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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch geregnet haben, nicht viel, denn die Pfützen waren schon wieder halb von der Sonne aufgesogen. Aber aus den Baumwipfeln stiegen Dampfschwaden. Die Blüten und Pflanzen im Garten schimmerten feucht. Am Fuß der Treppe lag Coral, die kleine weißbraune Hündin, die Tama vor vier Monaten aufgelesen hatte, und döste, die Beine genüßlich ausgestreckt, in der Sonne. Ja, die Welt war wieder in Ordnung, auch wenn das Außenriff vor den gewaltigen Gischtfahnen der Brecher, die dort anrollten, plötzlich ganz flach und geduckt anmutete.
    »Hat ganz schön gestürmt, heute Nacht.« Ron strich Papayamarmelade aufs Brot.
    »Nicht nur gestürmt. Auch Blitze. Und am Berg muß es eingeschlagen haben. Ich wollte dich schon wecken. Du hast dich nur umgedreht und so komisches Zeug gemurmelt. Und als du dann endlich richtig geschlafen hast, wollte ich dich nicht wieder wecken und ging selber raus, um den Strom abzuschalten.»
    »Toll. Gutes Kind, Tama.«
    »Das Wetter kam von Samoa herüber, sagte das Radio. Und was runterkam, prasselte ins Meer.«
    Er trank einen Schluck Kaffee und sagte: »Ich fahr' trotzdem raus. Kommst du mit?«
    Ihr Gesicht veränderte sich. Die Augen wurden groß und wachsam. »Zur Bucht?«
    Er legte das Messer weg und sah sie an. Dann legte er seine Hand auf ihre Hand und hielt sie fest. »Nein, Tama, das ist vorbei … Für alle Zeiten. Glaub mir …« Sie erwiderte nichts.
    »Aber das Dorf braucht Holz. Nach so einem Gewitter, da gibt's jede Menge Treibholz, abgebrochene Bäume und Äste, nicht nur in der Lagune. Auch draußen. Was hältst du davon? Machen wir einen Ausflug? Du kannst ja Lanei'ta fragen, ob sie mitkommen will.«
    »Die setzt heute Kartoffeln. Und außerdem will sie an Jacks Grab.«
    »Na schön, dann eben nur wir zwei. Es wird vielleicht ein bißchen schaukeln, aber was soll's.«
    »Was soll's, sagst du? Du bist ein … wie sagst du immer, ja, richtig, du bist ein Ignorant, Ovaku. Auf der ›Paradies‹ ist längst ein Großputz fällig. Und wie soll ich putzen, wenn alles wackelt?«
    »Du sollst nicht putzen«, grinste er, »du sollst es wackeln lassen. Und bei mir sein.«
    Draußen empfing sie eine Welt, die aussah, als habe Gauguin sie gerade gemalt: Ocker in allen Tönungen, Rosa, das Rot der Blüten, das Weiß des Muschelsands und das wilde Grün der Blätter. Dann all diese samtbraunen Menschenkörper …
    Leuchtend hell, in strahlendem Türkisgrün aber lag die Lagune. Sie lag ruhig und völlig unbeeindruckt von dem Aufruhr des Meers.
    An diesem Morgen zog Ron es vor, das Beiboot an die Davits zu nehmen. Das Wasser könnte es vollschlagen. Als er damit fertig war, zündete er sich erst mal im Steuerstand eine Zigarette an. Dann drückte er den Anlasser.
    Der Motor sprang an.
    »Seit drei Wochen ist das das erste Mal«, sagte Tama.
    ***
    Die Padres behielten recht: Stark im Glauben sein, auch wenn es aussichtslos erscheint, darauf kommt es an.
    Wie jetzt, zum Beispiel. In der Nacht rollten die verdammten Wellen haushoch heran, im Katamaran flogen alle Büchsen durch die Gegend. Und was für köstliche Büchsen das waren! Aber wer sollte, konnte bei diesem Aufruhr an Schlafen oder Essen denken? Tanoa kotzte, Lavuka fing sogar an zu heulen, die tapferen Fidschis – das waren vielleicht Seeleute! In die Hosen schissen die sich!
    Schließlich aber, die Leichen waren noch keine zwei Stunden über Bord, flauten die verfluchten Böen etwas ab, und man konnte den Katamaran auf Kurs halten.
    Als dann schließlich der Morgen heraufzog, geschah das eigentliche Wunder! Kyrie eleison! – Jawohl, die Geister der Nacht waren vertrieben, die Jungfrau hatte seine Gebete erhört! Weit voraus erschien ein kleiner Punkt auf den Wellenbergen, tanzte fast am Horizont. Und das konnte nur einer sein – der Franzose! Der Pai machte einen Satz vor Freude, und wieder einmal fiel ihm, wie immer bei solchen Gelegenheiten, der Psalm 126 ein: Wenn der Herr die Stadt nicht behütet, so wacht der Hüter umsonst.
    Der Herr hatte behütet.
    Da war er!
    Er hatte es doch gewußt. Hatte er nicht, selbst als es ganz schlimm wurde, stets dasselbe gedacht: Jesus hilft! Und dann: Ich krieg' dich!
    Der Franzose schwamm noch.
    Er war nicht abgesoffen, wie die anderen vermutet hatten, diese Kleingläubigen. Mitgenommen war er, das schon, im Fernglas konnte der Pai erkennen, daß der Sturm ihm in der Nacht den Mast geköpft hatte, aber er war noch vorhanden, zusammen mit der ganzen Ware, die er in Puerto de Refugio

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