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Das Rosie-Projekt

Das Rosie-Projekt

Titel: Das Rosie-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graeme Simsion
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häufig dazu angetan, die sexuelle Attraktivität der Trägerin zu erhöhen, um einen Partner zu finden. Wenn Rosie nicht nach einem Partner suchte, schien es mir vollkommen vernünftig, dass sie sich anders kleidete. Es gab viele Dinge, die ich Gene gern über Rosie gefragt hätte, doch ich ahnte, dass solche Fragen ein Interesse implizieren könnten, das Gene falsch auslegen würde. Eine kritische Frage gab es aber.
    »Warum wollte sie am Ehefrauprojekt teilnehmen?«
    Gene zögerte einen Moment. »Wer weiß?«, sagte er dann. »Ich glaube nicht, dass sie ein gänzlich hoffnungsloser Fall ist, aber erwarte einfach nicht zu viel. Sie hat viele Probleme. Vergiss dein übriges Leben nicht.«
    Genes Ratschlag war überraschend scharfsinnig. Wusste er, wie viel Zeit ich mit dem Cocktailbuch verbrachte?

14
    Mein Name ist Don Tillman, und ich bin Alkoholiker. Ich formulierte die Worte in meinem Kopf, sprach sie aber nicht laut aus – nicht, weil ich zu betrunken war (und das war ich), sondern weil mir schien, dass sie wahr würden, wenn ich sie sagte, und ich dann keine andere Wahl hätte, als den vernünftigen Weg einzuschlagen, der daran bestände, für immer mit dem Trinken aufzuhören.
    Meine Alkoholisierung war eine Folge des Vaterprojekts, vor allem der Notwendigkeit, Kompetenz als Getränkekellner zu erwerben. Ich hatte, wie in dem Handbuch für Barmixer empfohlen, einen Cocktail-Shaker, Zesteur, Gläser, Oliven, Zitronen und reichlich Spirituosen gekauft, um die mechanische Komponente der Zubereitung zu üben. Das Ganze war überraschend komplex, und ich bin kein von Natur aus fingerfertiger Mensch. Tatsächlich bin ich mit Ausnahme von Klettern, was ich seit meiner Studienzeit nicht mehr gemacht habe, sowie Kampfsport bei den meisten Sportarten schwerfällig und inkompetent. Mein Geschick in Karate und Aikido ist das Ergebnis beträchtlichen Trainings über einen sehr langen Zeitraum.
    Zunächst übte ich Genauigkeit, dann Geschwindigkeit. Um 23 : 07  Uhr war ich erschöpft und entschied, es wäre jetzt interessant, die Cocktails auf ihre Qualität hin zu prüfen. Ich mixte einen klassischen Martini, einen Wodka-Martini, eine Margarita und einen Cocksucking Cowboy – Cocktails, die laut Buch zu den beliebtesten gehörten. Alle waren exzellent und schmeckten sehr viel unterschiedlicher als verschiedene Eiskremsorten. Für die Margarita hatte ich mehr Limonensaft gepresst als nötig, und so mixte ich eine zweite, um ihn nicht zu vergeuden.
    Wissenschaftliche Studien belegen immer wieder, dass die gesundheitlichen Risiken die Vorteile des Alkoholtrinkens überwiegen. Ich halte dagegen, dass die Vorteile für meine
mentale
Gesundheit die Risiken durchaus rechtfertigen. Alkohol scheint mich zu beruhigen und gleichzeitig zu euphorisieren – eine paradoxe, aber angenehme Kombination. Und er reduziert mein Unbehagen in gesellschaftlichen Situationen.
    Normalerweise steuere ich meinen Konsum mit Bedacht und plane jede Woche zwei Tage Abstinenz ein, wobei das Vaterprojekt dazu geführt hatte, dass diese Regel einige Male gebrochen worden war. Die Menge meines Alkoholkonsums weist mich noch nicht als Alkoholiker aus. Allerdings vermute ich, meine starke Abneigung gegen das Aufhören könnte das tun.
    Das Massen- DNA -Sammlungs-Unterprojekt ging zufriedenstellend voran, indem ich mich mit der erforderlichen Geschwindigkeit durch das Cocktailbuch arbeitete. Im Gegensatz zur allgemein verbreiteten Meinung zerstört Alkohol keine Gehirnzellen.
    Als ich mich zum Schlafengehen fertigmachte, spürte ich ein starkes Bedürfnis, Rosie anzurufen, um ihr von meinen Fortschritten zu berichten. Rational betrachtet, war das überhaupt nicht nötig, denn es ist verschwendete Energie, zu berichten, ein Projekt verlaufe nach Plan, was ja der normalen Grundannahme entspricht. Die Vernunft siegte. Gerade noch.
     
    Achtundzwanzig Minuten vor der Jubiläumsfeier trafen Rosie und ich uns zum Kaffee. Meinem erstklassigen akademischen Abschluss und Doktortitel konnte ich nun das gesetzlich vorgeschriebene »Zertifikat zum verantwortlichen Ausschank alkoholischer Getränke« hinzufügen. Die Prüfung per Internet war nicht schwer gewesen.
    Rosie trug bereits ihre Bedienungskluft und hatte für mich ein männliches Äquivalent dabei.
    »Ich habe das schon früh organisiert und gewaschen«, sagte sie. »Ich wollte keine Karatevorführung riskieren.«
    Offenbar spielte sie auf den Jackett-Zwischenfall an, obwohl die angewandte Kampfsportart

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