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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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das, was sie jetzt trug, kein Wasser war. Sie waren in das Gewirr eines Wahnsinnigen geraten. Während er die Hände um die Ruderpinne legte, spürte er, wie sein eigenes Gewirr in das Holz hinabfloss und sich dort festsetzte. Das Schlingern und Stampfen nahm ab. Kulp grunzte. Er hatte keine Zeit, sich Gedanken zu machen – entsetzt zu sein erforderte schon seine ganze Aufmerksamkeit.
    Gesler kletterte nach vorn und packte Baudins Knöchel gerade noch rechtzeitig, bevor der große Mann über Bord gehen konnte. Als er zurückgezogen wurde, konnte man sehen, dass Baudin mit einer Hand Wahr festhielt – er hatte sich den Gürtel des Jungen um die Finger geschlungen. Die Hand war blutig, und Baudins Gesicht bleich vor Schmerzen.
    Die unsichtbare Woge unter ihnen rollte aus. Die Ripath schoss vorwärts in eine windstille Zone. Schlagartig wurde es still.
    Heboric kroch zu Stürmisch hinüber. Der Soldat lag reglos auf dem Deck, und erschreckend viel Blut strömte pulsierend aus seinem durchbohrten Schenkel. Noch während Kulp zusah, ebbte der Blutstrom ab.
    Heboric tat das Einzige, was er tun konnte; zumindest würde Kulp sich im Nachhinein so daran erinnern. In diesem Augenblick schrie der Magier jedoch eine Warnung – für die es allerdings schon zu spät war –, als Heboric eine geisterhafte, lehmverschmierte Hand direkt in die Wunde stieß.
    Stürmisch zuckte zusammen, gab einen bellenden Schmerzenslaut von sich. Die Tätowierungen flossen von Heborics Handgelenk und formten auf dem Schenkel des Soldaten ein glühendes Muster.
    Als der alte Mann seinen Arm wegzog, schloss sich die Wunde, und die Tätowierungen verbanden sich miteinander, als hätte man sie vernäht. Heboric krabbelte rückwärts, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
    Ein zischendes Seufzen drang über Stürmischs verzerrte Lippen. Zitternd und totenbleich setzte er sich auf. Kulp blinzelte. Er hatte gerade eben mehr gesehen als nur eine heilende Kraft, die Stürmisch von Heborics Arm zugeflossen war. Was immer es auch gewesen war, es war ansteckend und trug einen Anflug von Wahnsinn in sich. Mach dir später darüber Sorgen – schließlich ist der Mann am Leben, oder? Die Aufmerksamkeit des Magiers richtete sich auf Gesler und Baudin, die links und rechts neben dem lang ausgestreckt daliegenden, reglosen Wahr knieten. Der Korporal hatte den Jungen umgedreht, sodass er jetzt auf dem Bauch lag, und drückte rhythmisch mit beiden Händen, um das Wasser aus Wahrs Lungen zu bekommen. Nach wenigen Augenblicken fing der Junge an zu husten.
    Die Ripath lag tief im Wasser und hatte Schlagseite. Der gleichmäßig graue Himmel hing tief und schwach leuchtend über ihnen. Sie waren in einer Flaute; das einzige Geräusch, das zu hören war, stammte von dem Wasser, das irgendwo unter ihnen in den Rumpf des Bootes drang.
    Gesler half Wahr, sich aufzusetzen. Baudin, der noch immer auf den Knien hockte, hatte die rechte Hand in den Schoß gelegt. Kulp sah, dass sämtliche Finger aus den Gelenken gerissen worden waren; die Haut war aufgeplatzt und blutüberströmt.
    »Heboric«, flüsterte der Magier.
    Der Kopf des alten Mannes ruckte herum. Er atmete hastig.
    »Wendet Eure heilende Berührung bei Baudin an«, sagte Kulp leise. Wir wollen lieber nicht darüber nachdenken, was noch damit verbunden ist. »Wenn Ihr könnt...«
    »Nein«, sagte Baudin grollend, während er Heboric intensiv musterte. »Ich will nicht, dass dein Gott mich berührt, alter Mann.«
    »Die Finger müssen wieder eingerenkt werden«, meinte Kulp.
    »Das kann Gesler tun. Auf die harte Tour.«
    Der Korporal blickte auf, dann nickte er und trat zu Baudin.
    »Wo sind wir?«, meldete sich Felisin zu Wort.
    Kulp zuckte die Schultern. »Ich bin mir nicht sicher. Aber wir sinken.«
    »Das Boot ist leck«, sagte Stürmisch. »An vier, fünf Stellen.« Der Soldat starrte die Tätowierungen an, die jetzt seinen Oberschenkel bedeckten, und runzelte die Stirn.
    Felisin mühte sich auf die Beine. Sie streckte eine Hand aus, um sich an dem verkohlten Mast festzuhalten. Die Neigung des Decks hatte zugenommen“.
    »Sie könnte jederzeit kentern«, meinte Stürmisch, der noch immer seine Tätowierungen musterte.
    Kulps Gewirr schloss sich. Schlagartig erschöpft, sackte der Magier in sich zusammen. Er wusste, dass er sich nicht lange würde über Wasser halten können.
    Baudin stieß ein Grunzen aus, als Gesler den ersten Finger seiner rechten Hand wieder einrenkte. Der Korporal redete, während er sich

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