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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Achterdeck und beobachteten das Geschehen; sie befanden sich in einer Art Schockzustand, wirkten wie betäubt.
    Der Korporal trat an Kulps Seite. »Seid Ihr bereit, da unten nachzusehen?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Nun, dann geht doch voran«, sagte Gesler mit einem angespannten Grinsen. Er zog sein Schwert aus der Scheide.
    Kulp starrte die Klinge an.
    Der Korporal zuckte die Schultern. »Ja, ja, ich weiß.«
    Kulp murmelte im Flüsterton etwas vor sich hin, ging jedoch auf die Luke zu. Im Raum darunter war es dunkel, doch das hieß nicht, dass er nichts sehen konnte. Alles war von magischer Energie überzogen, die in einem krankhaften Gelb schimmerte und schwach pulsierte. Sich mit beiden Händen am Geländer festhaltend, stieg der Magier die überkrusteten Stufen hinunter; Gesler war dicht hinter ihm.
    »Könnt Ihr irgendetwas erkennen?«, fragte der Korporal.
    »Oh, ja.«
    »Was ist das für ein Geruch?«
    »Wenn Geduld einen bestimmten Geruch hat«, erwiderte Kulp, »dann riechst du ihn jetzt.« Er ließ eine Woge aus Licht den Laufsteg in der Mitte zwischen den Bankreihen entlangrollen; am hinteren Ende ließ er sie seitlich abdrehen und dort verharren.
    »Nun«, sagte Gesler mit krächzender Stimme trocken, »das hat eine gewisse Logik, oder nicht?«
    Die Ruder waren mit kopflosen Körpern bemannt, jeweils drei auf einer Bank. Noch mehr Bündel aus Seehundfell lagen überall dort herum, wo auch nur ein bisschen Platz war. Ein weiterer kopfloser Körper saß hinter einer fellbespannten Trommel, in beiden Händen seltsame, an Flaschenkürbisse erinnernde Schlägel. Die Gestalt war unglaublich muskulös. Keiner der Körper zeigte auch nur das geringste Anzeichen von Verwesung. In den Hälsen glitzerten weiße Knochen und rotes Fleisch.
    Lange sagte keiner der beiden Männer ein Wort; dann räusperte sich Gesler. Es hatte nicht besonders viel Wirkung, denn als er sprach, klang seine Stimme, als hätte er Kieselsteine im Hals. »Habt Ihr vorhin von Geduld gesprochen, Kulp?«
    » Ja .«
    »Dann habe ich mich also nicht verhört.«
    Kulp schüttelte den Kopf. »Irgendjemand hat das Schiff erobert, alle, die sich an Bord befanden, geköpft... und sie dann an die Arbeit geschickt.«
    »In dieser Reihenfolge?«
    »In dieser Reihenfolge.«
    »Und wie lange ist das jetzt schon her?«
    »Jahre. Jahrzehnte. Wir befinden uns in einem Gewirr, Korporal. Ich habe keine Ahnung, wie hier die Zeit vergeht.«
    Gesler grunzte. »Was haltet Ihr davon, wenn wir uns die Kabine des Kapitäns ansehen? Vielleicht gibt es dort ein Logbuch.«
    »Hm, und eine ›Alle-Mann-an-die-Ruder‹-Pfeife.«
    »Na klar. Wenn wir den Trommler verstecken, könnte ich Stürmisch hier runterschicken, um die Zeit totzuschlagen.«
    »Du hast einen boshaften Sinn für Humor, Gesler.«
    »Stimmt. Die Sache ist die: Stürmisch erzählt die langweiligsten Seefahrergeschichten der Welt. Ich tue jedem, der ihm von heute an begegnen wird, einen Gefallen, indem ich den Dingen ein bisschen Würze verleihe.«
    »Sag bloß nicht, dass du das ernst meinst.«
    Der Korporal seufzte. »Nein«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Ich würde niemanden dem Wahnsinn zum Fraß vorwerfen, Magier.«
    Sie kehrten aufs Hauptdeck zurück. Die anderen starrten sie an. Gesler zuckte die Schultern. »Da unten ist genau das, was man erwarten würde«, sagte er. »Das heißt, wenn man völlig wahnsinnig wäre.«
    »Nun«, erwiderte Felisin, »da sprichst du ja zum richtigen Publikum.«
    Kulp marschierte auf die Tür zu, hinter der die Heckkabinen lagen. Der Korporal steckte sein Schwert ein und folgte ihm. Hinter der Tür ging es zwei Stufen nach unten und dann in eine Kombüse. Mitten im Raum stand ein großer Holztisch. Gegenüber gab es eine zweite Tür, die zu einem schmalen Laufgang mit Kojen auf beiden Seiten führte. Am hinteren Ende war die Tür zur Kabine des Kapitäns.
    Die Kojen waren leer, aber überall lagen Habseligkeiten herum, die auf ihre Eigentümer warteten, die sie nun nicht mehr benötigten.
    Die Tür zur Kapitänskabine schwang mit einem lauten Quietschen auf.
    Trotz all dem, was sie bisher schon gesehen hatten, bot sich ihnen ein schrecklicher Anblick. Vier Leichen waren auf Anhieb zu sehen, drei davon in grotesk verkrümmten Stellungen, die auf einen plötzlichen Tod hindeuteten. Es gab keinerlei Anzeichen von Verwesung, doch es war auch kein Blut zu sehen. Was auch immer sie getötet hatte, hatte sie innerlich zermalmt, ohne ein einziges Mal die Haut zu

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