Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
auch.«
    Der Detective streckte die Hand nach dem Foto von Claytons ermordeter Studentin aus, nahm es und schleuderte es quer über den Tisch, so dass es direkt vor dem Professor liegen blieb.
    »Ich glaube, Sie haben bereits von ihm gehört.«
    Jeffrey schüttelte den Kopf. »Er ist tot.«
    Agent Martin sah auf. »Ich beneide Sie um Ihre Gewissheit, Professor. Es muss ein schönes Gefühl sein, sich immer in allem so sicher zu sein.« Bevor er fortfuhr, seufzte er. »Meinetwegen. Wenn Sie es mir beweisen können, dann werde ich mich bei Ihnen entschuldigen, und Sie bekommen einen netten kleinen Scheck als Entschädigung für Ihren Zeitaufwand vom Gouverneur des Westlichen Territoriums plus eine sichere, komfortable Heimfahrt in einer Luxuslimousine.«
    Irrsinn, dachte Jeffrey.
    Und dann fragte er sich: Ist es das?
    Er ertappte sich dabei, wie er an dem Agenten vorbei in den Hauptlesesaal der Bibliothek starrte. Dort saßen ein paar Leute still über ihrer Lektüre, vorwiegend ältere Menschen, halb hinter den Worten vergraben, die sie geöffnet vor sich hielten. Die idyllische, altmodische Szene konnte fast zum Glauben an eine heile Welt verleiten. Er ließ den Blick über die Regale wandern, über die Bücher, die in Reih und Glied geduldig darauf warteten, dass jemand sie zur Hand nahm,aufschlug und die Informationen daraus schöpfte, die ein wissbegieriger Geist sich von ihnen erhoffte. Er fragte sich, ob einige der Bücher für immer verschlossen bleiben würden, weil die Worte zwischen ihren Deckeln im Wandel der Zeit überholt und nutzlos geworden waren. Oder auch nur vergessen, weil die Information, die sie beinhalteten, nicht per Tastatur abrufbar war.
    Wieder stellte er sich seinen Vater aus dem Blickwinkel des Kindes vor.
    Ihm kam ein Gedanke: Nicht die neuen Ideen sind wirklich gefährlich, sondern die alten, die in jeder Umgebung seit Jahrhunderten durch die Köpfe der Menschen geistern. Vampir-Ideen.
    Mord als Virus, gegen jedes Antibiotikum resistent.
    Er schüttelte den Kopf und sah, dass Agent Martin einmal wieder grinste, während er beobachtete, wie es in Jeffrey arbeitete. Nach einer Weile rekelte sich der Polizist, packte die Lehnen des Sessels und stand auf.
    »Schnappen Sie sich Ihre Sachen. Es ist schon spät.«
    Martin sammelte die Berichte und Fotos ein, stopfte sie in die Aktentasche und schritt zügig zum Ausgang. Clayton eilte hinterher. An den Metalldetektoren nickten sie beide der Bibliothekarin zu, die dem Detective die Waffen aushändigte, auch wenn ihre andere Hand über dem Alarmknopf schwebte, während er sich unter dem Jackett die Halfter anlegte.
    »Machen Sie schon, Clayton«, drängte Martin grimmig, als er durch das Eingangsportal in die pechschwarze, fast schon winterliche Nacht der kleinen Stadt in New England trat. »Es ist spät. Ich bin müde. Wir haben morgen eine weite Reise vor uns, und da draußen wartet jemand, den ich töten muss.«

4. KAPITEL
Mata Hari
     
    Susan Clayton beobachtete, wie in der Ferne eine dünne Rauchsäule in die Höhe stieg, eine schwarze Spirale im Licht der untergehenden Sonne, die sich als scharfe Linie vor dem verblassenden Himmel abzeichnete. Der Gedanke, dass dort ein Feuer außer Kontrolle geraten sein könnte, kam ihr nur flüchtig in den Sinn.
    Es traf sie wie eine Beleidigung, dass dieser Rauch den vollkommenen Horizont störte. Sie horchte, doch die durchdringenden Sirenen blieben aus. So ungewöhnlich konnte sie das nicht finden; in einigen Teilen der Stadt war es sogar eher die Regel, ein Gebot der Vernunft, ganz zu schweigen von der Kosteneffizienz, ein in Brand gestecktes Gebäude niederbrennen zu lassen, statt das Leben von Polizisten und Feuerwehrleuten aufs Spiel zu setzen.
    Sie schwang sich auf ihrem Drehstuhl herum und ließ den Blick über das geschäftige Treiben kurz vor Büroschluss in den Redaktionsräumen wandern. Ein Wachmann, das Sturmgewehr über die Schulter gehängt, schickte sich gerade an, eine kleine Gruppe von Mitarbeitern um sich zu scharen und zum Parkplatz zu geleiten. Susan musste an einen Schwarm kleiner Fische denken, die sich zum Schutz gegen natürliche Räuber zu einer dichten Masse zusammenschließen. Sie wusste genau: Der Nachzügler, der Einzelgänger, der aus der Gruppe ausbricht, wird zur leichten Beute.
    Bei dem Gedanken musste sie schmunzeln: Sieh zu, dass du schnell schwimmst.
    Einer ihrer Kollegen, der Redakteur der Klatschseiten, steckte den Kopf zu ihrer Arbeitskabine hinein und sagte:

Weitere Kostenlose Bücher