Das Reich des Lichts
haben!“
„Dankbar? Dafür, dass ihr mich zum Krüppel gemacht habt? Jetzt muss ich von Almosen leben, niemand wird mir Arbeit geben!“
„Du bist undankbar“, sagte der Mann. „Ich hätte meinen Eid brechen und dich verbluten lassen sollen! Mach’s gut, leb wohl!“
Escorpio blieb allein auf der Pritsche zurück und grübelte über sein Schicksal nach.
„Ich will mit Arturo Adragón sprechen!“, fing er an zu schreien. „Ich will sofort mit Arturo Adragón sprechen!“
„Willst du wohl still sein?“, schimpfte eine Stimme. „Siehst du nicht, dass es hier Kranke und Verletzte gibt, die Ruhe brauchen?“
„Ich will mit Arturo Adragón sprechen! Sag ihm, Escorpio hat ihm etwas Wichtiges mitzuteilen!“
„Arturo wird nicht mit dir sprechen wollen“, sagte ein Mann, der an sein Lager getreten war.
„Ich kenne dich doch … Wer bist du?“, fragte Escorpio. „Wie heißt du?“
„Rías. Ich heiße Rías.“
„Kennst du Arturo Adragón?“
„Besser, als du meinst. Ich war dabei, als Königin Alexia und er sich zum ersten Mal gesehen haben. Ich habe ihm geholfen, in Demónika einzudringen. Wir sind Freunde.“
„Geh zu ihm und sag ihm, dass Escorpio ihm etwas Wichtiges mitzuteilen hat.“
„Ich arbeite hier, weißt du? Ich bin Gehilfe der Alchemisten, und kein Bote. Es gibt hier viele Verletzte, die meine Hilfe brauchen.“
„Ich gebe dir Gold“, versprach Escorpio, „viel Gold!“
„Ich glaube dir nicht. Du bist arm, und es ist nicht mal sicher, dass du morgen noch lebst. Du hast bei der Operation viel Blut verloren … Und jetzt werde ich mich um die anderen Patienten kümmern, wenn du erlaubst.“
„Ist ja gut … Wenn du willst, verrate ich dir, wo ein wertvoller Schatz vergraben ist …“
„Erzähl mir nichts von vergrabenen Schätzen.“
„Hast du mal was über die Goldkrone von König Benicius gehört? Ich weiß, wo sie ist! Wenn du tust, worum ich dich bitte, verrate ich es dir.“
„Nein, ich vertraue dir nicht. Du bist ein elender Verräter, der sich an den Meistbietenden verkauft! Ich weiß noch, wie du dich Demónicus, meinem ehemaligen Herrn, angeboten hast, bevor er starb.“
„Demónicus lebt!“
„Du bist verrückt. Die Beinamputation hat dich um den Verstand gebracht. Wir werden dich in die Irrenanstalt bringen müssen!“
„Warte, geh noch nicht weg“, flehte Escorpio. „Ich sag dir, wo die Krone ist … Komm näher, ich möchte nicht, dass es die anderen hören.“
Rías beugte sich unvorsichtigerweise zu dem Kranken hinunter. Bevor er merkte, was geschah, schlang Escorpio den rechten Arm um seinen Hals und drückte so fest zu, dass man die Wirbelknochen knacken hörte.
„Hör zu, du Idiot!“, zischte der Spitzel. „Wenn ich noch fester zudrücke, bist du tot! Dein Leben liegt in meiner Hand!“
„Was … willst du von mir?“, röchelte Rías.
„Ich will, dass du zu Arturo Adragón gehst! Versprich mir das!“
„Ja … ja … Ich verspreche es dir … Aber lass mich los, bitte!“
„Wenn du mich hintergehst, siehst du den morgigen Tag nicht mehr, das garantiere ich dir! Ich krieg dich, auch wenn ich nur noch ein Bein habe! Ich lass dich jetzt los, aber denk dran: Wenn du dein Wort nicht hältst, bring ich dich um! Wenn du tust, was ich dir sage, lasse ich dich am Leben und bezahle dich gut.“
„Einverstanden. Aber lass mich los! Ich tu alles, was du von mir verlangst.“
Escorpio drückte noch ein wenig fester zu, bis sein Opfer vor Schmerzen aufschrie. Dann lockerte er ganz langsam den Griff.
Rías taumelte ein paar Schritte zurück.
„Du bist wahnsinnig!“, sagte er und rieb sich den Hals. „Du bist vollkommen verrückt geworden!“
Der Alchemistenschüler verließ das Krankenzimmer. Escorpio schaute ihm hinterher. Er war sich sicher, dass Rías sein Wort halten würde. Angst ist das stärkste Motiv, das es gibt.
***
A RTURO WAR NOCH ganz benommen von dem dramatischen Kampf in der Grotte. Er konnte kaum glauben, dass er Graf Morfidio besiegt hatte. Doch irgendwie ging ihm das Schicksal seines Feindes zu Herzen. Bis jetzt war ihm nicht bewusst gewesen, dass das Unglück des Grafen ihn berührt und möglicherweise sein Leben beeinflusst hatte.
In gewisser Weise fühlte er sich seit jener Nacht im Turm von Drácamont mit ihm verbunden. Morfidio hatte ihn erdolcht, und es hatte sich erwiesen, dass er unsterblich war. Seitdem hatte sich sein Leben vollkommen verändert.
Seltsamerweise war einer seiner ärgsten Feinde
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