Das Reich des Lichts
leben oder gestorben sind. Kann sein, dass sie etwas über deinen Vater wissen. Mehr kann ich euch nicht sagen.“
V
D IE N ACHT DES S CHRECKENS
D IE N ACHT WURDE von Blitzen und Donnern begleitet, die das Tal erzittern ließen. Das Gewitter entlud sich mit aller Gewalt über Teufelsfratze. Man konnte das Gefühl haben, es wolle das Dorf verschlingen.
Arturo und Crispín hatten mit gutem Appetit gegessen. Dédalus hatte einen schmackhaften Eintopf für sie bereitet. Nach dem Essen hatten sie sich in dem Stall eingerichtet, zusammen mit zwei Zugpferden, vier Kühen, ein paar Schafen sowie mehreren Hühnern und Enten. Außerdem leisteten ihnen zwei Hunde Gesellschaft, die sie nicht aus den Augen ließen.
„Schlafen wir, oder warten wir auf den Besuch der Bestien?“, witzelte Crispín.
„Ich lege mich schlafen, und du übernimmst die erste Wache“, antwortete Arturo. „Weck mich, wenn sie kommen.“
„In Ordnung, Herr. Dein treuer Knappe wird deinen Schlaf bewachen. Und wenn die Bestien kommen, werde ich sie höflich auffordern zu verschwinden, um deinen Schlaf nicht zu stören.“
Arturo überhörte Crispíns scherzhafte Bemerkung, ließ sich ins Stroh fallen, schlüpfte unter eine dicke Decke und versuchte einzuschlafen.
Crispín nahm seine unersetzliche Keule in die Hand und legte Pfeil und Bogen in Reichweite bereit. Dann unternahm er mehrere Kontrollgänge, wobei er keinen Punkt außer Acht ließ. Er war überzeugt, dass eine mögliche Gefahr vor allem vom nahen Wald drohte, dem dunkelsten Teil der Umgebung. Die Hunde, die ihn schweigend begleiteten, beobachteten alles durch den dichten Regenvorhang.
„Wenn ihr etwas seht, müsst ihr laut bellen“, flüsterte er ihnen zu, „auch wenn ihr das ganze Tal aufweckt. Wer sich in der Dunkelheitleise anschleicht, führt meistens nichts Gutes im Schilde. Das weiß ich aus Erfahrung.“
Die Nacht war bereits weit fortgeschritten, als die Stille und die heimelige Atmosphäre in der Nähe der Tiere bei Crispín zu wirken begannen. Seine Muskeln entspannten sich, und ohne es zu merken, schlief er ein.
Die nächtliche Stille, die nur hin und wieder durch fernes Donnergrollen gestört wurde, hüllte das Dorf ein. Es war, als gehörte es nicht zu dieser Welt. Die Nächte der Teufelsfratze schienen anders zu sein als an anderen Orten, genauso wie Amedia gesagt hatte.
Plötzlich fuhr Arturo aus dem Schlaf hoch und sprang auf. Er packte sein alchemistisches Schwert und starrte lauernd in die Dunkelheit.
„Was ist los?“, fragte er schlaftrunken. „Was geht hier vor?“
Crispín schlief wie ein Baum und hörte nichts. Er sah aus wie ein unschuldiges Kind, das man verzaubert hatte.
Arturo stolperte über etwas. Er beugte sich hinunter und stellte fest, dass es die beiden Hunde waren. Sie lagen tot im Schlamm. Da begriff er, dass es ihr letztes Bellen gewesen sein musste, das ihn geweckt hatte. Er war alarmiert.
Plötzlich trat ein Wesen in menschlicher Gestalt aus dem Regendunst hervor. Es war von einem hellen Lichtschein umgeben und trug ein Schwert am Gürtel.
„Bei allen Toten des Abgrunds!“, rief Arturo erschrocken aus. „Wer bist du? Was bist du? Was willst du?“
„Ich bin einer deiner Dämonen“, antwortete das Wesen in verführerischem, lockendem Ton. „Ich bin gekommen, um dich zu holen.“
„Ich habe dich nicht gerufen!“, entgegnete Arturo.
„Aber du kennst mich. Wir sind uns auf dem Weg zum Abgrund des Todes begegnet. Erinnerst du dich?“
„Das ist lange her. Geh weg! Ich habe dich nicht hergebeten!“
„Du tust es jede Nacht, Arturo Adragón. Du träumst von uns, du suchst uns und liebst uns. Du bist mehr tot als lebendig! Deine Gewissensbisse verfolgen dich!“
„Ich will nichts von euch wissen!“, rief Arturo.
„Aber nun sind wir hier“, sagte ein zweites Wesen und trat ebenfalls aus dem Dunst hervor. „So leicht wirst du dich nicht von uns befreien können.“
„Verschwindet von hier, bevor ich …“
„Was?“, fragte ein dritter Schatten.
„Willst du uns etwa drohen? Du träumst von uns, verleihst uns Leben, und jetzt willst du uns loswerden“, fügte ein weiterer Geist hinzu. „Komm, wir führen dich an einen Ort, an dem du deinen Schlaf finden wirst. Das Leben hat dir nichts mehr zu bieten. Wirf es von dir!“
„Haut ab!“, schrie Arturo.
Er spannte die Muskeln an und schwang sein todbringendes Schwert.
„Wir bringen dich zu Émedi und Alexia. Du wirst dich nie mehr von ihnen trennen müssen. Mit
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