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Das Reich des Lichts

Das Reich des Lichts

Titel: Das Reich des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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zurückkommen!“, versicherte Crispín. „Glaub mir, früher oder später werden wir zurückkommen.“
    Herminio, Gramma und Amarae beobachteten, wie ihre Gäste in den düsteren Straßen von Coaglius verschwanden, eskortiert von den grausamen Soldaten des Säuberungstrupps. Dann trieben sie die Tiere in den Stall, und das Mädchen gab ihnen Futter.
    „Fresst“, flüsterte sie ihnen schluchzend zu. „Wenn sie zurückkommen, sollen sie sehen, dass wir uns liebevoll um euch gekümmert haben … falls es ihnen überhaupt gelingt, aus diesem verfluchten Schloss zu fliehen. Bisher ist noch nie jemand von dort zurückgekommen.“

X
    M EHR ALS EINE W AHRSAGERIN
    N ACH VIELEM H IN und Her habe ich mich entschlossen, noch einmal zu Estrella zu gehen, der Wahrsagerin, dir mir meine Zukunft vorausgesagt und mir ein Leben voller Leiden prophezeit hat. Oder besser gesagt, zwei Leben.
    Die Unterhaltung mit den beiden Psychologen hat mir geholfen, ein paar Dinge klarer zu sehen. Deswegen möchte ich jetzt noch einmal mit Estrella über ihre Prophezeiungen sprechen. Ich glaube, die Theorien von Vistalegre, Bern und Estrella haben einiges gemeinsam.
    Ich habe Metáfora gesagt, dass ich die Wahrsagerin besuchen will. Wir haben uns vor dem Haus verabredet, in dem Estrella wohnt. Als wir zum ersten Mal hier waren, vor mehr als einem Jahr, war das Haus eine einzige Baustelle. Jetzt ist kein Handwerker mehr zu sehen.
    „Hallo, Arturo“, begrüßt mich Metáfora, die gerade angekommen ist. „Willst du dir das wirklich noch mal antun? Weißt du noch, was sie dir damals vorausgesagt hat?“
    „Natürlich weiß ich das noch!“, sage ich ein wenig ungehalten. „Aber ich muss unbedingt mit ihr sprechen. Ich glaube, dass sich ein Teil ihrer Prophezeiungen bereits erfüllt hat. Ich befinde mich in einer Sackgasse.“
    „Also gut … Gehen wir!“
    Ich will die Tür öffnen, aber sie ist verschlossen.
    „Wir müssen klingeln“, sagt Metáfora. „Sie wohnt im dritten Stock, Tür E.“
    Ich drücke auf den Klingelknopf. Eine Männerstimme fragt, was wir wollen.
    „Wir möchten zu Estrella“, erkläre ich. „Vor ein paar Monaten waren wir schon mal hier.“
    Schweigen. Dann:
    „Wer sind Sie?“
    „Mein Name ist Arturo Adragón. Beim letzten Mal haben wir per Internet einen Termin gemacht. Diesmal hat es nicht geklappt.“
    „Ja, wir haben technische Probleme … Und was genau wollen Sie? Estrella hat Ihnen alles gesagt, was sie weiß.“
    „Ich muss noch einmal mir ihr darüber reden“, sage ich. „Ich möchte, dass sie mir bestimmte Dinge erklärt.“
    Schweigen.
    „Bist du der Junge, der nicht genug Geld bei sich hatte?“
    „Ja, das sind wir“, mischt Metáfora sich ein. „Estrella kennt uns. Wir sind sozusagen Stammkunden.“
    „Tut mir leid, aber Estrella empfängt niemanden“, lehnt die Männerstimme unsere Bitte kategorisch ab.
    „Warum denn nicht?“, fragt Metáfora. „Ich sage doch, wir sind Stammkunden!“
    „Das Büro ist geschlossen. Adiós.“
    „Diesmal haben wir genug Geld dabei!“, ruft Metáfora in die Sprechanlage. „Wir können den vollen Preis bezahlen!“
    Die Männerstimme schweigt.
    „Es dauert auch nicht lange, ich will ihr nur ein paar Fragen stellen“, verspreche ich.
    Mit einem Summton öffnet sich die Haustür.
    „Vielen Dank“, sage ich. „Wir kommen jetzt rauf.“
    Im Treppenhaus sieht es noch chaotischer aus als beim letzten Mal. Mehrere Fliesen haben sich gelöst, Kabel hängen von der Decke herab, Ziegelsteine stapeln sich auf dem Boden, Zementsäcke liegen neben Müllbeuteln.
    „Das volle Chaos!“, ruft Metáfora aus. „Offenbar sind die Bauarbeiten doch noch nicht beendet.“
    „Wahrscheinlich ist ihnen das Geld ausgegangen“, vermute ich. „Soll ja häufig vorkommen. Viele Baustellen bleiben aus Geldmangel halb fertig liegen.“
    Wir gehen die Treppe hinauf, wobei wir allen möglichen Hindernissen ausweichen müssen. Unterwegs stolpern wir über ein Bidet,eine kaputte Badewanne und noch andere Dinge. Es sieht aus wie auf einer Müllhalde.
    Im dritten Stockwerk wird uns geöffnet. Kaum sind wir in der Wohnung, knallt der Mann die Tür hinter uns zu. Im Korridor herrscht ein wildes Durcheinander. Offenbar hat Estrella nicht viele Kunden.
    „Hundert Euro, oder ihr könnt gleich wieder nach Hause gehen“, sagt der Mann und hält die Hand auf.
    Ich nehme den Schein aus der Hosentasche und lege ihn in die ausgestreckte Hand. Damit sind meine Reserven so gut wie

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