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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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unwillkommene Vereinigung?«
    Heboric schnitt eine Grimasse. »Die Tiste Andii haben diese Vereinigung für eine Schwächung des reinen Dunkels gehalten, und für die Quelle all des Übels, das sie in der Folge befallen hat. Wie auch immer, Gothos' Narretei ist das einzige Werk, in dem die Tiste Edur erwähnt werden. Es ist zufällig auch das älteste, das wir kennen.«
    »Gothos war ein Jaghut, nicht wahr?«
    »Ja, und der übellaunigste Schreiber, den zu lesen ich jemals das Missvergnügen hatte. Sagt mir, Kulp, was enthüllt Euch Euer Gewirr?«
    »Nichts.«
    Heboric warf ihm einen überraschten Blick zu. »Überhaupt nichts?«
    »Nein.«
    »Aber es sieht so aus, als ob sie sich in Stasis befinden würden – das Blut hier ist immer noch feucht.«
    »Ich weiß.«
    Heboric deutete auf etwas, das um den Hals des Kapitäns hing. »Da ist Eure Pfeife, falls wir etwas benutzen wollen, das sich unter Deck befindet.«
    »Entweder das, oder wir hängen hier fest und verhungern.« Kulp trat näher an den Leichnam des Kapitäns heran. An einem Lederriemen hing eine lange Knochenflöte, direkt neben dem Speerschaft. »Ich spüre auch an diesem Knochenröhrchen nichts. Vielleicht funktioniert es gar nicht.«
    Heboric zuckte die Schultern. »Ich gehe nach oben, um eine Nase voll von dem zu kriegen, was hier als frische Luft gilt. Nebenbei bemerkt ist das ein Barghast-Speer.«
    »Dafür ist er viel zu groß«, widersprach Kulp.
    »Ich weiß, aber für mich sieht er trotzdem wie einer aus.«
    »Er ist zu groß.«
    Heboric gab keine Antwort und verschwand durch den Lauf gang. Kulp starrte den Speer finster an. Er ist zu groß. Einen Augenblick später streckte er die Hand aus und nahm der Leiche behutsam die Knochenflöte ab.
    Als er auf das Hauptdeck hinaustrat, warf der Magier erneut einen Blick auf die Flöte. Er grunzte. Zauberei quoll jetzt förmlich aus ihr heraus. In der Kabine ist der Atem von Otataral. Kein Wunder, dass ihre Zauberei sie nicht schützen konnte. Er sah sich um. Stürmisch hatte sich am Bug aufgebaut; die allgegenwärtige Armbrust hing ihm über den Rücken. Baudin stand neben ihm und hielt seine bandagierte Hand umklammert. Felisin lehnte in der Nähe des Hauptmasts an der Reling. Sie hatte die Arme verschränkt und wirkte beängstigend kühl angesichts der Schädelpyramide, die sich fast zu ihren Füßen befand. Heboric war nirgends zu sehen.
    Gesler trat zu ihm. »Wahr klettert rauf ins Krähennest«, sagte er. »Habt Ihr die Pfeife gefunden?«
    Kulp warf sie ihm zu. »Haben wir uns schon für einen Kurs entschieden?«
    »Wahr wird sehen, was es zu sehen gibt, und dann werden wir uns entscheiden.«
    Der Magier legte den Kopf in den Nacken und beobachtete aus zusammengekniffenen Augen den Jungen, der geschmeidig die Takelage hinaufkletterte. Fünf Atemzüge später schwang sich Wahr ins Krähennest und verschwand aus Kulps Blickfeld.
    »Bei Feners Huf!« Der Fluch kam von oben, aus dem Krähennest, und alle, die sich auf Deck befanden, blickten erschrocken auf.
    »Wahr!«
    »Drei Strich Steuerbord voraus! Sturmsegel!«
    Gesler und Kulp rannten zur Steuerbordreling. Ein von Blitzen durchzuckter Fleck verunzierte den formlosen Horizont. Kulp zischte: »Dieser verdammte Magier ist uns gefolgt, der Vermummte soll ihn holen.«
    Der Korporal wirbelte herum. »Stürmisch! Schau nach, was noch von den Segeln übrig ist.« Ohne zu zögern, setzte er die Flöte an die Lippen und blies hinein. Es klang wie ein Chor von Stimmen, die ein tonloses Wehklagen ausstießen. Der Ton ließ die Luft kälter werden: das Jammern von Seelen, die weit über jede normale Folter hinaus gequält wurden, die Umwandlung von Schmerz in Geräusch. Es erstarb nur widerwillig, als Gesler die Flöte absetzte.
    An den Seiten des Rumpfs dröhnte Holz auf Holz, als die Ruder bereitgemacht wurden. Heboric stolperte aus der Ladeluke, seine Tätowierungen phosphoreszierten, und seine Augen waren weit aufgerissen, als er sich zu Gesler umdrehte. »Da habt Ihr Eure Mannschaft, Korporal.«
    »Sie sind aufgewacht«, murmelte Felisin und trat ein paar Schritte vom Hauptmast weg.
    Kulp sah, was sie gesehen hatte. Die abgetrennten Köpfe hatten die Augen geöffnet. Jetzt verdrehten sie sie, folgten Gesler mit ihren Blicken, als würden sie von einem einzigen grässlichen Mechanismus angetrieben.
    Der Korporal zuckte kurz zusammen, dann schüttelte er sich. »Ich hätte einen von denen gebrauchen können, als ich noch Sergeant auf dem Exerzierplatz

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