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Das Rätsel von Burg Schreckenstein

Das Rätsel von Burg Schreckenstein

Titel: Das Rätsel von Burg Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Schlüsselloch, sah aber nichts. Er wartete, schaute noch einmal und drückte milimeterweise die Klinke hinunter. Nichts quietschte, weder das Schloss noch die Scharniere, als er die schwere Tür vorsichtig aufschwenkte. Wieder wartete er, streckte den Kopf hinein, schob den Arm mit der Taschenlampe nach und machte, um ganz sicher zu gehen, für eine Sekunde Licht.
    Obwohl er keine Menschenseele sah, blieb ihm vor Schreck fast das Herz stehen. Es musste jemand da gewesen sein! Und nicht nur ein einzelner. Um ganz sicher zu gehen, ließ Hans-Jürgen die Lampe ein zweites Mal aufleuchten. Tatsächlich! Der Kasten mit Paule und Eberhard war weg. Und das bei der Bewachung! Mann, die haben vielleicht Nerven! dachte Hans-Jürgen und zog sich, so vorsichtig, wie er gekommen war, wieder zurück. Oben setzte er sich, einen guten Meter von der Treppe entfernt, auf den Boden und überlegte. Den kleinen Eberhard hier mitten heraus zu klauen, das war ein starkes Stück! Ottokar müsste auch schon längst zurück sein. Es gab nur eines: ausharren. Hier sollte keiner unbemerkt vorbeikommen! Oder war es für diesen Vorsatz schon zu spät?
    Zum Ausharren hatte sich auch Dieter entschlossen. Wie zehn Meter weiter um die Ecke Hans-Jürgen hielt er einen Doppelposten allein besetzt. Er wollte Stephan, von dem er nicht wusste, wohin er verschwunden war, auf keinen Fall durch eigenmächtiges Handeln gefährden.
    Andi auf dem Treppenabsatz, Klaus im abgesperrten Durchgang und Mücke auf dem Wehrgang hatten es da leichter. Sie saßen auf weniger gefährlichen Posten, und ihre Aufgabe bestand lediglich darin, bei verdächtigen Bewegungen Zeichen zu geben.
    Die Turmuhr schlug dreimal. Trotz der Decke wurde es in Dampfwalzes Ackerfurche kühl und feucht. Er spielte mit dem höchsten Einsatz: Entweder die Diebe kamen, dann musste er sie unbemerkt verfolgen. Oder sie benutzten einen anderen Weg. Dann holte er sich umsonst einen Schnupfen.
    Nachdem die Turmuhr viermal und dann zwölfmal geschlagen hatte, hörte er ein Geräusch. Es klang wie das Einrasten eines Metallteils in ein anderes. Kam es von der Turmuhr oder vom Gitter? Zu sehen war überhaupt nichts. Vorsichtig schälte sich Dampfwalze aus der Decke und schlich an den künstlichen Hügel heran.
    Da war es wieder, das Geräusch! Dann ein schmaler Lichtspalt mit rötlichen Rändern, wie er entsteht, wenn man eine Taschenlampe zuhält. „Mach schon!’4 flüsterte eine Stimme.
    „Gleich“, antwortete eine andere. Wieder Geräusche, diesmal eindeutig: Das Gitter wurde aufgeschlossen. Plötzlich ein Stoß von Metall auf Metall, dann ein Surren.
    „Gib doch acht!“ mahnte die eine Stimme.
    Darauf die andere: „Nimm dein Rad halt selber, und lass mich nicht beide schieben.“
    Und ungeduldig wieder die erste: „Mensch, ich muss doch abschließen.“
    Die sehen unsere Räder schon als ihr Eigentum an, dachte Dampfwalze. Wenn die wüssten! Mit angehaltenem Atem spähte er um die Ecke des Hügels. Wieder der Lichtspalt zwischen zwei Fingern. Und jetzt sah er die beiden Typen.
    Der eine schob Stephans Rad in den Stollen, der andere stand noch in der Nische und schloss das Gitter ab. Dampfwalze rechnete eiskalt. Es traf sich gut, dass sie gerade sein Rad geklaut hatten. Denn im Gegensatz zu Stephans Bock mit Rücktrittbremse besaß seine Rennmaschine eine Zwölfgangschaltung. So ein sechsfacher Zahnkranz surrt ganz schön, wenn man das Rad schiebt. Das gab eine gute Geräuschkulisse. Da würden sie ihn nicht so leicht bemerken.
    Jetzt wurde es im Stollen hell, Dampfwalze trat einen Schritt vor, sah aber nur die Umrisse einer Gestalt. Doch was würde geschehen, wenn einer der beiden zurückleuchtete? Kaum gedacht, war Dampfwalze schon wieder in der Ackerfurche, holte seine Decke, zog sie über Kopf und Schultern und schloss nun selbst das Gitter auf. Er trat in die Nische, zog das Gitter hinter sich zu und hakte für alle Fälle noch ein großes Vorhängeschloss um die beiden Stäbe von Tür und Stock.
    Das können sie mit ihren Dietrichen nicht aufkriegen! Dachte er. Und dann ging es los: hinein in den Stollen! Anfangs sah er überhaupt nichts. Erst nach Sekunden ging das Licht wieder an, acht bis zehn Meter vor ihm. Sofort zog sich Dampfwalze die Decke über das Gesicht, kroch auf allen vieren weiter und blinzelte alle paar Schritte unter seiner Tarnung hervor. Aber der Lichtschein entfernte sich nicht. Dampfwalze behielt trotzdem die Ruhe: Er legte sich einfach auf den Bauch und wartete.

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