Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
gleitend und rutschend, und hielt krampfhaft das Schwert hoch, damit die Klinge nicht mit dem Schleim in Berührung kam. Das kleine Mädchen weinte immer noch, fern und verloren. Rupert wartete, bis sein Atem sich beruhigt hatte. Das Kriechen erschöpfte ihn, und sein Rücken tat furchtbar weh. Es schien ihm, als krieche er seit einer Ewigkeit, aber dem Weinen war er nicht nähergekommen. Er spähte über die Schulter.
Der Tunneleingang war nicht mehr zu sehen. Er blickte nach vorn und runzelte die Stirn; der Hauptabbaubereich konnte nicht mehr weit entfernt sein. Plötzlich wurde ihm klar, dass das Weinen verstummt war. Er wartete, horchte, und es blieb still. „Sie könnte überall sein“, dachte Rupert. „Ich muss sie finden, ehe es die Stimme tut.“
„Hallo?“, rief er leise. „Wo bist du? Du musst nicht weinen, ich bin gekommen, um dir zu helfen …“
Die Stimme schrie triumphierend, und Rupert erstarrte, als der Tunnelboden unter ihm ins Wanken geriet.
Etwas kam auf ihn zu, etwas Großes, unbeschreiblich Schweres. Ein fremdartiger Druck baute sich im Stollen auf; Wind streifte sein Gesicht. Rupert erkannte, dass es kein Kind gab, dass es nie ein Kind gegeben hatte. Tief in seiner Seele hatte er das von Anfang an gewusst; er hatte es nur nicht glauben wollen. Er krabbelte rückwärts durch den Tunnel, ohne darauf zu achten, dass er sich bei seinem hastigen Rückzug die Ellbogen an den Stollenwänden wund schlug. Die Kreatur, der die Stimme gehörte, hatte seine Laterne nicht sehen können und ihm deshalb eine Falle gestellt, damit er sich verriet. Nun wusste sie, wo er war.
Er kämpfte sich zurück zum Tunneleingang, hin und her geworfen von dem schwankenden Fels unter ihm. Ein tiefes Klopfen und Grollen drang aus dem Dunkel, beängstigend nahe, und dann stolperte Rupert aus dem Tunnel in die Aufzughöhle.
Die Laterne flog ihm aus der Hand und rollte gefährlich flackernd über den Boden, ehe sie dicht neben der Plattform liegenblieb. Rupert warf sich auf die Plattform, riss die Laterne an sich und schrie dem Ersten Ritter zu, man solle ihn nach oben holen. Schmatzende, schlurfende Geräusche drangen aus dem Tunnel. Rupert schlug zweimal mit der Breitseite des Schwerts gegen das Seil, stellte die Laterne ab und machte sich bereit zum Kampf gegen das Ding, das ihn verfolgte. Das dumpfe, furchtbar gierige Grollen kam näher. Plötzlich ruckte die Plattform unter ihm und setzte sich langsam in Bewegung, durch den Schacht nach oben.
Rupert rief den Männern zu, schneller zu kurbeln, und umklammerte verzweifelt sein Schwert. Was immer ihn in die Tiefe des Bergwerks hatte ziehen wollen, gehörte den Mächten der Dunkelheit an, und die einzige Antwort auf Dunkelheit war Licht. Er brauchte einen Regenbogen. Er nahm sein Schwert sorgfältig in beide Hände und hob es über den Kopf. Angst, Hass und Verzweiflung strömten in ihm zusammen, als er der Dunkelheit seine Herausforderung entgegenschrie, aber kein Regenbogen erhellte die Schwärze. Das Schwert war tot und kalt, und Rupert wusste ohne den Schatten eines Zweifels, dass er diesmal völlig auf sich selbst gestellt war. Es würde keinen Regenbogen geben. Rupert senkte das Schwert und starrte es wie betäubt an. Niemand hatte ihm je versprochen, dass der Zauber mehr als einmal wirken würde; er hatte es einfach vermutet – und sich geirrt. Ruperts Hände zitterten. Panik stieg in ihm auf, und er rang nach Luft. Bis jetzt war ihm nicht klar gewesen, wie sehr er sich auf das Regenbogenschwert verlassen hatte. Das Gefühl, einen Trumpf im Ärmel zu haben, hatte ihm Mut und eine nie gekannte Sicherheit verliehen. Rupert schüttelte den Kopf, um die wachsende Panik zu verdrängen. Gut, dann war das Schwert eben keine Zauberwaffe. Er würde die Dunkelheit in der gewohnten Weise bekämpfen müssen. Das hatte er schon einmal getan; er konnte es ein zweites Mal tun. Dann ertönte direkt unter ihm ein Geifern und Stöhnen. Etwas rammte die Unterseite der Plattform, so dass er das Gleichgewicht verlor.
„Kurbelt schneller!“, schrie Rupert. „Zieht mich hoch! Zieht mich hoch!“ Die Plattform schwankte und drohte, nach einer Seite zu kippen, pendelte sich aber wieder aus, als sie an Fahrt gewann und das Geschöpf der Finsternis zurückblieb. Rupert starrte angsterfüllt in den Schacht hinauf. Der Lichtkreis der Öffnung kam näher. Es würde knapp werden. Er riss die Laterne an sich und machte sich bereit, von der Plattform zu springen, sobald sie auf
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