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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte der Pai.
    Ma'afu hob die Flasche Whisky hoch, die er in der Bar gefunden hatte. Alles mögliche war da vorhanden. Den Vat 69 hatte er sofort erkannt. Doch der Pai warf das Foto des spanischen Königs auf die Bank, drehte sich um und hob den Zeigefinger.
    »Kein Whisky. Morgen. Nicht jetzt …«
    Als ob wieder einmal die Geister mit ihm verbündet seien, flammte es in dieser Sekunde blau durch die Fenster, und dem Blitz folgte wie ein mächtiger Paukenschlag sofort ein gewaltiges berstendes Donnern.
    Der Katamaran, der bisher trotz der höher gehenden See noch ganz manierlich im Wasser gelegen hatte, begann wild zu schaukeln.
    »Da seht ihr's. Euch wird das Saufen gleich vergehen.«
    Dann war es wie stets bei solchen Gewittern: In immer kürzerer Folge wuschen die Brecher über das Boot, und wenn die Salzwasserflut die Scheiben freigab, war nichts zu erkennen als Schnüre grau hämmernden Regens.
    Der Motor trieb das Schiff weiter. Immer neuen Wellenbergen entgegen …
    ***
    Oben im Cockpit hatte der Pai den Blick auf den Kompaß geheftet. Er hatte sich die Richtung des Franzosen auf der Kompaßanzeige gemerkt, er kannte sie bis auf den letzten Strich. Der Franzose würde also weiter in das Gewitter hineinfahren – und dann in die Nacht.
    Schön, er blieb an ihm dran! Ein Katamaran und ein Kopraboot, das war ein Unterschied wie zwischen einem Elefanten und einer Katze. Aber Schiff ist nun mal Schiff und See See, und morgen, wenn's hell wird und er nicht abgesoffen ist … – wenn wir, Halleluja, ein bißchen Glück haben, ja, dann haben wir ihn!
    Wieder das fahle Leuchten dort draußen. Diesmal kam eine ganze Serie von Blitzen. Donner ertränkte das Toben des Meeres.
    Und wir werden Glück haben, sagte sich der Pai und klammerte sich am Steuer fest. Um das Gleichgewicht zu halten, spreizte er die Beine etwas mehr. Und wenn ich die ganze Nacht hier stehe, verdammt noch mal! – Schuldbewußt sandte er seinen Flüchen schnell drei Ave-Marias hinterher.
    Dann brachte er den Kopf ganz nahe an die Cockpitscheibe.
    Dort draußen tanzt der Franzose sicher herum und hat die Positionslichter gesetzt, aber verrückt ist es, zu hoffen, du könntest die bei diesem Scheißwetter erkennen. – Und es würde noch schlimmer kommen! Viel schlimmer! Er mußte etwas dagegen unternehmen.
    »Osea, komm mal her.«
    Aus dem Klappstuhl im Cockpit löste sich ein Schatten, dann schob sich Oseas breites Gesicht in den fahlen Schein der Kompaßbeleuchtung. Eine Zigarre steckte ihm zwischen den Zähnen. Die hatte er unten in der Kajüte in einer Silberschatulle gefunden. Sie war ihm längst ausgegangen.
    »Paß auf, Osea. Siehst du die Nadel? – Achtzehn. Halt den Kahn möglichst immer auf achtzehn. Verstanden? Ich komm' gleich zurück.«
    Osea nickte nur. Er hielt die Klappe, wie meist, schon deshalb war er dem Pai am liebsten. Außerdem: Osea war der einzige der vier Kokosfresser, dem man in einer solchen Situation das Steuer anvertrauen konnte.
    Der Pai lief durch den Salon ans Heck.
    Als er die Schiebetür zurückzog, griff sofort der Sturm nach ihm. In den Wanten und der Takelage heulten tausend Teufel. Und dann kam das Wasser. Schon in der ersten Sekunde war er naß bis auf die Haut. Aus dem Zwielicht rollten die Brecher heran. Zu unterschieden, was nun See oder Regen war, das ihm da wie aus Kübeln ins Gesicht schlug, war ausgeschlossen. Zum Glück hatte einer seiner Leute ein Haltetau von einer Reling zur anderen gespannt.
    Keuchend und nach Luft schnappend hielt der Pai sich daran fest.
    Wieder ein Blitz. – Ein zweiter.
    Er duckte sich. Und da sah er sie nun.
    In diesem grellen, schrecklichen weißen Licht wirkten sie noch armseliger und verlorener als zuvor. Die Fahne mit der Königskrone hatte ihnen der Sturm längst von den Gesichtern gerissen. Ihre Kleider klebten schwarz an den verrenkten Gliedern. Die Gesichter aber schienen nur aus unnatürlich großen, aufgerissenen Augen zu bestehen.
    Nichts Toteres gibt's als Tote. Hitam, sein ehemaliger Chef, hatte das gesagt, kurz bevor es ihn selbst erwischte … Der Pai hatte den Satz oft gedacht und wiederholt.
    Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er etwas wie die Regung eines Gefühls: Die alte Frau, wie sie ihn angesehen hatte … Er klammerte sich fest, kämpfte um sein Gleichgewicht, fluchte das Ave-Maria, das sich ihm versagen wollte, als habe er es nie gelernt. Aber es war sowieso Schluß mit Ave-Marias und Paternoster! Deshalb war er schließlich nicht hier draußen

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