Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Sie taucht nicht mehr auf. Es gibt sie nicht mehr.«
    Das Gesicht vor ihm blieb glatt und ausdruckslos wie zuvor. Tagalo deutete auf die Brustseite seiner ausgebeulten Jacke: »Ich habe mir erlaubt, Ihre Erklärung mit dem Taschen-Tonbandgerät aufzunehmen. Sie werden noch ein Protokoll zu unterschreiben haben, Mr. Edwards. Im übrigen haben Sie recht: Falls das alles stimmt« – zum ersten Mal produzierte er ein Lächeln, und Ron konnte erkennen, daß er über strahlend weiße, kräftige Zähne verfügte –, »falls es sich wirklich so verhält, dann verdienen Sie einen Orden.«
    Noch Sekunden später starrte Ron auf die Tür, die hinter ihm zugefallen war. Benommen fühlte er sich, schlapp wie ein ausgewrungenes Handtuch. Der ›gutgläubige Amerikaner‹, der zusammen mit einem Ex-Legionär eine Piratenbande an Bord im Alleingang erledigt? – Er versuchte sich vorzustellen, wie sich so etwas in einem Polizistenhirn reimte. Es gelang ihm nicht.
    Es war ein Riesenfehler, nein, sein üblicher sentimentaler Schwachsinn gewesen, Tama die Reise nach Pangai zu versprechen. Trotzdem: Er fühlte sich außerstande, es rückgängig zu machen. – Er wollte, mußte Tama sehen!
    Aber eine neue, unangenehme Empfindung wurde stärker und stärker: Das Gefühl, auf einer tickenden Zeitbombe zu sitzen. Er mußte hier weg! Und das so schnell wie irgend möglich.
    Aber zuvor gab es noch eine Menge zu tun …
    ***
    Die nächsten beiden Wochen verflossen für Ron Edwards wie im Traum. Auch später hatte er Schwierigkeiten, sich an die Einzelheiten zu erinnern.
    Schon in der darauffolgenden Nacht hatte sich Gilbert mit der ›Paradies‹ im Dunkeln und wie ein Dieb vom Pier von Pangai losgemacht, um Kurs auf Tonu'Ata zu nehmen.
    Den ganzen Nachmittag hatten sie über der Seekarte gebrütet, Peildaten und Geschwindigkeiten festgelegt, die es Gilbert ermöglichen sollten, direkt und ungefährdet die Insel zu erreichen.
    Als Ron sich zum ersten Mal einigermaßen sicher auf den Beinen fühlte, betrat er die riesige Stahl- und Wellblechkonstruktion, in der er noch so viele Stunden verbringen würde: Die Haupthalle des Warehouse von Burn Philp. Über Burn Philp, diesen australischen Superkonzern, konnte man erzählen, was man wollte, eines stand fest: Was der Mensch in der Südsee zum Leben und Überleben brauchte – hier war es zu finden. Und einiges mehr …
    Wichtiger als diese Entdeckung aber war das Gespräch mit Hendrik Merz, das er am selben Morgen führte.
    Hendrik hatte ihn zu Burn Philp nach Pangai gefahren, den üblichen strafend-bedenklichen Arzt-Grimm im Gesicht.
    Sie hatten viel miteinander gesprochen in der letzten Zeit. Wann immer es die Zeit erlaubte, saß Hendrik Merz in Rons Zimmer und lauschte mit einem ungläubigen, fast kindlichen Staunen im Gesicht der Geschichte, die Ron erzählte.
    Es war die Geschichte von Tonu'Ata – so gut Ron sie kannte. Es war dazu seine eigene Geschichte, und es kamen all die Erlebnisse dazu, die die Folge jenes Tages waren, an dem er am Korallenriff von Tonu'Ata gestrandet war. Das erste Mal sprach er vollkommen rückhaltlos zu einem Menschen, der nichts von der Insel wußte, erzählte alles, was in den letzten drei Jahren geschehen war.
    Er hatte seinen Grund, das schon – aber es tat auch gut …
    An diesem Morgen berichtete er Hendrik von seinen Versuchen, den Menschen auch bei medizinischen Notfällen zu helfen.
    »Was war das?« Ron fluchte. – Hendrik hatte unwillkürlich auf die Bremse des alten Renaults gedrückt. Jetzt starrte ihn der Arzt fassungslos von der Seite an.
    »Eine Steißlage, sagst du? Mensch, du spielst auch noch den Geburtshelfer? Bei einer Steißlage, da kriegen manchmal erfahrene Gynäkologen Bammel. Und du? Du hast doch keine Ahnung.«
    »Was sollte ich tun? Keine Ahnung? Natürlich habe ich keine Ahnung! Alles hab' ich mir in den klugen Büchern zusammengelesen, die ich mir in Papeete besorgte. Wie würdest denn du dich in einer solchen Lage verhalten?«
    »Drehen«, sagte Hendrik abwesend.
    »Klar. Drehen. – Hab' ich doch versucht! Aber ich schaffte es nicht.«
    »Und?«
    »Sie starben beide. Die Mutter an Herzversagen. Aber das Kind war vielleicht schon vorher tot. Ich hoffte es geradezu. Die Nabelschnur hatte sich um seinen Hals gewickelt.«
    Hendrik brachte den Renault wieder in Fahrt, gab Gas, stöhnte: »Mein Gott, wenn ich mir überlege …« Überleg dir doch mal! dachte Ron. Nur zu!
    »Warum erzählst du mir das eigentlich?«
    »Warum? Vielleicht,

Weitere Kostenlose Bücher