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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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eingedrungen war.
»Vergiss meine Macht nicht, König Keandir!«, rief der Seher.
»Ich weiß sehr wohl, was ich tue – auch wenn ich nicht jeden Narren in alle Einzelheiten meiner Pläne einweihe. Schließlich hatte ich viele Äonen Zeit, über meine Flucht aus der Gefangenschaft nachzudenken!«
Branagorns Lähmung ließ nach. Der magische Griff, in den der Augenlose ihn genommen hatte, lockerte sich und war schließlich nicht mehr zu spüren. Der Elbenkrieger atmete tief durch und wandte sich Keandir zu. »Was ist mit Euch, mein König?«
»Nichts«, murmelte dieser. »Nichts, was der Erwähnung wert wäre.«
»Aber…«
»Hast du nicht gehört, was dein König sagt?«, fuhr der Augenlose dazwischen. »Wenn du schon mir nicht gehorchen magst, dann folge wenigstens deinem König und übe dich in der Kunst des Schweigens!«
Die Benommenheit, die Keandir kurzzeitig befallen hatte, wich von ihm, und er fühlte tatsächlich neue Kräfte seinen Körper durchströmen. Branagorn aber fiel auf, dass der schwarze Schwarm diesmal seinen Körper nicht wieder verlassen und zu dem Augenlosen zurückgekehrt war.
In diesem Augenblick gelangten ein paar weitere Ouroungour durch eine der Öffnungen in der Hallendecke in die Höhle. Sie flogen über die anderen hinweg und einmal um den Thronbereich herum, hielten aber respektvollen Abstand zu dem Skelett.
Zwei dieser Äfflinge hielten den schlaffen Körper eines
Elben in ihren prankenartigen Fängen. Blut tropfte herab.
»Das ist Hyrandil, Fürst Bolandors Sohn!«, entfuhr es Keandir. »Offenbar hat der getreue Sandrilas einen Suchtrupp losgeschickt, um uns zu finden!«
»Ja, und offensichtlich ist diesem Suchtrupp übel mitgespielt worden«, gab Branagorn zurück.
Die Geflügelten landeten mit ihrer Beute und legten sie wie einen nassen Sack in einer Entfernung von gut hundert Schritt auf dem Boden ab. Aufgeregte schrille Rufe folgten daraufhin,
die ein ebenso schrilles Echo der anderen Ouroungour erzeugten.
»Wir müssen Hyrandil retten!«, rief Branagorn.
»Auf jeden Fall muss es hier einen Weg an die Oberfläche geben«, meinte Keandir. »Sonst hätten weder die Ouroungour noch Hyrandil hergelangen können.«
»Konzentriert Euch jetzt auf die Aufgabe, die vor Euch liegt, König Keandir, und lasst Euch durch nichts davon ablenken!«, forderte der Augenlose. »Für den armen Kerl, den die Ouroungour so zugerichtet haben, können wir im Moment nichts tun. Seid einfach nur froh darüber, dass er noch lebt!«
»Was haben sie mit ihm vor?«
»Normalerweise pflegen sie ihre Gefangenen zu verspeisen«, antwortete der Seher und kicherte wieder. »Aber sie sind da etwas wählerisch, und in der Vergangenheit haben sie auch nicht jeden schiffbrüchigen Seefahrer gefressen, der hier angelandet ist. Diejenigen, denen sie nicht das rohe Fleisch von den Knochen nagen, landen hier, an diesem Ort.«
Keandir ließ seinen Blick über die gewaltigen Steinquader schweifen, die ihn an Altäre erinnerten. »Und was ist der Grund dafür, dass Hyrandil bisher verschont wurde?«
»Sie brauchen immer wieder Opfer, die sie ihrem toten König und Gott darbringen. Mit meinen besonderen Sinnen habe ich häufig wahrgenommen, was sich in dieser Halle abspielt. Es war für mich eine Art Unterhaltung, die mir die Zeitalter verkürzte. Manche Gefangene werden auf grausame Weise getötet. Die Affenartigen erfreuten sich am Zucken der Leiber und labten sich an der Qual ihrer Opfer. Sie zerrissen die Gefangenen und legten die einzelnen Stücke dann auf die Opferaltäre, die den Thron umgeben, und boten derart das Fleisch ihrer Gefangenen ihrem letzten König als Mahlzeit an. Ein Ritual, dass nicht einer gewissen Ironie entbehrt, denn zu der Zeit, als der letzte König der Ouroungour herrschte, waren
diese barbarisch erscheinenden Geschöpfe von einer so hoch entwickelten Ethik geprägt, dass sie dem Genuss von Fleisch vollkommen entsagten, weil sie es nicht ertragen konnten, ein anderes empfindungsfähiges Wesen nur deshalb zu töten, um es anschließend zu verspeisen.«
Keandir staunte. »So muss die Sensibilität der Ouroungour selbst die von uns Elben übertroffen zu haben!«
»Leider«, sagte Branagorn, »ist davon nichts geblieben!« In diesem Moment wurde der erste Speer geworfen.
Er war auf den Augenlosen gezielt, doch dieser reagierte schneller, als man es ihm zugetraut hätte. Blitzschnell wich er zur Seite. Der Speer traf einen der Steinquader und prallte daran ab.
»Es wird Zeit, dass ich ihnen den nötigen

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