Das Reich der Elben 01
stürzte sich in die Vorbereitungen langer Reisen und widmete sich der Erforschung entlegener Regionen. Damit lenkte er sich selbst von seiner Trauer ab. Elbara lag am äußersten Rand jenes Bereichs, der den Elben inzwischen vom Zwischenland bekannt war, doch Branagorn wollte möglichst weit weg von Elbenhaven, erinnerte ihn doch dort alles an seine verlorene Liebe.
Ein Schiff aus Tagora legte einige Jahre später in Elbenhaven an, und der Kapitän der Menschen wurde von König Keandir in der großen Festhalle von Elbenhaven empfangen. Ruwen war an der Seite ihres Gemahls, und auch seine beiden Söhne, Prinz Sandrilas sowie die versammelten Kapitäne der Elbenflotte waren anwesend. Allerdings fehlten auch einige der Getreuen des Königs: So waren Lirandil und Branagorn noch immer nicht von ihren Reisen zurückgekehrt, und Thamandor der Waffenmeister überwachte die Aufstellung der von ihm entworfenen Katapulte in Siras und Minasar, den beiden zu Grenzfestungen ausgebauten Orten am elbianitischen Ufer des Nur; schließlich konnte niemand mit Sicherheit sagen, ob die Trorks nicht doch eines Tages die Zentauren niederkämpften und dann vielleicht auch in der Lage waren, den breiten Fluss zu überqueren. Noch eine wichtige Person fehlte: Kapitän Isidorn war an der Küste Nordbergens unterwegs.
Der Kapitän des tagoräischen Schiffes hieß Manadarius, und er erzählte, dass sich die Einigkeit seines Landes unter den letzten drei Königen gefestigt und man schon vor Jahrzehnten an der Küste der auf dem zwischenländischen Kontinent gelegenen Landstriche Perea und Soria Kolonien gegründet habe.
»So denkt Euer König daran, seinen Einfluss noch weiter auszudehnen?«, fragte König Keandir. Kapitän Ithrondyr, der das Land der Tagoräer als Erster bereist hatte, übersetzte seine Worte in das in Keandirs Ohren für eine Menschensprache erstaunlich kultiviert klingende Idiom der Tagoräer.
Kapitän Manadarius schüttelte den Kopf. »Nein, der Einfluss von König Boras IV. erweitert sich dadurch nicht, denn unsere Kolonien sind unabhängig und verwalten sich selbst. Wir sind ein sehr individualistisches und freiheitsliebendes Volk und
schon froh, endlich, nach vielen Jahrhunderten des Streits, eine
Einigung unter den Städten unserer Insel erreicht zu haben.«
»Boras IV. regiert zurzeit bei Euch?«, mischte sich Kapitän Ithrondyr nun ein, vergaß dabei aber nicht, auch seine eigenen, in Tagoräisch gesprochenen Worte zu übersetzen.
Manadarius nickte. »So ist es.«
»Ich begegnete auf meiner Fahrt nach Tagora einst einem König, der sich Boras I. nennen ließ und in einem Palast in Danabar residierte.«
»Das war der Urgroßvater unseres jetzigen Herrschers«, erklärte Manadarius. »So müsst Ihr jener Kapitän Ithrondyr sein, über den noch heute viele Geschichten bei uns im Umlauf sind.«
»Der bin ich«, bestätigte Ithrondyr.
»Lange ist es her…« Kapitän Manadarius seufzte. »Manche beginnen schon daran zu zweifeln, dass die Geschichten über Eure Ankunft mehr sind als bloße Legenden. Legenden, die angeblich Boras III. über seinen Großvater und Euch in Umlauf gebracht hat, damit er die immer noch mächtigen Stadtregierungen auf Tagora zu einem Ausbau der Flotte überreden konnte.«
»Nein, es ist alles wahr«, erklärte Kapitän Ithrondyr. »Ich habe Euer Land wirklich betreten und damals viel Neues erfahren. So glaube ich nun auch, dass es in unserer Alten Heimat tatsächlich Menschen gegeben hat, wie die Alten es immer behauptet haben – auch wenn mir diese Geschichten in meiner Jugend nie glaubhaft erschienen.«
»In den Legenden, die über Euer Volk seit Eurem Besuch bei uns im Umlauf sind, heißt es, dass Ihr Elben dem Alter kaum unterworfen seid. Gerade das ist es aber, weshalb nach Ansicht vieler diese Geschichten einfach zu fantastisch sind, um wahr sein zu können. Ihr jedoch, Kapitän Ithrondyr, seid Beweis genug für die Richtigkeit dieser Legenden, zeigt Ihr doch so
gut wie keine Spuren des Alters oder gar der Hinfälligkeit. Wie ist das möglich?«
Ithrondyr blieb eine Antwort auf diese Frage schuldig. »Ich habe mich mit König Boras I. gut verstanden. Er war trotz seiner kurzen Lebensspanne ein weiser und vorausschauender Staatsmann.«
»Als solcher ist er in die Geschichte Tagoras eingegangen«, erklärte Kapitän Manadarius.
Wenig später berichtete er von einer Kolonie, die von den Tagoräern auf dem Südkontinent gegründet worden sei und den Namen Hiros habe. »Wir nennen dieses Land
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