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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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überlief. Ihre rechte Hand kam hoch, schmal, lang, kräftig – abwehrend. Er wußte es nicht, es war auch gleichgültig. Er schob sie einfach zur Seite, riß Tama an sich, küßte ihren Hals, die Schultern, sog den nassen Duft ihrer Haut in sich ein, drückte sie an sich wie ein Ertrinkender.
    »Ovaku, was ist denn mit dir?«
    »Ja, was wohl?«
    Er hob sie auf und trug sie hinüber auf die Lederbank, nicht sanft, nein, mit einer wilden, entrückten Entschlossenheit, die ihn selbst überraschte. Aber er wollte es. Jetzt … Ja, es war nicht der Wille, es war die Verzweiflung, aber er brauchte sie, brauchte sie wie nie zuvor.
    Er warf sie auf die Bank, die Augen noch immer geschlossen, und schob ihr mit dem Knie die Beine auseinander. Er spürte dabei, wie sich alles in ihr löste, wie alles nur noch Aufnahmebereitschaft war.
    »Ovaku … Ovaku … Nein …«, flüsterte sie.
    Aber nun, nun gab es nur ihn …
    ***
    »Ovaku?«
    »Ja?«
    »Ovaku, die Frauen bei euch, haben sie auch so helles, schönes Haar?«
    »Du hast schönes Haar, Liebling.«
    Kräftige Fingerspitzen hatte Tama, bei Gott. Sie hatte ihn in die kleine Sitzbadewanne der ›Paradies‹ gesetzt, nun fuhrwerkte sie in seinem Haar herum, drückte, massierte es, daß seine ganze Kopfhaut brannte. Seine Haare waren wichtiger als Hai und Bucht und alles, was geschehen war – und er war froh darum …
    Er schlug wild um sich. »Herrgott noch mal, Tama! Nicht die Augen, die Haare! Du tust mir ja direkt weh.«
    »Sorry, darling.«
    Er liebte ihr ›sorry darling‹. Und noch mehr liebte er, wie zart und fürsorglich sie nun mit dem Schwamm sein Gesicht abwusch. Mutter und Baby – genau so. Aber dieses Theater um seine Haare haßte er wie die Pest.
    Er versuchte die Augen zu öffnen. Es ging. Er konnte sogar sehen. Noch immer war sie nackt. Die indirekte Beleuchtung des Eigner-Bades der ›Paradies‹ umhüllte ihren Körper mit einem sanften, goldenen Schein. Er lächelte, als er an die Hütte dachte, die sie zuerst bewohnt hatten, Pater Emanuel Richards' Hütte.
    Solide Pfähle aus Hartholz, armdicke Äste als Querstreben, die Zwischenräume mit Flechtwerk aufgefüllt und mit Lehm beworfen. Schließlich kamen noch ein paar Lagen geglättete und geklopfte Palmblätter auf die Giebelkonstruktion, und fertig …
    In der Hütte hatte sie ihn immer in einen Holzzuber gesetzt und ihn mit dieser entsetzlichen Inselseife aus Kokosöl und Asche abgeschrubbt. Haare, Gesicht, Körper, alles, bis er nur noch jaulte. Abends aber strich der Wind angenehm und kühl durch die Fensteröffnungen, und sie waren glücklich …
    Daran dachte er, und dann an die paar Blätter mit der ausgebleichten Schrift des Paters: »Wer dies findet, sei gegrüßt und hoffe auf den Herrn …« Er kannte die Sätze auswendig: »Ein Jahr ist nun vergangen, ein schönes, fruchtbares Jahr. Sie haben beten gelernt und wie man ein Feld nutzbringend bestellt. Ich habe mit ihnen geschnitzt und geflochten und ihre Neugeborenen getauft. Aber eines Abends fragte mich der Häuptling: ›Wo ist eigentlich dein Gott, und was will er von uns?‹ Und ich wußte: Ich hatte das Jahr vertan. Vielleicht versagt deshalb mein Herz. Doch ich gehe schweren Herzens von hier. Ich war gerne unter diesen Menschen. Auch, wenn es mir nicht gelang, Gott zu ihnen zu bringen …«
    Armer Pater Richards! Ron stellte sich vor, wie er in der Hütte saß und dem quälenden Herzschlag lauschte, der ihn noch immer am Leben hielt … Zehntausende von Inseln gab es in der Südsee. Und wo immer Menschen ›zivilisiert‹ wurden, hatte sich das Christentum ausgebreitet. Kirchen und unzählige Sektenableger hatten Kapellen und ihre Missionen errichtet, sobald sie auf ein paar Eingeborenenhütten stießen. Die Tonganer waren zu neunzig Prozent ›christianisiert‹. Brüder und Pater hatten wirklich ganze Arbeit geleistet. Auf Tonu'Ata aber waren es drei Mann gewesen, die Pater Richards für den Inhalt des schwarzen Buches interessieren konnte … Vielleicht, daß Gott dem armen Pater zu wenig Zeit gegeben hatte. Vielleicht aber hatte er auch etwas anderes mit den Menschen der Insel vor.
    Auch Ron wollte hier leben. Und auch er war glücklich, wenn Glück Zufriedenheit bedeutet. Nur, daß er immer wieder, wie heute, in Gefahr geriet, alles in Frage zu stellen. – Aber ein Paradies ohne Probleme, gab es so etwas?
    Alles ertrank in wildem Gurgeln. Mit einem kräftigen unwiderstehlichen Schwung hatte Tama ihm den Kopf zwischen die Knie

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