Das Roemische Imperium
er die Erhebung zum Patricius, die Zeno aber verweigerte. Andererseits unternahm Constantinopel zunächst nichts gegen die faktische Selbstregierung Odoakers, zumal dieser auf eigene Gesetzgebung verzichtete und die Verwaltungsstrukturen unangetastet ließ.
Rabenschlacht
Wegen der geschützten Lage der Stadt hatte schon Stilicho Ravenna (deutsch: Raben) als Residenz ausbauen lassen. Jetzt bewährte sich die Umgürtung mit Wasserläufen und der Nachschub über See. Allerdings erreichte die Versorgung nie das erforderliche Maß, so dass Odoaker zu Jahresbeginn 493 einen Ausbruch versuchte, der aber ebenso misslang wie die bisherigen verlustreichen Bemühungen Theoderichs, die Stadt zu erstürmen. Immerhin gelang es diesem, die Zufahrten zum Hafen immer besser zu kontrollieren, was die Situation der Belagerten so verschärfte, dass Odoaker zu Verhandlungen gezwungen war. Das zweijährige Ringen ging als Rabenschlacht in die deutsche Heldensage ein, in der Theoderich als Dietrich von Bern auftaucht. Allerdings sind darin viele Zeitebenen verwoben vom frühen Untergang des Ostgotenreichs des Ermanarich bis zum Kampf gegen die Hunnen unter Etzel
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Unruhefaktor in Mösien
Ihm ging es eher um Sicherung Italiens als seiner Machtbasis, aber auch als Kernland des Imperiums. Gleich im ersten Amtsjahr pachtete er das von den Vandalen besetzte Sizilien zurück, wandte sich dann nach Nordosten und konnte 481 Dalmatien gewinnen. Das aber weckte Argwohn in Constantinopel hinsichtlich weiterer Gelüste Odoakers. Was tun? Probleme hatte der Kaiser schon genug mit den Ostgoten. Sie hatten sich unter ihren byzantinisch erzogenen König (seit 474) Theoderich 483 in Moesia inferior (Niedermösien, heutiges Nordwestbulgarien) niedergelassen, blieben aber wegen ihrer Schlagkraft ein Unruhefaktor. Theoderich selbst war zum Heermeister aufgestiegen und hatte damit eine Machtposition erlangt, die politisch ebenfalls Risikopotenzial barg.
Zeno beauftragte ihn daher, Italien in seinem Auftrag Odoaker wieder abzunehmen. In der Hoffnung, endlich ergiebiges Land und dauerhafte Wohnsitze für sein Volk zu finden, brach Theoderich 488 mit dem Gros der Ostgoten nach Westen auf und erreichte im Frühjahr 489 den Isonzo in Nordostitalien. Dort schlug er Odoaker zum ersten Mal, ließ im Jahr 490 Siege über dessen Truppen bei Verona und an der Adda folgen und rückte auf die Residenz Ravenna vor. Über zwei Jahre zog sich der Kampf um die Stadt, die sagenumwobene „Rabenschlacht“ (siehe Kasten), hin, denn Odoaker wurde über See versorgt, während Theoderich eine Flotte fehlte. 493 kam es zu einem Abkommen der beiden über eine künftig gemeinsame Regierung, so dass Theoderich mit seinen Kerntruppen in die Stadt einziehen konnte. Der fragile Frieden hielt keine zwei Wochen: Am 15. März 493 erschlug der noch relativ junge Theoderich den immerhin schon 60-jährigen Rivalen im Palast.
So stellte sich der Maler Christian Bernhard Rode (1725-1797) das Ende des Weströmischen Reiches vor: Germanenfürst Odoaker nimmt Romulus 476 die Krone und den Purpur und schickt den Kind-Kaiser in Pension
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(c) akg, Berlin
Geschickte Konfliktprävention
Das Ostgotenreich unter Theoderich I. (493–526)
Viel änderte sich durch den Machtwechsel in Ravenna nicht für die Bewohner Italiens und seiner Randländer von Illyrien bis Sizilien. Es kehrte allerdings eine sehr lange und lange nicht gekannte Ruhe ein, weil es der Gotenkönig verstand, Konflikten vorzubeugen. Das Hauptproblem löste er durch geschickte Personalpolitik: Er bestellte den jungen Liberius (* um 465-554) zum Prätorianerpräfekten mit der Sonderaufgabe, die Ansiedlung der Goten im nördlichen Italien so schonend wie möglich in die Wege zu leiten. Offenbar griff dieser vor allem auf Grund und Boden gefallener Anhänger des Odoaker sowie auf Staatsland zurück, so dass es kaum zu Enteignungen oder gar zu Aufruhr kam. In erstaunlich kurzer Zeit konnte Liberius Vollzug melden.
Mausoleum des Gotenkönigs
Wie bewusst sich Theoderich seiner herrscherlichen Leistung war, die vor allem im friedlichen Ausgleich zwischen der dünnen gotischen Herrenschicht und der eingesessenen Bevölkerung bestand, macht das Mausoleum deutlich, das er sich seit 520 in Ravenna errichten ließ. Es besteht aus in Istrien gebrochenem Kalkstein, steht auf zehneckigem Grundriss, ist zweigeschossig und wird kronenartig von einer Kuppel aus einem Stück überwölbt. Dieser 300 Tonnen schwere Stein wurde an noch heute sichtbaren
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