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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Margarineproduzenten einzusammeln. Und hier also, dicht vor seiner Nase, schaukelte eines dieser legendären Boote und brachte den Mann, der selbst längst Legende geworden war …
    Jetzt! Jetzt kam er aus seinem Verschlag von Steuerstand!
    »He! He, Schibe!«
    Tama stand auf den Zehenspitzen, ruderte mit beiden Armen in der Luft und lachte.
    »Werf ihm die Leine rüber, Tama.«
    Er hatte mit dem Ruder zu tun. Und der Mann dort? Rons Vorstellung hatte ihm Gilbert Descartes in allen Varianten entworfen – ein solcher Typ war nie darunter gewesen. Nein, ein Kerl mit einer Yul-Brynner-Glatze, Preisboxer- oder Kirmes-Ringerschultern, bekleidet mit einem zerrissenen roten Hemd, dessen Enden am Bauch verknüpft waren, und einer gestreiften, unter den Knien abgeschnittenen Clownshose – wer soll sich so etwas ausdenken?
    Zu dem Rundschädel auf den mächtigen Halsmuskeln gehörte ein gleichfalls rundes, fast faltenloses Gesicht mit einer winzigen Stahlbrille. Es war das Gesicht eines fetten, braungebrannten chinesischen Mandarins, aber auch ein wenig das Gesicht eines alterslosen Kindes. Der Bursche dort mochte so alt sein, wie er wollte, irgend etwas ging von ihm aus, das Ron an ein Kind erinnerte und ihm Descartes sofort sympathisch machte.
    Jetzt winkte er zu ihnen herüber: »He, Tama! Wie geht's dir? Was macht der große Häuptling?« Und das alles sagte er in fließendem Tongaisch.
    »Tápana wird sich freuen. Und wie, Schibe!«
    »Und Lanei'ta? Ist sie immer noch hübsch?«
    »Wirst du ja sehen, Schibe.«
    Ron gab wieder etwas Gas. Bei diesem Wellengang konnte es verdammt gefährlich werden, noch näher heranzugehen.
    Nun wußte er, was ihn an Gilbert Descartes am meisten beeindruckte: Der Kahlkopf mit der Brille hatte die ganze Nacht über einen Sturm durchlaufen, der ihm das halbe Boot zerklopft hatte ; er mußte also seit vierundzwanzig Stunden am Steuer stehen, von all den Problemen und der ganzen Arbeit, die ihm das Wetter aufgehalst hatte, abgesehen: Der Mast gebrochen, die Maschine offensichtlich gleichfalls im Eimer, eine Lenzpumpe, die pausenlos Dreckwasser spuckte. Und was war? Er lachte und freute sich, als hätte er einen Sonntagsausflug bei strahlendem Wetter hinter sich.
    »Wo hast du denn diesen Luxusdampfer her, Tama?« schrie er gerade. »›Paradies‹ heißt er auch noch! Ist Tonu'Ata jetzt ein Paradies für Millionäre – oder was?«
    »Wirf endlich die Leine, Tama.« Ron kämpfte noch immer um den Abstand zwischen den beiden Schiffsrümpfen. Außerdem, die Frage gefiel ihm nicht. Überhaupt nicht.
    Er nahm das Mikrophon, um über den Lautsprecher Kontakt aufzunehmen und kam sich prompt komisch dabei vor. Kaum war dieser Bursche aufgetaucht, jagte er ihm Komplexe ein. Lächerlich!
    »Descartes! Hier gibt's keine Millionäre. Aber im Augenblick haben Sie wohl andere Sorgen. Sie wurden ja ganz schön durchgebeutelt.«
    »Na, es gab schon Schlimmeres.«
    Descartes brauchte keinen Verstärker, ihm reichten die beiden mächtigen Hände, die er, zu einem Trichter geformt, an den Mund hielt. Und vielleicht hätte er auch auf sie verzichten können: Seine Stimme, ein dunkler Bariton, entsprach dem Ausmaß seines Brustkorbs. »Und wer sind Sie, Skipper? Ist ja ein tolles Ding, das Sie da fahren.«
    »Ich heiße Edwards. Ron Edwards. – Was ist mit Ihrer Maschine los?«
    »Im Eimer ist die noch lange nicht. Ich, glaube, es ist die Dichtung. Krieg' ich wieder hin. Und in der Zwischenzeit komm' ich mit dem Segel weiter. Den Mast kann ich bei euch richten. Das Segel jedenfalls ist heil geblieben.«
    »Über den Motor reden wir, wenn wir in der Lagune sind. Jetzt machen Sie mal die Leine fest. Ich schleppe Sie rein.«
    »Ai-ai, Skipper! D'accord.« Der Glatzkopf hob die Hand und winkte vergnügt. Als die ›Ecole‹ endlich ruhig in der Lagune lag und verankert war, hielt Ron seine ›Paradies‹ mit dem Bootshaken fest, damit Descartes an Bord kommen konnte.
    Erst jetzt sah er, daß der andere hinkte. Er turnte zwar geschickt wie ein Affe herüber, aber mit dem Bein war irgendwas nicht in Ordnung. Das Knie schien versteift. Na ja, wenn er diesen alten Eimer allein durch den Sturm gesteuert hatte, spielte ein kaputtes Kniegelenk wohl auch keine Rolle.
    Sie schüttelten sich die Hand. Descartes blinzelte ihn aus braunen, freundlichen, amüsierten Augen an. »Ehrlich: Mit Ihnen habe ich nicht gerechnet.«
    »Aber ich mit Ihnen. – Und das seit drei Jahren.«
    »So lange sind Sie schon hier?«
    »Zwei Jahre

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