Das Roemische Imperium
Nur Ravenna und Rom sowie schmale Küstenstreifen verblieben noch in oströmischer Hand. Die neuen Herren verhandelten auch gar nicht mehr mit dem Staat, sondern mit der Kirche, der eigentlichen Macht im Lande, wie besonders deutlich wurde, als 590 Gregor I. der Große den Stuhl Petri bestieg und 14 Jahre lang amtierte. Ihm gelang es, die Langobarden zum katholischen Glauben zu bekehren und damit eine Verbindung zum ebenfalls schon seit 498 katholischen Frankenreich in Gallien herzustellen; die Westgoten in Spanien folgten dem Beispiel wenig später.
Neues Zeitalter
Mit zunehmendem weltlichen Einfluss von Papst und Kirche im Westen wuchs die Kluft zum Osten, wo der Kaiser Kirchenherr blieb. In den Augen der Westkirche dagegen war er allenfalls der oberste Gläubige und als solcher der geistlichen Leitung des Papstes unterworfen. An diesem Konflikt sollte die Einheit der Kirche zerbrechen. Auch rituell ging der Westen eigene Wege. Gregor gab dem katholischen Gottesdienst die im Wesentlichen noch heute gültige Form und ließ ihn durch den Gesang der Priester (
cantus choralis
, daher „Choral“) in einförmigem Takt, dem sogenannten
cantus firmus
, begleiten, woraus sich der „gregorianische Gesang“ reich entwickelte. Geistlichkeit und Mönchtum sorgten für die Tradierung antiker Bildung, sofern sie mit dem christlichen Glauben harmonierte. Der oberste Pontifex (
pons
= Brücke,
fex
von
facere
= machen) wurde damit ganz im Wortsinn zum Brückenbauer in eine neue Epoche der Weltgeschichte, die wir Mittelalter nennen.
Engelsburg
Ganz nach dem Vorbild des Mausoleums für den ersten römischen Kaiser Augustus ließ sein über ein Jahrhundert jüngerer Nachfolger Hadrian seinen Grabbau in Rom gestalten. Noch sechs weitere Herrscher fanden im so genannten Hadrianeum die letzte Ruhe. Später wurde es kirchlich umgenutzt als Trutzburg der Bischöfe von Rom, und es erhielt schließlich sogar einen himmlischen Namen: Über dem mächtigen Bau soll Papst Gregor I. dem Großen im Jahr 590 der Erzengel Gabriel erschienen sein. Die Lichtgestalt steckte das Flammenschwert in die Scheide zum Zeichen, dass nunmehr die furchtbare Pest-Epidemie beendet sei, die Rom damals heimsuchte. Fortan nannte man die so gar nicht engelhafte Mordsfestung nach dem göttlichen Boten Engelsburg (Castel Sant‘ Angelo) und schmückte die Spitze mit einer entsprechenden Figur. Sie verkörpert auch den Abschluss der über Jahrhunderte vollzogenen Verwandlung des heidnisch-römischen Weltreichs
.
Dem Osten erwuchs ein Jahrhundert später eine ähnliche Bedrohung, wie sie die Völkerwanderung für den Westen dargestellt hatte. Der vom Propheten Mohammed (um 570-632) begründete Islam in Arabien entwickelte sich zu einer ungemein expansiven religiösen Bewegung mit weltlichem Machtanspruch. Er beerbte das römische Reich im Nahen Osten, in Ägypten, in Nordafrika und schließlich auch in Spanien; erst an den Pyrenäen kam er zum Stehen. Und er zerstörte das persische Reich der Sassaniden, womit er im Osten und Südosten zum gefährlichen Nachbarn des oströmischen oder byzantinischen Reiches wurde. Dieses aber erwies sich als deutlich stabiler verglichen mit Westrom und sollte dem Ansturm noch jahrhundertelang standhalten.
Als Mausoleum für sich und seine Nachfolger gab Kaiser Hadrian um 130 einen imposanten Rundbau in Auftrag, der erst unter Septimius Severus (Kaiser 193-211) vollendet wurde. Seit dem 7. Jahrhundert wird er Engelsburg genannt, weil hier Papst Gregor dem Großen ein Engel das Ende der großen Pestepidemie verkündet haben soll. Der Engel auf der Spitze stammt aus dem Jahr 1753
.
(c) M. Büsgen
Auswahlbibliografie
Simon Baker
Rom. Aufstieg und Untergang
einer Weltmacht.
Stuttgart 2007
Jochen Bleicken
Die Verfassung der Römischen Republik.
Grundlagen und Entwicklung
Taschenbuch–Ausgabe, Stuttgart 2008
Klaus Bringmann
Römische Geschichte. Von den Anfängen
bis zur Spätantike
9. durchgesehene Auflage, München 2006
Karl Christ
Die römische Kaiserzeit. Von Augustus
bis Diokletian
3. aktualisierte Auflage, München 2006
Dieter Flach
Römische Geschichtsschreibung.
3. Auflage, Darmstadt 1998
Jane F. Gardner
Frauen im antiken Rom. Familie, Alltag Recht
München 1995
Alfred Heuss u.a
.
Römische Geschichte
9. Auflage, Paderborn 2003
Martin Jehne
Die römische Republik.
Von der Gründung bis Caesar
München 2006
Frank Kolb
Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike
München 1995
Ingemar
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