Das Reich des dunklen Herrschers - 8
waren, daß man sie von der übrigen Bevölkerung ihres Landes abgesondert und ins Exil geschickt hatte.
Kahlan legte ihr einen Arm um die Schultern. »Erinnerst du dich noch, wie du sagtest, du fühlst dich so allein in der Welt?«, versuchte sie Jennsen lächelnd aufzumuntern. »Jetzt brauchst du dich nicht mehr allein zu fühlen; es gibt noch andere wie dich.«
Unvermittelt hob Jennsen den Kopf und sah Richard an. »Das kann gar nicht sein. Man hatte eine Grenze errichtet, die sie an diesem Ort festhielt. Wären sie wie ich, hätte eine magische Grenze keinerlei Einfluß auf sie gehabt. Sie hätten das Land jederzeit verlassen können. In dieser unendlich langen Zeitspanne müßten doch wenigstens ein paar von ihnen in die Außenwelt gelangt sein - zumindest hätte die Magie der Grenze sie nicht daran hindern können.«
»Ich glaube, das stimmt nicht«, erwiderte Richard. »Erinnerst du dich noch an den seitwärts rieselnden Sand in dem Warnzeichen, das Sabar uns mitbrachte? Das war Magie, und trotzdem konntest du sie sehen. Erinnerst du dich an das Gebiet, das wir vor einer Weile passiert haben?«, fragte Richard. »Diese Gegend, wo so gut wie nichts wuchs?«
Jennsen nickte. »Ja, natürlich.«
»Nun, Sabar berichtete, er habe etwas nördlich von hier ein ganz ähnliches Gebiet passiert.«
»Stimmt«, warf Kahlan ein. »Es führte mitten hinein in die Wüste, zu den Säulen der Schöpfung - genau wie der Streifen, der uns aufgefallen ist. Die beiden dürften ungefähr parallel verlaufen.«
Richard vermerkte ihren aufkeimenden Verdacht mit einem Nicken. »Darüber hinaus endeten beide seitlich jenes Einschnitts, der nach Bandakar hineinführt. Sie lagen nicht sehr weit auseinander. Genau in diesem Gebiet befinden wir uns jetzt, in dem Geländestreifen zwischen diesen beiden Grenzen.«
Friedrich streckte den Kopf vor. »Aber Lord Rahl, das würde doch bedeuten, daß ein aus dem Reich Bandakar Verbannter nach Verlassen des Grenzgebiets zwischen den unsichtbaren Wänden dieser beiden Grenzen, die nur ein schmaler Landstreifen trennt, hier draußen gefangen wäre. Wohin sollte er sich denn wenden, wenn nicht…«
Friedrich schlug sich die Hand vor den Mund, drehte sich plötzlich nach Westen und richtete seinen Blick in die dunkle Abenddämmerung.
»Wenn nicht zu den Säulen der Schöpfung«, beendete Richard den Satz mit ruhiger Endgültigkeit.
»Aber … aber«, stammelte Jennsen, »willst du damit etwa sagen, jemand hat es absichtlich so eingerichtet und die beiden Grenzen so angelegt, daß jeder der aus Bandakar verbannt wurde, zwangsläufig dort landete - bei den Säulen der Schöpfung? Aber warum?«
Richard sah ihr lange in die Augen. »Um ihn auf diese Weise zu töten.«
Jennsen schluckte trocken. »Du meinst, wer immer diese Leute in die Verbannung geschickt hatte, wollte, daß jeder umkommt, der wieder aus dem Exil vertrieben wurde?«
»So ist es«, sagte Richard.
Kahlan raffte ihren Umhang enger um ihren Körper. Nach der langen unerträglichen Hitze konnte sie kaum glauben, daß das Wetter plötzlich umgeschlagen war und nun eine empfindliche Kühle herrschte.
Richard strich sich eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn und fuhr fort: »Nach dem, was Adie mir damals erzählte, müssen Grenzen einen Durchgang besitzen, damit die Ausgewogenheit auf beiden Seiten gewahrt bleibt und das Leben auf beiden Seiten sich angleichen kann. Ich vermute, die Bewohner der Alten Welt wollten den Verbannten eine Möglichkeit geben, sich ihrer Verbrecher zu entledigen, und haben ihnen deshalb von der Existenz des Passes erzählt. Andererseits wollten sie verhindern, daß ausgerechnet diese Personen auf den Rest der Welt losgelassen wurden. Verbrecher oder nicht, sie waren nicht mit der Gabe Gesegnete, also durfte man ihnen nicht erlauben, frei herumzulaufen.«
Kahlan erkannte sofort das Problem, das diese Theorie beinhaltete. »Aber alle drei Grenzen müssen einen Durchgang gehabt haben«, sagte sie. »Selbst wenn die beiden anderen geheim waren, bestand nach wie vor die Möglichkeit, daß ein durch den Einschnitt in den Bergen geschickter Exilant einen davon entdeckte und nicht durch das Tal der Säulen der Schöpfung zu fliehen versuchte, wo er umgekommen wäre. Somit bestand die Möglichkeit, daß sie trotz allem in die Alte Welt entkamen.«
»Hätte es tatsächlich drei Grenzen gegeben, wäre das sicher möglich gewesen«, gab Richard ihr Recht. »Nur glaube ich, so war es nicht. Meiner Meinung nach gab
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