Das Riff der roten Haie
schwer voraussagen.«
»Zwei, drei Wochen?«
»Zwei, drei Monate … Und so lange bleibst du auch besser hier.«
Es war, als habe ihn ein Faustschlag in die Magengrube getroffen.
»Geht nicht, Hendrik. Unmöglich!« Er fuhr hoch und bekam prompt die Quittung – scharf, hart wie ein Messerstich. »Trotzdem …« Er murmelte es gegen den Schmerz. »Versuch's doch zu verstehen, Hendrik: Der Polizist wollte, daß ich bei der Identifizierung dieser Bande helfe. Er brachte Phantombilder an. Ich habe ihm gesagt, die hätten alle Gesichtsmasken getragen.«
»Aber wieso?«
»Wieso, wieso … Verstehst du denn nicht? Die Polizei wird wiederkommen. Und sie wird immer blödere Fragen stellen. Die Presse wird sich melden … Noch bin ich für die nichts als ein durchreisender Amerikaner, dazu noch einer, dem sie dankbar sein können … Aber wie lange noch? Wir müssen weg, Hendrik!«
»Nun beruhige dich!«
»Wie denn? Überleg dir das doch … Weiß der Teufel, auf was für Ideen sie noch kommen. Irgendwie bin ich für die nicht koscher. Darin liegt die Gefahr.« Tama! dachte Ron. Noch ein Problem … Sie werden nach ihr fragen. Ich werde sie sofort instruieren müssen, wenn sie ankommt. Und es ist ja nicht Tama allein. Es gibt noch so vieles in Burn Philps Lager zu tun … Ich brauche einen zusätzlichen Elektromotor, vielleicht noch ein Übersetzungsgetriebe, um den Haikäfig zu Wasser zu lassen. Den Käfig können wir in Tonu'Ata zusammenschweißen … Was noch? Ein Unterwassertelefon zur Verständigung von Bord hinab zum Käfig wäre ideal. Aber so etwas ist nicht einmal bei Burn Philp zu finden. Vor allem: Das verdammte Geld! Wenn du hier herauskommst, kannst du die Hälfte deines Besitzes für den Krankenhausaufenthalt auf den Tisch legen. Was bleibt dann noch übrig … Sicher, die Perlen warten auf dich in ihren Austern. Aber bis ihr Wert schön sauber in Dollars gebündelt vor dir auf dem Tisch liegt, können Monate vergehen …
Nicht nur Arm und Rücken, auch der Kopf schmerzte.
»An was denkst du?« wollte der junge Chirurg wissen.
»Hast du eine Ahnung von Haien, Hendrik?«
»Ich? Warum? O ja … Ich habe beim Tauchen sogar Fotos von ihnen geschossen. – Wieso?«
Ron erklärte. Und während er sprach, fragte er sich, was wohl Tama dazu sagen würde, wenn sie dieses Gespräch mithören könnte. Nein, daran dachte er jetzt besser nicht …
Hendrik Merz schüttelte den Kopf. »Es geht dir nicht um Haie, Ron, sondern um Dollars.«
»Daran muß ich ja denken! Die Einrichtung deiner Station wird ganz schön was kosten! Ich denke daran, wieviel allein die Anschaffung eines Röntgengerätes verschlingen wird. Von dem notwendigen Grundstock an anderen Geräten und Medikamenten gar nicht zu reden. Sechstausend, hast du gesagt, ist allein der Preis für einen dämlichen Sterilisator.«
»Und die Dollars willst du auf dem Meeresgrund holen? In deiner berühmten Haibucht?«
»Wenn du mir dabei hilfst.«
Hendrik Merz wedelte mit der Hand. Es lag keine Ablehnung in dieser Bewegung, es war eher Staunen, Bewunderung – und Mißbehagen.
»Es geht, Hendrik, glaub mir.«
»Natürlich … Wie denn nicht? Du gehst mit deinem frischgenagelten Arm da runter, und wenn einer deiner Haie kommt, ziehst du dir halt den Kürtschner-Nagel aus dem Oberarm und steckst ihn dem Vieh ins Maul. Ich hab' mir schon jede Menge Unsinn anhören müssen, aber das schlägt alles. Du bist verrückt!«
»Und ich habe das zu oft gehört, um daran zu glauben. Der Arm heilt aus, bis wir unseren Käfig und den ganzen Klumpatsch, der dazugehört, zusammenhaben.«
»Ich bin aber kein Schweißer und Unterwasser-Ingenieur. – Ich bin Chirurg.«
»Mach dir darüber keine Sorgen. Ich hab' mir für solche Sachen auf der Insel ein paar Leute heranzogen.« Noch immer hielt Hendrik Merz den Kopf schief. Und noch immer war dieser ungläubige Ausdruck in den schmalen Augen. »Für dich ist es so sicher wie das Amen in der Kirche, daß der Knochen ausheilt, ja? Langsam glaub' ich's auch. Die Drainage können wir bald rausnehmen. Aber sonst – mein Gott, was bist du für ein Spinner! Und jetzt hast du mich auch noch angesteckt …«
»War ja auch meine Absicht«, versicherte Ron grinsend. »Von Anfang an!«
***
Zufrieden schob Ron mit seiner Sandale eines der schweren, zolldicken Eisenrohre zur Seite.
Er hatte keine Ahnung, wie ein Haikäfig aussehen könnte. Und er konnte niemand fragen. Den Gedanken, so ein Ding zu bauen, hatte ihm sein
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