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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weil jeder Mensch einen anderen Menschen braucht, dem er solche Dinge erzählen kann, auch ich.« Ron versuchte zu lächeln, doch die aufglühenden Schmerzen ließen es nicht zu. »Vielleicht auch, weil ich einen meiner üblichen Anfälle von Schwachsinn habe.«
    »Vielleicht«, sagte Hendrik grimmig. »Aber das ist nicht alles … Wieso kommst du nicht mit dem Rest heraus? Wann sagst du endlich: Hendrik, komm mit mir! Meine Leute brauchen dich.« Er schrie es fast. »Jawohl, wieso sagst du nicht: Du hast doch von Pangai die Nase voll, Hendrik. Du suchst doch was Neues. Hier, ich hab' es! Ich öffne dir mein Paradies. – Warum nicht?«
    Ron schaffte sein Lächeln. Er legte den Kopf gegen die Genickstütze: »Gut, Hendrik. Ich öffne dir mein Paradies. – Komm mit!«
    »Und ich akzeptiere.« Hendrik Merz lachte. »Und noch was: Ich weiß ja nicht, was du bei Burn Philp wieder vorhast. Ich weiß nur eines: daß du es drauf anlegst, meine Arbeit zu ruinieren. Und das waren fünf schweißtreibende Stunden Operation, du verdammter, sturer, verrückter Hund! – Trotzdem, jetzt nehmen wir erst mal einen Schluck. Da drüben ist 'ne Bude, die ich kenne. Wir brauchen ja nicht reinzugehen. Ich hole uns was. Darauf kippen wir einen, auch am Vormittag. Was willst du lieber Bier oder Whisky?«
    »Beides«, grinste Ron. »Auch wenn's nicht zusammenpaßt …«
    ***
    Eisen brauchte er! Nicht Aluminium, zolldicke Eisenstäbe, stark genug, daß sich jeder Haikiefer die Zähne daran ausbrach.
    Es war schwierig, mit einem bandagierten, geschienten Arm im Bett sitzend eine Skizze anzufertigen. Und nun mußte er sie auch noch ändern. Aber schon aus Gewichtsgründen mußte der Käfig kleiner werden, wenn er Eisenstäbe verwendete.
    Es klopfte. Der Polizeibeamte in der frischgebügelten Khakiuniform, der hereinkam, war jung, sehr jung sogar. Er hatte ein beinahe kindliches Gesicht mit einem entwaffnend freundlichen Strahlen darauf. Er stellte eine verschrammte Kunstleder-Aktentasche auf den Tisch des Krankenzimmers und holte mit wichtiger Miene ein paar Blätter heraus.
    Es waren Phantomzeichnungen.
    Sie waren ziemlich unbeholfen und trotzdem nicht schlecht genug, als daß Ron nicht sofort den Anführer der Bande wiedererkannt hätte – diesen schmalen kleinen Malaien, der damals auf dem Dorfplatz mit der MP herumfuchtelte, in die Palmen knallte und dann Menschen tötete …
    Für einige Herzschläge kam wie in einer Wolke von schrecklichen Bildern die Erinnerung an die Nacht zurück: Die Feuer, die das Dunkel erhellten. Die Schlange der Frauen vor Tápanas Haus. Die toten Kinder …
    Und hier? – Das Gesicht mit dem breiten Schädel und den Kraushaaren? Das war der Mann, der mit feuerndem Gewehr aus dem Rauch und dem Aufruhr auf sie zustürmte – ja, das war der Bursche, der ihn hatte umlegen wollen und es um ein Haar geschafft hätte!
    Ron atmete tief durch.
    »Wissen Sie, Officer, ich würde Ihnen ja gerne helfen, aber eine Identifizierung ist für mich schwierig. Die Leute, die das Schiff überfielen, trugen Gesichtstücher. Das habe ich bereits Inspektor Tagalo gesagt. Ich hatte eine Pistole. Drei von den Banditen fielen ins Wasser. Die anderen beiden haben wir hinterhergeschmissen. Vielleicht können sie das nicht verstehen – aber wir hatten keine besondere Lust, sie an Bord zu behalten, um uns die Gesichter zu merken.«
    Es war der einzig wahre Satz. Und er galt noch immer. Er hatte keine Lust, sich mit diesen Visagen länger die Erinnerung zu vergiften. Das war Vergangenheit.
    Als der Beamte gegangen war, zündete sich Ron eine Zigarette an und überlegte: Hast du einen Fehler gemacht? – Nein! Jede Identifizierung kann neue Verhöre, neue Protokolle nach sich ziehen. Hier gibt's nur eines: So bald wie möglich verschwinden! Hendrik hat bereits gekündigt. Gilbert ist seit zwei Wochen weg. Sicher hat er alle Hände voll zu tun, seine ›Ecole‹ klarzubekommen, und für die Fahrt geht sowieso beinahe eine Woche drauf … Aber es wäre verdammt besser, wenn die ›Paradies‹ bald am Pier von Pangai festmachen würde. – Ohne das Schiff fühlte Ron sich hilflos und ausgeliefert.
    »Wollte der Polizist zu dir?« – Hendrik stand im Zimmer.
    »Ja. Und ich bin froh, daß er wieder weg ist. Und noch froher wäre ich, wenn ich selbst endlich Leine ziehen könnte. Wie lange, glaubst du, wird das dauern, bis ich mich wie ein normaler Mensch bewegen kann?«
    »Bewegen? Noch eine Woche. Aber den Arm gebrauchen … das läßt sich

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