Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
ihr in die tiefen Falten ihrer Wange. „Verna, sagste? Verna vom Müller, oder nich’?“
Die Zofe nickte langsam. „So ist es, Frau Marthe. Wenn du von mir weißt ... dann kennst du auch meine Nöte. Ich habe dir etwas mitgebracht. Ich brauche Hilfe, alte Frau. Man wird dich reich belohnen, wenn du dein Werk vollbracht hast.“
Sie zog ein in Tuch eingewickeltes Päckchen von ihrer Hüfte. Mit einer raschen Handbewegung öffnete sie es und ein Stuck Tuch aus Goldfaden fiel auf den schmutzigen Tisch. „Und wenn wir damit fertig sind“, sagte sie mit einem erwartungsvollen Blick zu Frau Marthe, „dann wirst du mir noch heute meine Zukunft weissagen.“
~*~
Die Christmette und die Rückkehr Lord Merles lagen schon über zwei Wochen zurück, als Lord Merle eines Nachmittags kurz nach dem Mittagsmahl seufzte und sich in seinem Sessel zurechtsetzte.
Allegra schaute auf und fragte sich, ob ihn die Wunde wohl noch schmerzte. „Mein Gemahl, darf ich Euch noch etwas Ale einschenken? Euer Becher geht zur Neige.“ Sie saß in dem Sessel neben ihm und arbeitete an ihrer Stickerei. Das kleine Podest, auf dem sie beide saßen, war nah am Feuer, aber nicht nahe genug, um hell erleuchtet zu sein. Merle hatte Fackeln und Kerzen an hoher Stelle anbringen lassen, so dass seine Ehefrau ihre Augen nicht zu sehr anstrengen musste.
„Ja, meine Liebe, mehr Ale. Und vielleicht etwas Käse?“
„Wie Ihr wünscht, mein Gemahl.“ Allegra sah zu, dass all seinen Wünschen entsprochen wurde, während er Maris und Dirick bei einem Schachspiel zusah.
Allegra spielte kein Schach; sie fand es zu aufwändig, sich all die Spielfiguren und ihre Positionen zu merken und wie sie über das Brett wanderten – geschweige denn, ein paar Züge im Voraus zu planen. Aber wenn man die Anzahl der Spielfiguren betrachtete, die jeder schon auf seiner Seite des Tisches angesammelt hatte, so war ihre Tochter nicht gerade dabei, dem gutaussehenden Ritter klein beizugeben.
Gerade als sie sich in ihrem Sessel wieder zurücklehnte, wurde Allegra von einer leisen Stimme an ihrem Ohr überrascht. „Mylady, Allegra.“ Sie drehte sich um und erblickte da Maris’ Zofe Verna.
„Was ist, Verna?“
„Man braucht Euch in der Küche“, flüsterte Verna, wobei sie am Ärmel ihrer Herrin zupfte.
„Man braucht mich in der Küche?“, wiederholte sie.
Während sie sich von Merle entfernten, sprach Verna unterwürfig, „so ist es, Mylady. Da ist jemand, der begehrt mit Euch zu sprechen. Er wünschte nicht, dass Lord Merle davon erfahre.“
Furcht breitete ihre Krallen in Allegras Brust aus und sie spürte, wie ihr Herz wild zu schlagen begann. Sie hatte gehofft und gebetet, dass Bon seine Drohung vergessen hätte oder es aufgegeben hätte, als sie ihm keine Nachricht sandte.
Denn fürwahr, sie besaß nicht den Mut das Thema von Maris’ Verlobten anzusprechen, denn sie selbst sah keine Lösung für das Problem. Wenn Maris heiratete, wie ihr Gemahl das wünschte, würde Bon seine Drohung wahr machen und ihre wahre Vaterschaft enthüllen. Aber Allegra konnte nicht zulassen, dass Maris ihren eigenen Halb-Onkel heiratete – ganz besonders nicht einen Mann wie Bon de Savrille.
Noch schien sie in der Lage, ihren Gemahl von der Entscheidung abzubringen, die er bereits getroffen hatte. Gerade heute Abend hatte Merle noch gesagt, dass der Mann, auf den er wartete, am morgigen Tage eintreffen würde und dass die Verträge in Kürze unterzeichnet wären.
In ihrer Verzweiflung erinnerte Allegra sich an ihren eigenen Hochzeitstag und den geheimen Schwur, den sie damals geleistet hatte, dass ihre Tochter niemals gegen ihren Willen verheiratet werden sollte. In all diesen Jahren hatte Allegra Michael nicht vergessen, noch hatte ihre Liebe zu dem Mann, an den sie sich erinnerte, abgenommen.
Eines Tages, so schwor sie sich, würde sie wieder mit ihm vereint sein oder Gott sollte sie auf der Stelle niederstrecken. Sie hatte nie diese Art von Liebe für Merle empfinden können. Auch wenn sie ihm eine gute Ehefrau gewesen war und ihm gehorsam gedient hatte, empfand sie nicht die Leidenschaft und blinde Liebe für ihn, die sie immer noch für Lord Michael hegte.
Die Magd hielt kurz vor der Küchentür an und zeigte auf den Eingang zum Burghof. „Herrin, ein Mann wartet bei den Ställen auf Euch. Ich wollte Euch in der Gegenwart von Lord Merle nicht erschrecken.“
Der Wind war kalt und Allegra hatte
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