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Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)

Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)

Titel: Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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verrieb ein wenig von dem Zeug zwischen den Fingern; der Schleim besaß die Klarheit von Wasser und die Konsistenz von Mus. Er hielt die Finger an die Nase, roch vorsichtig und schüttelte sich vor Widerwillen. Der Schleim roch nach Tod und Verwesung.
    Der Stollen schien plötzlich erfüllt von dem Geruch, und Rupert rieb die Finger gegen sein Wams, bis keine Spur von der ekligen Substanz mehr daran klebte. Er atmete flach und umklammerte Laterne und Schwert so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Der Gestank und die Finsternis, die von allen Seiten auf ihn eindrangen, erinnerten ihn an den Düsterwald, und wieder vernebelte die Angst sein Denken, bis er sich allein und verloren in der Schwärze glaubte. Als Panik ihn erfasste, begann er, wild um sich zu schlagen und stieß mit den Armen gegen die Stollenwände. Der harte, unnachgiebige Fels war seltsam tröstlich, und er schöpfte neue Kraft aus dessen hartnäckiger Realität. Sein Atem beruhigte sich, und er konnte sogar darüber lächeln, dass ihn das Dunkel erneut bis an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte. Doch obwohl er Angst vor der Finsternis hatte, brechen konnte sie ihn nicht. Noch nicht.
    Er starrte in den engen Stollen und hielt die Laterne hoch. Der Boden war mit feuchtem Schleim bedeckt, so weit er sehen konnte. Rupert nagte zögernd an seiner Unterlippe. Er wollte weiter vordringen, und sei es nur, um zu beweisen, dass er kein Feigling war, aber er befand sich auf einer Erkundungstour und hätte längst umkehren müssen, um dem Ersten Ritter zu berichten, was er entdeckt hatte. Der Schleim beunruhigte ihn. Dämonen hinterließen keine solchen Spuren. Rupert kroch rückwärts und erstarrte mitten in der Bewegung. Weit vorn im Dunkel des Tunnels sang jemand.
    Die Stimme war androgyn und zog Rupert magisch an. Sie verhieß Helligkeit und Liebe, Freundschaft und Schutz, alles, was er sich sein Leben lang gewünscht hatte, und mehr. Die Stimme war sanft, mitfühlend und verführerisch, und Rupert vertraute ihr. Die Stimme rief, und Rupert kroch los. Seine Hände rutschten ab, er kippte nach vorn und schlug so hart gegen den Fels, dass ihm die Luft pfeifend aus der Lunge entwich. Er rang nach Atem, und der süßliche Gestank von Fäulnis drang ihm in die Nase und riss ihn aus seiner Benommenheit.
    Rupert erstarrte vor Entsetzen, als ihm zu Bewusstsein kam, was er hier tat. Die Stimme sang immer noch, schmeichelnd und lockend, aber Rupert kämpfte gegen sie an, weigerte sich, ihren Lügen zu glauben, selbst als sie ihm die Erfüllung seiner geheimsten Träume versprach, und am Ende siegte er, wahrscheinlich deshalb, weil man ihn schon so oft im Leben belogen hatte und er ohnehin an nichts mehr glaubte, nicht einmal an seine eigenen Träume. Rupert lag ausgestreckt auf dem Tunnelboden, bedeckt von stinkigem Schleim, und begriff endlich, warum die Kupferst ä dter ihre Häuser verlassen hatten und in die Tiefe des Bergwerks hinabgestiegen waren.
    Die Stimme hob und senkte sich dröhnend und wimmernd, als sie ihr Scheitern erkannte. Rupert hielt sein Schwert umklammert und lag vollkommen still da. Er wusste, es wäre sicherer gewesen, die Laterne auszublasen und im Dunkeln auszuharren, aber dazu konnte er sich nicht durchringen. Die Stimme quiekte, gurgelte und erstarb dann mit dem grauenvollen Saugen und Stöhnen, das Rupert schon einmal gehört hatte. Die jähe Stille schien ihm in den Ohren zu dröhnen. Er horchte angespannt. Weit weg begann ein Mädchen zu weinen.
    Rupert fluchte und atmete tief durch. Es war ein Trick, ein verdammt durchschaubarer Trick. Andererseits waren auch Kinder verschwunden, und wenn eines durch Zufall überlebt hatte und nun suchend durch die Stollen irrte … Rupert schüttelte hilflos den Kopf, gefangen in einer Unschlüssigkeit, die ihm das Herz zerriss. Er dachte mit einem Schaudern an den roten Schuh, dann fiel ihm die Puppe ein, die er immer noch unter dem Wams trug. Er spürte, wie der Tunnelboden sie gegen seine Brust presste, und seufzte hilflos. Er hatte keine Wahl. Selbst wenn die Aussichten verschwindend gering waren, die Kleine hier unten lebend zu finden, musste er es versuchen, alles andere würde er sich nie verzeihen. Langsam drang er weiter in den Stollen vor und verzog angewidert das Gesicht, als ihm der kalte Schlamm durch die Finger quoll.
    Im goldenen Schein der Laterne erkannte Rupert, dass auch die Wände und die Decke des Stollens mit dem entsetzlichen Zeug bedeckt waren. Er kämpfte sich weiter,

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