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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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einmal mehr bin ich ein Kind dieser Wüste. Einmal mehr ein Diener ihrer geheiligten Not.
    So wie der Wind und die Hitze den Sand und die Steine formten, so formte die Raraku alle, die sie kennen gelernt hatten. Sie zu durchqueren hatte die Seelen der Männer jener drei Kompanien, die später Brückenverbrenner genannt werden sollten, für immer gezeichnet. Wir hätten uns keinen anderen Namen vorstellen können. Die Raraku hat unsere Vergangenheit weggebrannt, hat alles, was vorher gewesen war, zu einem Pfad aus Asche gemacht.
    Er lenkte den Hengst eine Geröllhalde hinauf. Kieselsteine und Sand rutschten und purzelten durcheinander, als das Tier sich den Hang hinaufmühte, um wieder auf den richtigen Pfad entlang des Kamms zurückzukehren, der in sanfter Neigung westwärts in die Raraku hinabführen würde.
    Am Himmel glitzerten die Sterne wie Messerspitzen. Die ausgebleichten Kalksteinklippen schimmerten silbern im fahlen Mondlicht, als würden sie Erinnerungen an den Tag widerspiegeln.
    Der Assassine lenkte sein Pferd zwischen die zerbröckelten Fundamente zweier Wachtürme. Scherben und zerbrochene Ziegelsteine knirschten unter den Hufen seines Hengstes. Rhizan huschten flügelschlagend aus seinem Weg. Kalam spürte, dass er nach Hause zurückgekehrt war.
    »Keinen Schritt weiter«, warnte ihn eine krächzende Stimme.
    Lächelnd zügelte Kalam sein Pferd.
    »Ein dreister Auftritt«, fuhr die Stimme fort. »Ein Hengst von der Farbe des Sandes, eine rote Telaba ...«
    »Ich verkünde, was ich bin«, erwiderte Kalam leichthin. Er hatte herausgefunden, von wo die Stimme erklang – dort, aus den tiefen Schatten einer Doline, gleich hinter dem Wachturm zu seiner Linken. Eine Armbrust war auf ihn gerichtet, doch Kalam wusste, dass es ihm gelingen würde, sich unter dem Bolzen wegzuducken, den Hengst zwischen sich und den Fremden zu bringen und sich aus dem Sattel zu rollen. Zwei gut gezielte Messer in die noch etwas dunklere Gestalt inmitten der Schatten würden ihr Gespräch dann rasch beenden. Er fühlte sich entspannt.
    »Entwaffne ihn«, sagte die Stimme gedehnt.
    Zwei gewaltige Hände schlossen sich von hinten um seine Handgelenke und zerrten mit roher Kraft seine Arme nach hinten, bis er vor Wut fluchend über das Hinterteil des Hengstes gezogen wurde. Sobald er von dem Pferd freigekommen war, drehten die Hände ihn herum und warfen ihn mit dem Gesicht zuerst auf den geröllübersäten Boden. Der Aufprall trieb ihm die Luft aus den Lungen, und Kalam war hilflos.
    Er hörte, wie sich der Mann, der gesprochen hatte, aus der Doline erhob und näher kam. Der Hengst schnappte nach ihm, doch auf ein leises, sanftes Wort des Fremden hin beruhigte sich das Tier sofort. Der Assassine hörte, wie die Satteltaschen von seinem Pferd gehoben und auf die Erde gelegt wurden. Eine Klappe wurde zurückgeschlagen. »Ah, er ist es also wirklich.«
    Die Hände ließen Kalam los. Ächzend gelang es dem Assassinen, sich herumzurollen. Ein wahrer Riese von einem Mann stand über ihn gebeugt; sein Gesicht war so tätowiert, dass es wie zerborstenes Glas wirkte. Ein einzelner langer Zopf baumelte vor seiner linken Brust. Der Mann trug einen Umhang aus Bhederin-Fell über einem gepanzerten Gewand, das aus Venusmuschel-Schalen zu bestehen schien. Das hölzerne Heft und der steinerne Knauf irgendeiner Stichwaffe ragten unter seinem linken Arm hervor. Der breite Gürtel über dem Lendentuch des Mannes war auf seltsame Weise mit Dingen geschmückt, die für Kalam wie getrocknete Pilzhüte unterschiedlicher Größe aussahen. Der Fremde war mehr als sieben Fuß groß, jedoch so muskulös, dass er auch breit wirkte, und sein flaches, rundes Gesicht musterte Kalam ausdruckslos.
    Der Assassine kam allmählich wieder zu Atem und setzte sich auf. »Eine magische Stille«, murmelte er, in erster Linie zu sich selbst.
    Der Mann, der jetzt das Buch der Apokalypse in den Händen hielt, hörte das schroffe Flüstern und schnaubte. »Du bildest dir ein, dass kein Sterblicher so nahe an dich herankommen könnte, ohne dass du ihn hören würdest. Du bist davon überzeugt, dass Magie im Spiel gewesen sein muss. Du täuschst dich. Mein Gefährte ist ein Toblakai, ein entflohener Sklave aus Genabackis, vom Laederon-Plateau. Er hat siebzehn Sommer gesehen und eigenhändig einundvierzig Feinde getötet. Das da an seinem Gürtel sind ihre Ohren.« Der Mann stand auf und streckte Kalam die Hand entgegen. »Du bist in der Raraku höchst willkommen, Überbringer.

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