Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
tiefsten, schmutzigsten Verlies schmachten, das ich finde!“
Julia sah dem König in die Augen – und zuerst wieder weg. Verunsichert wandte sie sich an Rupert.
„Lässt du zu, dass er so mit mir redet?“
„Er ist mein Vater“, sagte Rupert.
Es entstand eine peinliche Pause.
„Das ist doch kein Weltuntergang, Hoheit“, sagte der Astrologe schließlich. „Wir müssen auch nichts überstürzen; wenn Ihr Harald erst einmal besser kennengelernt habt, werdet Ihr merken, dass er ein netter, umgänglicher Prinz ist, der sicher einen guten Ehemann abgibt – und immerhin wird er eines Tages König sein.“
„Wenn wir bis dahin noch ein Königreich haben“, warf der Erste Ritter ein.
Alle zuckten zusammen. Der Erste Ritter war unbemerkt nähergetreten und blieb nun rechts von Rupert stehen. Er hatte die Streitaxt weggelegt und stattdessen sein Schwert umgeschnallt.
„Wie ich sehe, versteht Ihr Euch noch immer darauf, Euch von hinten anzuschleichen und die Leute zu erschrecken“, sagte Rupert.
Der Erste Ritter lächelte. „Eines meiner nützlichsten Talente.“ Er wandte sich um und neigte leicht den Kopf in Richtung König John. „Majestät, wir müssen ein ernstes Problem erörtern. Der Düsterwald …“
„… kann warten“, sagte der König gereizt. „Ich bin mit Rupert noch nicht fertig. Rupert, du solltest die wertvolleren Teile eines toten Drachen und zumindest einen Teil seiner Reichtümer heimbringen. Hast du denn gar kein Gold erbeutet?“
„Nein“, sagte Rupert. „Da war keins.“
„Was ist mit dem Drachenhort?“
„Er sammelte Schmetterlinge.“
Alle starrten den schlafenden Drachen an. „Nur Ihr, Rupert“, sagte der Erste Ritter ruhig. „Nur Ihr …“
„Hast du nichts von Wert vorzuweisen?“, beharrte König John.
„Nur das“, sagt Rupert und zog sein Schwert. Alle musterten die blitzende Klinge argwöhnisch.
„Es hat eine starke magische Aura“, sagte der Astrologe skeptisch. „Was kann es?“
„Es beschwört Regenb ö gen“, sagte Rupert ein klein wenig lahm.
Es entstand eine lange Pause.
„Sprechen wir über den Düsterwald“, seufzte der König. „Das Thema scheint mir plötzlich vorzuziehen.“
„Mir recht“, sagte Rupert und schob das Schwert in die Scheide.
„Die Zeit läuft uns davon, Majestät“, sagte der Erste Ritter beschwörend. „Wir haben schon drei entlegene Dörfer an die Dämonen verloren, und der Schatten der langen Nacht rückt unerbittlich vor. Die Bäume sterben, und die Flüsse sind mit Blut verunreinigt. Die Zahl der Totgeburten steigt, und das Getreide verfault, ehe man es ernten kann. Dämonen rennen vor dem Düsterwald her und schlachten alles ab, was ihnen in den Weg kommt. Meine Männer sterben da draußen, um uns eine kleine Atempause zu verschaffen. Ich ersuche Euch deshalb dringend um Erlaubnis, bei den Baronen Männer auszuheben und ein Heer zusammenzustellen. Wir müssen uns dem Dunkel entgegenstemmen, solange wir dazu noch in der Lage sind.“
„Ihr wiederholt Euch“, sagte der König gereizt. „Dabei wisst Ihr so gut wie ich, dass die Barone mir ihre Männer verweigern werden, aus Angst, ich könnte gegen sie gegen sie einsetzen, und vielleicht tue ich das sogar, denn ihr Verhalten grenzt allmählich an Rebellion. Nein, Erster Ritter, schlagt Euch den Gedanken an ein Heer aus dem Kopf!“
Der Erste Ritter blieb hartnäckig. „Ich brauche mehr Leute, Majestät.“
„Die königliche Garde …“
„… reicht für unseren Kampf gegen die Dunkelheit nicht aus.“
„Sie muss reichen“, erklärte König John kategorisch. „All meine anderen Wachen und Soldaten sind schon im Reich verteilt, um die Straßen offen zu halten und mein Volk zu beschützen. Soll ich sie zurückholen, damit Ihr ein Heer aufbauen könnt, und die Dörfer und Städte der vorrückenden Dunkelheit überlassen?“
„Notfalls ja“, erklärte der Erste Ritter ruhig. „Man heilt eine Krankheit nicht, indem man nur die Symptome bekämpft. Die Dämonen sind Kinder der Dunkelheit. Der einzige Weg, der Ausbreitung der langen Nacht Einhalt zu gebieten, besteht darin, ein Heer in den Düsterwald zu führen und sein Herz zu vernichten.“
Ruperts Magen verkrampfte sich, als er begriff, was der Erste Ritter forderte. Wenn die Wachen wieder einrückten, blieben die Dörfer wehrlos zurück, und die Dämonen würden in Scharen darüber herfallen. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, als er sich an die Klauen und Fänge der Wesen erinnerte,
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