Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
gegen die er und Julia Rücken an Rücken auf der Lichtung gekämpft hatten. Er erinnerte sich, dass er auf den Tod gewartet und gebetet hatte, das Ende möge schnell kommen. Die Dämonen kamen aus der Dunkelheit, und Begriffe wie Ehre oder Gnade waren ihnen fremd. Dörfler mit Sensen und Mistgabeln waren hoffnungslos unterlegen gegen die Horden, die als Vorhut des Düsterwaldes ausschwärmten. Blut würde die Nacht erfüllen, und die Schreie würden erst im Morgengrauen verstummen …
„Es muss einen anderen Weg geben“, stieß er hervor und musterte verzweifelt die ungerührten Züge des Ersten Ritters.
„Es gibt einen anderen Weg“, warf Grey ein. „Wo Waffen nicht reichen, bleibt immer noch Magie.“
Der Erste Ritter lächelte verächtlich. „Immer das alte Lied. Aber mit Prophezeiungen und Blendwerk richtet Ihr gegen den Düsterwald wenig aus. Früher oder später müssen wir zu kaltem Stahl greifen.“
„Ihr redet, als sei das Dunkel ein wildes Tier, das man mit Schwert und Lanze erlegen kann“, blaffte der Astrologe. „Dunkelheit kann man nur mit Licht bannen: weiße Magie gegen schwarze, Aufklärung gegen Unwissenheit. Schickt ein Heer in den Düsterwald, und Ihr seht es nie wieder!“
Sie standen da und funkelten einander über den Thron hinweg an. Der Erste Ritter in seinem schimmernden Kettenpanzer stand stolz und hochgewachsen da und war dennoch irgendwie verloren im düsteren, imposanten Schatten des schwarz gekleideten Astrologen, in dessen eisblauen Augen sich geheimes Wissen spiegelte und den eine Aura aus Macht und bösen Ahnungen umhüllte wie ein Leichentuch. Rupert musterte den Astrologen verwundert. In den wenigen Monaten, die er dem Hof fern gewesen war, schien Grey an Bedeutung und Einfluss gewonnen zu haben – und an Mut, denn es gab in der Tat nur wenige, die es wagten, dem Ersten Ritter offen zu widersprechen. Rupert runzelte die Stirn. Der Astrologe trat für seinen Geschmack zu siegessicher auf. Vielleicht war Magie die einzige Antwort auf das Dunkel, aber nur ein mächtiger Zauberer konnte es wagen, den Kampf gegen den Düsterwald aufzunehmen, und Thomas Grey war kein Zauberer.
„Majestät!“, rief eine volltönende, herrische Stimme aus dem Kreis der Höflinge. Rupert drehte sich um und sah einen kleinen, fetten Mann in prachtvollen, soßenfleckigen Gewändern, der sich einen Weg zum Thron bahnte. Scharfe Schweinsäuglein spähten unter gezupften Brauen hervor, und der geschminkte Mund wirkte ärgerlich verkniffen. Er blieb gegenüber dem Ersten Ritter stehen und verneigte sich vor dem König. „Majestät, als Euer Kriegsminister protestierte ich aufs Schärfste gegen …“
„Schon gut“, unterbrach ihn der Erste Ritter gelassen, „wir nehmen Euren Protest zur Kenntnis. Jetzt haut ab, wir müssen arbeiten.“
Das Gesicht des Ministers wurde zornesrot, aber seine Stimme war kalt und hart. „Ob es Euch passt oder nicht, Erster Ritter, ich bin des Königs Kriegsminister. Noch eine Unverschämtheit von Eurer Seite, und ich lasse Euch auspeitschen!“
Die Hand des Ersten Ritters legte sich auf den Schwertgriff. Der Minister erbleichte plötzlich und wich zurück.
„Erster Ritter!“, warnte der König. „Wenn Ihr die Waffe gegen einen meiner Minister erhebt, lasse ich Euch einen Kopf kürzer machen!“
Einen Augenblick lang schien es, als wolle sich der Erste Ritter über die Worte des Königs hinwegsetzen, aber der Augenblick verging, und er löste die Hand vom Schwertgriff. Der Minister begann wieder zu atmen.
„Er hat mich beleidigt“, sagte der Erste Ritter.
„Ihr habt meinen Minister beleidigt“, entgegnete der König eisig. „Eine Beleidigung seiner Person ist eine Beleidigung meiner Person. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Natürlich, Majestät“, sagt der Erste Ritter und verneigte sich leicht. „Ich lebe nur, um Euch zu dienen.“
König John wandte seine Aufmerksamkeit dem Minister zu. „Falls Ihr zu dieser Diskussion beizutragen habt, Fürst Darius, dann sprecht!“
„Majestät sind zu gütig“, sagte Fürst Darius mit einem giftigen Seitenblick auf den Ersten Ritter. „Mir scheint, sowohl der Erste Ritter als auch der Astrologe übersehen die einzig logische Antwort auf unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten. Da meiner Ansicht nach weder Waffengewalt noch Magie gegen den Düsterwald etwas auszurichten vermögen, müssen wir uns auf die letzte Möglichkeit besinnen, die uns noch bleibt: Diplomatie.“
Es entstand eine kurze
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