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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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bereits überflutet. Dann neigte sich der Mast zu einer Seite, blieb einen Augenblick in der Schwebe, bis er schließlich ins Wasser tauchte. Innerhalb weniger Sekunden war er unter der Wasseroberfläche verschwunden.
    Eine halbe Stunde später erreichten sie vor Erschöpfung keuchend die Dromone. Wahr erwies sich als der Einzige, der in der Lage war, am Steuerruder hochzuklettern. Er stieg über die hohe Reling des Achterdecks. Wenige Augenblicke später fiel eine dicke Strickleiter zu den anderen hinunter.
    Es war nicht ganz einfach, doch schließlich waren alle an Bord; Gesler und Stürmisch zogen die Kiste mit den Nahrungsmitteln und die Wasserfässer hoch.
    Vom Achterdeck aus ließ Kulp den Blick nach vorn über das Hauptdeck schweifen. Das Schiff war in größter Hast aufgegeben worden. Überall lagen Taurollen und in Seehundfelle eingewickelte Vorräte herum, genau wie Teile von Rüstungen, Schwerter und Gürtel. Alles war von einer dicken, blassen, schmierigen Staubschicht bedeckt.
    Die anderen gesellten sich schweigend zu ihm.
    »Hat jemand einen Namen auf dem Schiffsrumpf gesehen?«, fragte Gesler schließlich. »Ich hab geschaut, aber ...«
    »Es ist die Silanda«, sagte Baudin.
    Stürmisch knurrte. »Bei Toggs Zitzen, Mann, da war kein ...«
    »Den brauche ich auch nicht, um dieses Schiff zu erkennen«, unterbrach ihn Baudin. »Die Fracht, die da unten liegt, ist auf Drift Avalii. Die Silanda war das einzige Schiff, das mit den Tiste Andii Handel treiben durfte. Sie war zu der Insel unterwegs, als die Trupps der Imperatrix Quon überrannt haben. Sie ist niemals zurückgekehrt.«
    Auf seine Worte folgte Stille.
    Sie wurde von einem leisen Lachen unterbrochen. Es stammte von Felisin. »Baudin der Schläger. Haben deine Sträflingstrupps auch in Bibliotheken gearbeitet?«
    »Hat außer mir noch irgendjemand die Wasserlinie bemerkt?«, fragte Gesler. »Dieses Schiff hat sich seit Jahren nicht mehr bewegt.« Er warf Baudin einen letzten, durchdringenden Blick zu und stieg dann zum Hauptdeck hinab. »Es könnte genauso gut ein Haufen Felsen sein, auf dem knietief Guano liegt«, sagte er, als er bei einem der Seehundfell-Bündel stehen blieb. Er kauerte sich hin, um es auszuwickeln. Einen Augenblick später zischte er einen Fluch und zuckte zurück. Die Enden des Bündels fielen zur Seite, und der Inhalt wurde sichtbar: ein abgetrennter Kopf, der wild übers Deck rollte, bis er schließlich gegen den Rand der Luke zum Niedergang stieß.
    Kulp schob sich an dem reglos dastehenden Heboric vorbei, kletterte hinunter zum Hauptdeck und näherte sich dem Schädel. Er öffnete sein Gewirr. Hielt inne.
    »Was seht Ihr?«, fragte der Ex-Priester.
    »Nichts, das mir gefällt«, erwiderte der Magier. Er trat noch näher zu dem Schädel, kauerte sich hin. »Ein Tiste Andii.« Er warf Gesler einen Blick zu. »Was ich jetzt gleich vorschlagen werde, ist nicht besonders angenehm, aber ...«
    Der Korporal, dessen Gesicht sehr blass war, nickte. »Hilf mir, Stürmisch«, forderte er den Armbrustschützen auf, während er sich dem nächsten Bündel zuwandte.
    »Wobei?«
    »Beim Köpfezählen.«
    »Fener, rette mich! Gesler ...«
    »Du musst kühl und gelassen sein, um so eine Geschichte zu erzählen. Das erfordert Erfahrung. Also komm hier runter, und mach dir gefälligst die Hände schmutzig, Soldat!«
    Es gab Dutzende von Bündeln. Jedes enthielt einen sauber abgetrennten Kopf. Die meisten stammten von Tiste Andii, doch es waren auch einige menschliche Schädel darunter. Gesler begann, sie um den Hauptmast herum zu einer grausigen Pyramide aufzuschichten. Der Korporal hatte sich rasch wieder von seinem ersten Schreck erholt; offensichtlich hatte er als Soldat des Imperiums schon mehr als genug schreckliche Dinge gesehen. Stürmisch gelang es fast genauso rasch, seinen Abscheu abzuschütteln; an dessen Stelle schien allerdings eine Art abergläubisches Entsetzen getreten zu sein – er arbeitete rasend schnell, und in kürzester Zeit waren sämtliche Köpfe der gespenstischen Pyramide hinzugefügt worden.
    Kulp richtete seine Aufmerksamkeit jetzt auf die Luke, die hinunter in den Bauch des Schiffes – und damit zu den Ruderbänken – führte. Ein schwacher Nimbus von Zauberei ging von ihr aus, der für seine von seinem Gewirr geschärften Sinne als sich kräuselnde Wellen sichtbar war. Er zögerte lange, ehe er endlich an die Luke herantrat.
    Abgesehen von dem Magier, Gesler und Stürmisch blieben alle anderen auf dem

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