Das Rosenhaus
meinen, er könnte vollständig genesen, wenn er nur
endlich mit dem Rauchen aufhören würde. Er behauptet steif und fest, dass er
aufgehört hat, aber meine Mutter sagt, er verbringt unter dem Vorwand, nicht
vorhandene Blumen von ihren welken Blüten zu befreien, auffällig viel Zeit ganz
hinten im Garten, umgeben von einer ominösen Dunstwolke. Der Punkt ist, Liam« –
Peter hielt inne und trank noch einen großen Schluck, als wolle er seine Nerven
beruhigen –, »jetzt, wo er mich tatsächlich endlich wieder an seiner Seite und
in seinem Geschäft hat, wovon er ja immer geträumt hatte, obwohl ich nicht
glaube, dass er den Herzinfarkt nur deshalb bekommen hat, damit sein Traum
erfüllt wird …« – er lächelte schief – »… also, jetzt, wo ich in Cornwall bin,
hat er beschlossen, dass er gar nicht wieder arbeiten möchte.«
»Das ist nicht dein Ernst?« Liam runzelte überrascht die Stirn.
Peter schüttelte den Kopf.
»Ich weiß, ich hätte auch nicht gedacht, dass ich das noch erleben
würde, aber mein Vater geht Ende des Monats offiziell in Rente. Meine Eltern
wollen dann fest in ihrem Haus in Marseille wohnen. Er sagt, er möchte nächsten
Sommer angeln gehen – und zwar Fische statt Kunden – und am Strand
entlanglaufen, statt auf einer Baustelle zu stehen. Er ist natürlich total aus
dem Häuschen wegen dieses Auftrags, aber eigentlich mehr, weil er sich dann
über die Zukunft der Firma nach der Übergabe zunächst mal keine Sorgen machen
muss.«
Peter schwieg und trank noch einen Schluck Wein. Als er dann unter
seinen langen, dunklen Wimpern zu Liam aufsah, war sein Blick sehr ernst.
»Und er würde sich noch weniger Sorgen machen, wenn er wüsste, dass
ich nicht ganz allein wäre …«
»Was willst du damit sagen, Peter?«
»Ich will damit sagen, dass ich dich gerne mit ins Boot nehmen würde
…«
Es folgte Schweigen. Peter sah erst zu Liam und dann zu Lily, die
gerade die Nudeln abgoss.
Lily stellte den dampfenden Pastatopf auf einem Holzbrett ab und sah
ihren Mann aus leicht zusammengekniffenen Augen an. Auch Peters Blick wanderte
zurück zu Liam, und dann, endlich, sprach er das aus, was er während der
gesamten Fahrt im Geiste geübt hatte:
»Ich will dich mit ins Boot nehmen. Ich habe mir lange das Hirn
darüber zermartert, was genau meinen Entwürfen eigentlich fehlt. Und dann fiel
es mir wie Schuppen von den Augen: Du, Liam. Du fehlst diesem Projekt. Du bist
der Schlüssel, wenn es darum geht, Duncan Corday bei Laune zu halten. Du bist
es, der aus den verdammt guten Entwürfen überwältigende Entwürfe machen kann,
und darum wollte ich dich fragen, ich wollte dich bitten, ich wollte dir
vorschlagen … dass du mitmachst. Ich wünsche mir, dass du nach Cornwall kommst
und mein Partner wirst, Liam.«
2
P eter war am
nächsten Morgen wieder abgereist, aber er hatte mehr hinterlassen als nur die
üblichen Mitbringsel aus Cornwall – Fudge, Clotted Cream und den von Liam und
Lily heiß und innig geliebten Safrankuchen. Er hatte auch eine nachdenkliche
Stimmung hinterlassen, denn er hatte ihnen eine neue Perspektive aufgezeigt.
Plötzlich bot sich Liam und Lily die Möglichkeit, ihr bisheriges Leben
vollkommen umzukrempeln – nur weil er eine Tür geöffnet hatte, durch die sie
gehen konnten.
Dabei waren sie mit ihrem Leben in London nicht unzufrieden. Sie
hatten sich hier niedergelassen, nachdem sie aus den USA zurückgekehrt
waren, wo Liam sein Studium abgeschlossen hatte. Zwar waren sie sich
stillschweigend immer einig gewesen, dass sie nicht den Rest ihres Lebens in
London verbringen wollten, aber wann genau sie weiterziehen und wo genau sie
sich dann niederlassen würden, hatten sie nie thematisiert.
Beide liebten sie Cornwall, sie waren häufig dort, vor allem seit
Peter wieder dort lebte, und so manches Mal hatten sie, begleitet von einem
Stoßseufzer, gesagt »Was wäre, wenn …« und »Wäre das nicht toll …«. Das waren
aber immer eher wehmütige Bemerkungen am Urlaubsende gewesen, nie ernsthafte
Überlegungen – selbst dann nicht, als Peter nach dem Herzinfarkt seines Vaters
in den westlichsten Zipfel Englands zurückgekehrt war.
Aber jetzt.
Kaum hatte Peter seinen Vorschlag ausgesprochen, hatten sie Blicke
gewechselt, um die Reaktion des jeweils anderen zu prüfen.
Peter hatte von einem zum anderen gesehen und dabei erwartungsvoll,
aber auch entschuldigend gelächelt.
»Ich meine das verdammt ernst«, fügte er angesichts ihrer
ungläubigen Mienen
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