog, das sie für Honolulu gekauft hatte, ob Hauptmann Hillford da sein würde. Sie hatte ihm von dem Tanzabend
erzählt. Er war bestimmt ein ausgezeichneter Tänzer. Ohne Zweifel besser als
Bill, der nur mittelmäßig tanzte, und Beth als begeisterte Tänzerin zog einen
Einfaltspinsel, der gut tanzen konnte, ihrem besten Freund vor, wenn der ihr
auf die Zehen trat.
Nur wenige Leute schienen
Alices Befürchtungen bezüglich des Tanzens zu teilen. Niemand trauerte um die
arme Vida Cox. Eher fühlten sich alle befreit, daß Vida nicht mehr da war. Das
Tanzfest würde sicher gut besucht sein; denn es schuf eine prima Gelegenheit,
zusammenzukommen und alles ordentlich zu bereden.
Beth und ihre Mutter waren den
ganzen Tag sehr fleißig gewesen; der Festausschuß hatte selbstlos entschieden, daß der Imbiß gratis
bereitgestellt würde. Für Beth und ihre Mutter bedeutete das einen langen
heißen Nachmittag in der Küche, und Beth hatte ihre Meinung sehr deutlich
kundgetan, daß der Festausschuß es verstünde, sich
billige Arbeitskräfte zu verschaffen.
Ihre Mutter hatte aber nur
erwidert: »Es ist für einen guten Zweck, mein Kind, wenn ich dir auch recht
geben muß, daß ich es vorgezogen hätte...«
Aber da platzte Beth ganz
unpassend heraus: »Nur noch fünf Minuten in dieser Hitze, dann machen wir den
Ofen aus!«
Es war bestimmt nicht der
richtige Zeitpunkt, um an Vida Cox zu denken. Mochte da sein, was wollte,
Mutter mußte mitkommen zum Tanzen. Beth hatte das Gefühl, daß sie einem
richtigen Triumph entgegenging. Denn erstens war es ihr erstes Auftreten in der
Öffentlichkeit — die blöde Verkaufsmesse zählte nicht — , und zweitens trug sie
ein so schönes Kleid, wie sie selbst es sich nie hätte leisten können. Es war
hellgrün, elegant geschnitten und hervorragend verarbeitet. Sie hatte es in
einem Geschäft gekauft, das als sehr schick galt. Mit großem Vergnügen zog Beth
es an; lächelnd betrachtete sie sich im Spiegel.
Dann runzelte sie die Stirn. Es
war hübsch, ja, aber irgendetwas fehlte, und sie dachte traurig an ihre
Hibiskus-Brosche. Was war wohl damit geschehen? Leo hätte sie ihr zurückgeben
sollen - aber natürlich hätte sie sie auch dauernd an den schrecklichen
Auftritt mit Vida erinnert.
Das Nächstliegende war gewiß
das beste . Sie suchte die Vier-Shilling-Brosche
heraus, die sie gekauft hatte, weil sie der ihrigen so ähnlich sah. Die wollte
sie an ihrer Schulter tragen, wo die roten Steine schön leuchten und das helle
Grün des Kleides besonders vorteilhaft zur Geltung bringen würden. Sie machte
sie fest und ging dann zu ihrer Mutter in die Küche, wo eine Unzahl von
Blechdosen und Körben sie erwartete.
»Das können wir nicht alles
tragen! Wo sind denn Jerry und Alec?«
»Alec fühlt sich nicht wohl. Er
will nicht mitkommen, und ich wollte ihn nicht drängen. Jerry kann für eine
Weile mitkommen, aber ich habe ihn erstmal zurückgeschickt, damit er sich ordentlich wäscht. Du hättest seine Fingernägel
sehen sollen! Wir wollen den Wagen nehmen, wenn es auch nur ein kurzer Weg
ist.«
In dem Moment erschien Jerry
mit frisch eingekremtem Gesicht und Händen,
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