Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
Immatrikulation neuer Studenten einstellen mussten? Angeblich ein Eingriff in die Privatsphäre und so. Reizend, nicht wahr? Jetzt können wir die Verrückten nicht mehr aussieben, bevor sie bewaffnet bei uns auf der Matte stehen.« Zum ersten Mal lächelte Clayton. »Vorsicht«, erklärte er, »ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens.«
    Der Mann im Anzug nickte. »Da, wo ich arbeite, haben wir keine Probleme damit.«
    Immer noch mit einem Lächeln antwortete der Professor: »Ich schätze, das ist gelogen. Sonst wären Sie nicht hier.«
    Clayton klappte den Ausweis auf und sah einen gold geprägten Adler über den Worten: ABTEILUNG STAATS SICHERHEIT. Der Adler wie die Aufschrift prangten über der unverwechselbaren, fast quadratischen Form des neuen Westlichen Territoriums. Darunter stand deutlich in roten Ziffern eine Einundfünfzig. Auf der anderen Seite fand sich der Name des Mannes, Robert Martin, mit Unterschrift sowie seinem Dienstgrad: Special Agent.
    Dies war das erste Mal, dass Clayton ein Dokument des geplanten Einundfünfzigsten Bundesstaates zu sehen bekam. Er starrte eine Weile darauf, bevor er langsam sagte: »Mr. Martin, oder sollte ich Agent Martin sagen, falls das Ihr richtiger Name ist, Sie sind also bei der SS?«
    Das Gesicht des Mannes verdüsterte sich. »Wir ziehen State Security, Staatssicherheit, vor, so viel Zeit muss ein. Die Abkürzung schätzen wir bekanntlich nicht, da sie hässliche historische Assoziationen weckt. Ich persönlich sehe das nicht so eng, aber andere sind da, sagen wir, sensibler. Im Übrigen ist der Ausweis ebenso wie der Name echt. Falls Sie es wünschen, können wir ein Telefon suchen, und ich gebe Ihnen eine Nummer, die Sie gerne anrufen können, um sich davon zu überzeugen. Wenn Ihnen dann wohler ist.«
    »Ich wüsste nicht, wie ich mich mit irgendetwas, das den ›Einundfünfzigsten Bundesstaat‹ betrifft, wohl fühlen sollte. Wenn ich könnte, würde ich dagegen stimmen, das er eingeführt wird.«
    »Glücklicherweise zählen Sie mit dieser Meinung zu einer klaren Minderheit. Und waren Sie überhaupt schon mal da,Professor? Haben Sie schon mal dieses Maß an Schutz und Sicherheit erlebt, das wir dort genießen? Nicht wenige sind der Überzeugung, dass er für das wahre Amerika steht. Ein Amerika, das in dieser modernen Welt verloren gegangen ist.«
    »Und nicht wenige glauben, dass Sie alle verkappte Faschisten sind.«
    Wieder grinste der Agent, und dieses selbstzufriedene Lächeln verbannte den Anflug von Ärger aus seinem Gesicht.
    »Fällt Ihnen nichts Besseres als dieses abgegriffene Klischee ein?«, gab Agent Martin zurück.
    Clayton antwortete nicht gleich. Er warf dem Agenten die Dienstmarke wieder zu. Ihm fiel das von Brandwunden vernarbte Hautgewebe an der Hand des Mannes ins Auge und die überaus kräftigen Finger. Er schätzte, dass die Faust des Agenten für sich allein schon eine schlagkräftige Waffe war, und fragte sich, ob er auch an anderen Körperteilen Narben trug. In dem schwachen Licht konnte er gerade noch eine rötliche Stelle an Martins Hals ausmachen, und er wurde neugierig auf die Geschichte, die sie erzählte; was auch immer passiert sein mochte, es hatte höchstwahrscheinlich eine beträchtliche Wut zurückgelassen, die im Kopf des Agenten widerhallte. Das gehörte in der Psychologie der Verhaltensstörungen zu den elementaren Lektionen. Clayton hatte über die Kausalität von Gewalt und körperlicher Deformation ausgiebig geforscht, und deshalb nahm er sich vor, diesen Aspekt Martins im Auge zu behalten.
    Der Professor ließ ganz langsam die Waffe sinken, legte sie vor sich auf den Schreibtisch und schlug mit den Fingern auf dem Metall einen kurzen Trommelwirbel. »Egal, worum Sie mich bitten wollen, ich werde es nicht tun«, erklärte er nach kurzem Zögern. »Egal, was Sie von mir wollen, ich hab esnicht und kann es nicht. Es interessiert mich nicht, weshalb Sie hergekommen sind.«
    Agent Martin bückte sich und griff nach der Ledermappe, die er zu seinen Füßen abgestellt hatte. Er warf sie aufs Podium, wo sie mit einem Klatschen zu Boden fiel, das durch den ganzen Hörsaal hallte. Sie rutschte mit einem ratschenden Geräusch bis zur Ecke von Claytons Pult. »Werfen Sie nur einen Blick darauf, Professor.«
    Clayton wollte sich danach bücken, hielt jedoch inne. »Und wenn ich es nicht tue?«
    Martin zuckte die Achseln, wobei jedoch dasselbe Grinsen einer Grinsekatze wie wenige Minuten zuvor seine Lippen umspielte. »Oh, das

Weitere Kostenlose Bücher