Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
sich Vida sicher würde berufen wollen. So lenkte sie schnell ein: »Wenn Sie darauf bestehen... Aber würden Sie sich nicht doch vielleicht zu dieser ganz ähnlichen Brosche entschließen können? Sie ist doch ebenfalls sehr hübsch und kostet nur vier Shilling.«
Vida lachte laut und unverschämt. »Bloß um einen Shilling zu sparen? Keine Sorge — was ist ein Shilling für mich? Sie wollen bloß das Geschenk Ihres Freundes behalten, obwohl es verdammt schäbig ist. Fünf Shilling! Mehr war sie Ihnen nicht wert?«
Beth fand keine Antwort. Sie nahm die 5 Shilling und legte die Brosche der Frau in ihre ausgestreckte Hand. Mit einem Achselzucken machte Vida auf dem Absatz kehrt, wobei sie die Brosche achtlos ansteckte. Eine Welle von Sympathie kam auf Beth zu, aber sie hatte nur den einen Wunsch, sich irgendwo zu verkriechen. Sie beugte ihren Kopf tief über den Suppenteller, der ihr als Kasse diente, und begann, die Shilling- und Sixpence-Stücke zu zählen, augenscheinlich ganz in ihre Beschäftigung versunken.
Plötzlich sagte eine Stimme: »Ich wette, du hast dich verzählt! So kommst du nie zum richtigen Ergebnis.« Dankbar wandte sie sich um und entdeckte Bill, der ihr zulächelte. Er war mit einem Unbekannten zusammen, einem sehr nett und bescheiden aussehenden Mann mit offen blickenden Augen und einem liebenswürdigen Lächeln. Beth mochte ihn auf den ersten Blick.
»Das ist Hauptmann Hillford. Er ist geschäftlich in Neuseeland«, sagte Bill und erklärte weiter, daß Hillford von seiner Farm in Argentinien gekommen wäre, um Zuchtvieh einzukaufen.
»Aus Argentinien? Was für ein weiter Weg, um Vieh zu kaufen!« erwiderte Beth. Hauptmann Hillford lächelte.
»Auf dem Luftweg ist es gar nicht so weit, und Ihr Land hat ja einen guten Ruf wegen seiner Vollblutpferde. Der Mann, für den ich arbeite, besitzt eine Farm, und er kann es sich leisten, seinen Einfällen nachzugeben. Seine neueste Idee ist es, einen Zuchtbullen und einige Färsen in Neuseeland zu kaufen. Dazu bin ich hier.«
»Und so haben wir ausführlich über Vieh und alles, was damit zusammenhängt, geredet«, sagte Bill. »Aber wir versprechen, das nicht weiter fortzusetzen, wenn du mitkommst und Tee mit uns trinkst. — Da ist ja auch Mrs. Sutherland. Können Sie Beth für eine halbe Stunde entbehren, damit sie mit uns Tee trinkt?« fragte er, nachdem er seinen Gast vorgestellt hatte.
»Natürlich! Was war denn los mit Vida Cox, Beth?«
»Oh, sie war einfach unverschämt. Sie verliebte sich in meine Hibiskus-Brosche.« Zu Hauptmann Hillford gewandt, erklärte sie: »Es war eine, die ich in Honolulu bekommen hatte, ein ganz billiges Ding, aber sehr hübsch. Sie war für mich etwas Besonderes, weil ich sie doch tatsächlich auf dem Flugplatz verloren hatte, und in all dem Getümmel hat ein Junge sie gefunden und mir zurückgebracht. War das nicht ein glücklicher Zufall? Aber da wir unsere Schmucksachen so furchtbar schnell los wurden, legte ich sie mit in die Auslage. Doch als ich sie nach der Brosche grapschen und sie an ihr scheußlich aufgetakeltes Kleid halten sah, Mutter, wollte ich absolut nicht, daß sie sie bekam. Ich sagte, die Brosche wäre nicht für den Verkauf bestimmt, aber natürlich war das Preisschildchen noch dran, und sie war eben einfach unverschämt. Sie war drauf und dran, eine Szene zu machen, und da gab ich nach und ließ sie ihr. Sie ist wirklich ein schreckliches Frauenzimmer.«
In dem Augenblick hörte Beth eine aufgeregte Stimme neben sich und wandte sich um. Die alte Mrs. Nicol, abgerissen und schmutzig, hatte sich der Gruppe genähert und wollte ihren eigenen Kummer loswerden. »Einfach schlecht, das ist sie, schlecht durch und durch. Sie ruiniert das ganze junge Volk hier in der Gegend, indem sie jedem Schnaps ausschenkt, egal, zu welcher Tageszeit und wem, mag er noch so jung sein. Haben Sie gehört, daß sie unseren Tip überfahren hat?« Dann erzählte sie die traurige Geschichte vom Tod des alten Hundes.
Alle waren voll des Mitleids, und Hauptmann Hillford sagte freundlich: »Das ist eine ausgemachte Schande. Manche von diesen Autofahrern verdienten wirklich, erschossen zu werden.«
Die alte Florrie nickte lebhaft mit dem Kopf. »Das ist es ja, was mein Mann immer sagt. Sie ist ein richtiger Fluch für die Gegend, sagt er. Niemand hätte Mitleid mit ihr.«
Alice Sutherland legte freundlich ihre Hand auf Florries Schulter: »Keine Angst, Florrie. Es war wirklich schrecklich; aber schließlich hat der
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