Das Reich der Sieben Städte
den nächsten vornahm. »Binde ein paar Fässer zusammen, Stürmisch. Das heißt, wenn du laufen kannst. Verteil das frische Wasser auf sie. Felisin, hol die Notrationen – das ist die Kiste auf dieser Seite vom Vorderdeck. Nimm das ganze Ding.« Baudin stöhnte auf, als der nächste Finger eingerenkt wurde. »Wahr, kannst du aufstehen und ein paar Bandagen holen?«
Wahr hatte erst wenige Augenblicke zuvor aufgehört zu würgen, doch jetzt stemmte er sich auf Hände und Knie hoch und begann, nach achtern zu kriechen.
Kulp warf Felisin einen Blick zu. Sie hatte sich nicht gerührt, als Gesler ihr seine Anweisung gegeben hatte, und schien sich gerade einige heftige Widerworte zu überlegen. »Komm, Mädchen«, sagte Kulp und stand auf. »Ich helfe dir.«
Stürmischs Befürchtungen, dass die Ripath kentern könnte, bewahrheiteten sich nicht; während sie sank, nahm die Schräglage allmählich sogar wieder ab. Der Rumpf war voll Wasser gelaufen, das jetzt aus der Bodenluke schwappte; es war dick wie Suppe und von blassblauer Farbe.
»Beim Atem des Vermummten«, sagte Stürmisch. »Wir sinken in Ziegenmilch.«
»Gewürzt mit Salzlake«, fügte Gesler hinzu. Er war mit Baudins Hand so gut wie fertig. Wahr gesellte sich zu ihnen, einen Kasten mit Verbänden in der Hand.
»Wir müssen nicht weit schwimmen«, sagte Felisin. Sie schaute nach steuerbord. Kulp stellte sich neben sie – und sah, was sie gesehen hatte. Keine fünfzig Armspannen entfernt trieb ein großes Schiff bewegungslos im dicken Wasser. Es hatte zwei Reihen Ruder, die jetzt reglos herunterhingen. Ein einzelnes Steuerruder war zu sehen. Es gab drei Masten. Der Hauptmast und der Vormast waren mit zerrissenen rechteckigen Segeln bestückt, während am Besanmast die zerfetzten Überreste eines Latein-Segels hingen. Es gab nicht das geringste Anzeichen von Leben.
Baudin, dessen rechte Hand jetzt ein unförmiger bandagierter Klumpen war, trat zu ihnen. Gesler war einen Schritt hinter ihm. Der einohrige Mann grunzte. »Das ist eine Dromone aus Quon. Noch aus vorimperialer Zeit.«
»Du kennst dich wirklich gut mit Schiffen aus«, sagte Gesler und warf Baudin einen scharfen Blick zu.
Baudin zuckte die Schultern. »Ich hab in einem Sträflingstrupp gearbeitet, und wir haben die Flotte der Republik im Hafen von Quon versenkt. Das war vor zwanzig Jahren – Dassem hat sie immer benutzt, um mit seinen Leuten zu üben ...«
»Ich weiß«, sagte Gesler, und sein Tonfall machte klar, dass er sein Wissen aus erster Hand hatte.
»Für ein Mitglied eines Sträflingstrupps warst du aber ziemlich jung«, sagte Stürmisch. Er hockte noch immer zwischen den Wasserfässern. »Wie alt warst du damals? Zehn? Fünfzehn?«
»So ungefähr«, erwiderte Baudin. »Und wie es dazu gekommen ist, geht dich nichts an, Soldat!«
Diesen Worten folgte eine lange Stille, dann schüttelte sich Gesler. »Bist du so weit, Stürmisch?«
»Ja, alle zusammengebunden.«
»In Ordnung; dann wollen wir mal rüberschwimmen, bevor unser altes Mädchen ihre letzte Reise zum Meeresgrund antritt. Es ist nichts gewonnen, wenn wir am Ende alle von ihrem Sog mit runtergezogen werden.«
»Mich macht das ganz und gar nicht glücklich«, sagte Stürmisch, während er die Dromone musterte. »Das ist so 'ne richtige Saufgeschichte, wie man sie sich um Mitternacht erzählt. Das Schiff da drüben könnte der Herold des Vermummten sein, es könnte verflucht sein, oder verseucht...«
»Es könnte die einzige Möglichkeit sein, auf Dauer trockene Füße zu behalten«, sagte Gesler. »Und was das andere angeht – denk an die Geschichte, die du erzählen kannst, wenn du das nächste Mal in einer Schänke hockst, Stürmisch. Sie werden sich vor Angst in die Hosen machen und zum nächsten Tempel rennen, um sich göttlicher Gnade zu versichern. Du könntest einen guten Schnitt machen, wenn du dich mit den Priestern zusammentust.«
»Nun, vielleicht hast du einfach nicht genug Hirn, um vor irgendetwas Angst zu haben ...«
Der Korporal grinste. »Ab ins Wasser, alle miteinander. Ich habe gehört, adlige Damen bezahlen für so ein Bad, wie wir es gleich nehmen werden, in Gold. Stimmt das, Schätzchen?«
Felisin antwortete nicht.
Kulp schüttelte den Kopf. »Du bist einfach nur froh, noch am Leben zu sein«, sagte er zu Gesler.
»Verdammt richtig.«
Das Wasser war kühl und merkwürdig glitschig, und es war gar nicht leicht, darin zu schwimmen. Hinter ihnen sackte die Ripath langsam ab; ihre Decks waren
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