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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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Gesicht, eine lange, dünne Nase und Kinnbacken wie ein Nußknacker. Er hielt den Kopf unbeschwert hoch, hatte eine prahlerische Art zu gehen und fiel vor allem durch seine außergewöhnliche Größe auf. Nicht einer von uns hätte ihm auch nur bis zur Schulter gereicht; er war bestimmt an die zwei Meter lang. Es war merkwürdig, unter so vielen müden und traurigen Gesichtern eines zu sehen, das so voller Energie und Entschlußkraft war. Der Anblick war für mich wie ein wärmendes Feuer in einem Schneesturm. Ich freute mich deshalb, ihn zum Nachbarn zu haben, und noch mehr freute ich mich, als ich mitten in der Nacht nahe meinem Ohr ein Flüstern hörte und feststellte, daß er es fertiggebracht hatte, ein Loch in die Trennwand zu schneiden.
    >Hallo, Kumpel<, flüsterte er. >Wie heißt du und warum haben sie dich verknackt?< Ich antwortete und fragte ihn dann nach seinem Namen. >Ich bin Jack Prendergast<, sagte er,
    >und bei Gott, du wirst meinen Namen noch segnen, bevor wir auseinandergehen.< Ich erinnerte mich an seinen Fall, denn er hatte im ganzen Land ungeheures Aufsehen erregt, kurz bevor ich selbst verhaftet wurde. Er kam aus guter Familie, besaß viele Fähigkeiten, aber auch unheilbare Laster, und hatte mit einem genial erdachten Betrugsmanöver die führenden Londoner Kaufleute um immense Summen betrogen. >Aha, du erinnerst dich an meinen Fall?< fragte er geschmeichelt.
    >Sehr gut sogar<
    >Dann erinnerst du dich vielleicht auch noch an etwas Seltsames?<
    >Was sollte das gewesen sein?<
    >Ich hatte fast eine Viertelmillion, nicht wahr?<
    >So sagt man.<
    >Aber es wurde kein Penny gefunden, eh?<
    >Nein.<
    >Nun, was glaubst du, wo das Pulver steckt?<
    >Ich habe keine Ahnung<, sagte ich.
    >Genau zwischen meinem Daumen und Zeigefinger<, rief er aus. >Bei Gott, mir gehören mehr Pfund, als ich Haare auf dem Kopf habe. Und wenn du Geld hast, mein Lieber, und richtig damit umgehst, kannst du schließlich alles machen. Du glaubst doch wohl nicht, daß ein Mensch, dem alles möglich ist, lange diese Sträflingskleidung trägt. Lange werde ich bestimmt nicht mehr in diesem stinkenden Rattenloch zwischen Käfern und Ungeziefern in diesem alten, verrotteten Chinakahn hocken. Nein, ein Mensch wie ich sorgt anders für sich, und er sorgt gleichzeitig für seine Kameraden mit. Das darfst du dir ruhig merken, und du kannst dich drauf verlassen, daß er dich durchbringen wird.<
    So redete er daher. Zunächst glaubte ich natürlich nicht, daß viel dahinterstecke. Aber er prüfte und testete mich weiter. Schließlich ließ er mich einen heiligen Eid schwören, und dann begriff ich langsam, was er im Schilde führte. Sein Ziel, das er vor Augen hatte, war nicht gering, denn er wollte nichts weniger, als die Kommandogewalt des Schiffes an sich bringen. Er hatte den Plan bereits mit einigen anderen Gefangenen ausgeheckt, bevor sie an Bord gebracht worden waren.
    Prendergast war der Anführer und sein Geld die treibende Kraft.
    >Ich habe einen Partner<, sagte er, >einen wirklich guten Mann, treu wie Gold und mit viel Verstand. Was meinst du, wo er sich im Augenblick befindet? Ganz einfach, er ist der Priester hier auf dem Schiff, niemand weniger. Er ist in seinem schwarzen Habit an Bord gekommen, seine Papiere sind in Ordnung, und er hat Geld genug im Kasten, gleich den ganzen Kahn aufzukaufen, vom Kiel bis zu den Masten. Die Besatzung ist ihm mit Leib und Seele ergeben. Er hätte sie alle mit Mengenrabatt kaufen können, bevor sie noch hier angeheuert hatten, und genau das hat er getan. Er hat auch zwei der Wärter gewonnen und Merrer, den zweiten Offizier. Wenn er meint, daß ihm das etwas einbringt, dann kauft er auch den Kapitän auf.<
    >Wie wollen wir es anstellen?< fragte ich.
    >Wie denkst du dir die Sache?< fragte er zurück. >Ich denke, wir färben die Uniform der Soldaten rot - viel röter, als ein Schneider sie machen könnte.<
    >Aber sie sind doch bewaffnet!< wandte ich ein.
    >Wir werden ebenfalls bewaffnet sein, mein Sohn. Für jeden Sohn einer Mutter wird es ein paar gute Pistolen geben. Wenn wir nicht in der Lage sein sollten, mit diesem Schiff und seiner Besatzung fertig zu werden, dann wird es Zeit, daß wir in den Kindergarten zurückkehren und erst einmal zu lernen anfangen. Du könntest mit deinem Kumpel zur Rechten reden und herausfinden, ob man ihm trauen kann.<
    Das tat ich dann. Ich fand heraus, daß es sich um einen jungen Mann handelte, der in ähnlicher Lage war wie ich. Er hatte einige Papiere

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