Das Rosie-Projekt
doch sie reagierte nicht. Sie stand auch nicht draußen, als wir ankamen, und die meisten der Klingelknöpfe hatten kein Namensschild. Es bestand das Risiko, dass sie beschlossen hatte, meine Einladung nicht anzunehmen.
Es war kalt, und ich zitterte. Ich wartete volle zehn Minuten, dann rief ich wieder an. Rosie reagierte immer noch nicht, und ich wollte dem Fahrer gerade sagen, er könne wieder fahren, als sie aus dem Haus gelaufen kam. Ich rief mir in Erinnerung, dass ich derjenige war, der sich verändert hatte, nicht Rosie – ich hätte damit rechnen müssen, dass sie zu spät käme. Sie trug das schwarze Kleid, das ich am Abend des Jackett-Zwischenfalls so atemberaubend gefunden hatte. Ich gab ihr die Rosen. In ihrem Gesicht las ich Überraschung.
Sie sah mich an. »Du siehst schon wieder anders aus … ganz anders«, sagte sie. »Was ist passiert?«
»Ich habe mich zu einer Generalüberholung entschlossen.« Das Wort gefiel mir: Generalüberholung. Wir stiegen ins Taxi, Rosie immer noch mit den Rosen in der Hand, und fuhren schweigend das kurze Stück bis zum Restaurant. Ich suchte nach Informationen zu ihrer Einstellung mir gegenüber und hielt es für besser, sie als Erste sprechen zu lassen. Tatsächlich sagte sie nichts, bis sie merkte, dass das Taxi vor dem
Le Gavroche
hielt – dem Ort des Jackett-Zwischenfalls.
»Don, ist das irgendeine Art von Witz?«
Ich bezahlte den Fahrer, stieg aus und öffnete Rosie die Tür. Sie stieg ebenfalls aus, blieb jedoch stehen und presste die Rosen mit beiden Händen gegen den Oberkörper. Ich legte eine Hand an ihren Rücken und führte sie zur Tür, wo der Empfangschef stand, den wir schon bei ersten Mal getroffen hatten: Jackettmann.
Wie aus seiner Begrüßung hervorging, erkannte er Rosie sofort: »Rosie!«
Dann sah er zu mir. »Sir?«
»Guten Abend.« Ich nahm Rosie die Blumen ab und reichte sie ihm. »Wir haben auf den Namen Tillman reserviert. Wären Sie wohl so freundlich, sich um die hier zu kümmern?« Es war eine Standardformel, die aber Vertrauen schaffen sollte. Nun, da wir auf vorhersehbare Weise agierten, schienen sich alle sehr wohl zu fühlen. Der Empfangschef überprüfte die Reservierungsliste. Ich nahm die Gelegenheit wahr, möglicherweise noch verbliebene Schwierigkeiten mit einem kleinen vorbereiteten Witz zu glätten.
»Ich möchte mich für das Missverständnis beim letzten Mal entschuldigen. Heute Abend sollte es keine weiteren Probleme mehr geben … es sei denn, der weiße Burgunder ist zu stark gekühlt.« Ich lächelte.
Ein Kellner erschien. Der Empfangschef stellte mich vor, machte ein kurzes Kompliment über mein Jackett, und wir wurden zu unserem Tisch geführt. Alles lief reibungslos.
Ich bestellte eine Flasche Chablis. Rosie schien sich noch nicht ganz mit der Situation zurechtzufinden.
Der Weinkellner kam mit dem Wein. Hilfesuchend sah er sich um, und ich diagnostizierte Nervosität.
»Der Wein wurde bei dreizehn Grad gelagert, Sir, aber wenn Sie ihn gern weniger gekühlt hätten … oder mehr …«
»Er ist wunderbar so, danke.«
Ich bekam einen Schluck zum Probieren eingeschenkt, schwenkte mein Glas, schnüffelte und nickte anerkennend, wie es das Standardprotokoll vorgab. Mittlerweile war der erste Kellner zurückgekehrt. Er war etwa vierzig, BMI ungefähr zweiundzwanzig, und recht groß.
»Professor Tillman?«, sagte er. »Ich heiße Nick und bin der Oberkellner. Wenn Sie irgendetwas benötigen oder es irgendein Problem gibt, fragen Sie einfach nach mir.«
»Vielen Dank, Nick.«
Dass Kellner sich mit Namen vorstellten, entsprach eher der amerikanischen Tradition. Entweder hielt man es in diesem Restaurant bewusst so, um sich abzusetzen, oder wir wurden bevorzugt behandelt. Ich tippte auf Letzteres: Vermutlich war ich als gefährlich eingestuft worden. Gut. Heute Abend würde ich jede erdenkliche Unterstützung brauchen, die ich bekommen konnte.
Nick reichte uns die Speisekarten.
»Die Auswahl überlasse ich gern dem Küchenchef«, sagte ich. »Aber bitte kein Fleisch, und Fisch und Meeresfrüchte nur, wenn sie nachhaltig produziert wurden.«
Nick lächelte. »Ich werde mit dem Koch reden und sehen, was er vorschlägt.«
»Ich weiß, dass es ein bisschen schwierig ist, aber meine Begleiterin lebt nach ziemlich strengen Regeln«, fügte ich hinzu.
Rosie sah mich seltsam an. Meine Aussage war als kleine Spitze gedacht gewesen, und ich denke, sie hatte gesessen. Rosie probierte den Chablis und bestrich ein
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