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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nichts am Leib als die schwarze Badehose, die Ron ihm geschenkt hatte. Und er sah imponierend aus, wie er so auf sie zuschritt.
    Rons Mut sank. Von dem, was die Brüder miteinander sprachen, verstand er kein Wort. Er dachte nur noch an die Tabletten. Aber vor Afa eine zu nehmen, diese Blöße wollte er sich nicht geben.
    Afa lächelte nicht. Und der Satz: »Du willst in die Bucht?« kam kurz und schroff.
    »Ja.« – Ron war auf die Ablehnung gefaßt gewesen.
    Aber Afa sagte: »Gut. Ich komme mit.«
    »Eine Stunde?«
    »Gut. Eine Stunde. Nicht länger.«
    Auch auf der Fahrt zur Bucht blieb es dasselbe: Ein Wasser, grau wie Seide, ein Horizont, der nichts war als ein Nebelband aus verschiedenen schmutzigen Grau- und Weißtönen, das näher und näher rückte und aus dem sich eine einzige Wolke hochhob: Kein Keil wie zuvor – größer, bedrohlicher, etwas, das aussah wie ein gewaltiger grauer Blumenkohl.
    Gewitterwolken.
    Ein Sturm? Ohne Zweifel. Aber wer sagte, daß sich das Wetter die Insel ausgesucht hatte? Der Sturm konnte vorüberziehen. Und selbst wenn nicht – bis er hier war, würde viel Zeit vergehen.
    Ron hatte inzwischen das Schmerzmittel genommen. Zwei Tabletten, ›schwere Artillerie‹ nannte Hendrik das Dolantin. Um so besser! Es tat seine Wirkung. In seinem Arm war jedes Gefühl erloschen. Die Schmerzschranke funktionierte. Es schien, als schließe sich diese sonderbare, dichtgepreßte Schicht von Watte, die seine Schmerzen isolierte, auch um seinen Schädel.
    Als sie an Bord waren, holte Ron sich aus dem Thermobehälter eine Tasse Kaffee und trank sie hastig aus. Dann ging er in die Kabine und drückte die Taste des Stereogeräts. Ein Rock wäre jetzt vielleicht das beste, aber er hatte sich aus Papeete nur klassische Musik mitgebracht, und der Laserstrahl des Geräts fiel auf die CD-Aufnahme von Verdis Triumphmarsch zu Aida. Warum auch nicht?
    Er kletterte ins Cockpit hoch.
    Die Buchteinfahrt kam bereits in Sicht. – Die ›Paradies‹ schwenkte nach Backbord. Aus dem Lautsprecher donnerten Verdis Trompeten und Fanfaren, und dicht, keine zehn Meter entfernt, glitt die hohe, naßglänzende Wand vorüber.
    Das Wasser in der Bucht wirkte fast schwarz.
    Ron ließ den Anker fallen …
    In dem kleinen Rasierspiegel, der neben dem Cockpit-Kurzwellengerät angebracht war, sah Ron sein Gesicht. Doch eigentlich sah er nur die Augen. Und die lagen tief in blauschwarzen Ringen, und das Graugrün der Iris wirkte brennend und fremd. Das waren nicht seine Augen, aber dies war auch nicht sein Arm, nicht sein Körper. Im Grunde hatte alles nichts mit ihm zu tun. – Nur eines war es: Sein Tag! …
    Er schaltete das Radio ein. Die Betriebsanzeige leuchtete auf, doch im Gerät rührte sich nichts. Nur ein Rauschen war zu hören. Er kurbelte die Stationen ab. Nein, nichts …
    Verdammt, was war los? Ungläubig starrte er den kleinen grauen Kasten an, probierte es erneut, fluchte, schlug mit der gesunden Hand auf das Gehäuse, als könne er ihm so eine Stimme, wenigstens Musik oder sonst irgendein vertrautes Geräusch entlocken. Das Radio blieb stumm. Nur daß das Rauschen von einem Knattern abgelöst wurde. War der Kasten wirklich kaputt? Irgendein Scheißtransistor mußte durchgeschmort sein, was sonst?
    Gut, dann waren sie abgeschnitten von der Welt. Sind wir das nicht sowieso? dachte Ron.
    Noch einmal ließ er den Strich der Markierung wandern, wollte schon abschalten, als er eine undeutliche Stimme vernahm: »… BERICHTETEN , STREIFTE DIE VON DEM W IRBELSTURM AUSGELÖSTE F LUTWELLE DIE W ESTSEITE DER L ATE -I NSEL UND RICHTETE DORT , WIE DER L UFTWACHT -D IENST DER M ARINE MELDET , VERHEERENDE V ERWÜSTUNGEN AN … AUSSERDEM …«
    Außerdem – was? Er schob den Kopf so weit vor, daß seine Stirn das Gehäuse berührte. Nichts. N ULL . Z ERO … Nichts als ein Knattern, dieses Mal begleitet von einem ekelhaft an- und abschwellenden sägeartigen Ton.
    Er blickte hinaus zur See.
    Die riesige Wolke stand dort, wo er sie zuvor gesehen hatte. Sie schien nicht größer und nicht kleiner geworden zu sein. Eine gewaltige Kumulusbildung. Sah aus wie ein verdorbener Blumenkohl. Was bedeutete sie? Einen Hurrikan, was sonst? Du hast es doch gehört – Herrgott noch mal – ausgerechnet jetzt!
    Aber mußte der Hurrikan hierherkommen? Konnte er nicht vorbeilaufen oder noch weit, weit entfernt sein? Die Late-Insel lag mehr als dreihundert Kilometer von hier. Dreihundert Kilometer, was sind das schon für einen richtigen

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