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Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Plan erzählte, rieb der sich vor Begeisterung die Hände und lobte ihn überschwänglich.
    In der Nacht, in der das Jiao-Gao-Regiment Cheng Mazis Plan durchführte, erbeuteten sie mehr als hundert Hundepelze, die Großvater und Vater an die zerbröckelnde Dorfmauer genagelt hatten, und stahlen die Gewehre, die Großvater in dem trockenen Brunnen versteckt hatte. Nachdem dieser Teil des Plans erfolgreich abgeschlossen war, gingen sie auf die Hundejagd, um Fleisch zu finden und sich zu stärken und um zusätzlichen Schutz gegen die Kälte zu organisieren. Jeder bekam einen warmen Hundepelz.
    Im Frühling dieses Jahres tauchte aus Frost und Kälte eine Armee heldenhafter Kämpfer in Hundepelzen in den weiten Ebenen von Nordost-Gaomi auf. Sie schlugen mehr als ein Dutzend größere und kleinere Schlachten gegen die Japaner und ihre Marionetten, darunter auch Zhang Zhuxis 28. Bataillon, das vor Angst fast erstarrte, wenn es Hunde bellen hörte.
    Die erste Schlacht fand am zweiten Tag des zweiten Monats statt, dem Tag, an dem der Drache sein Haupt erhebt. Das Jiao- Gao-Regiment schlich sich, Hundepelze auf der Schulter und Gewehre in der Hand, in den Weiler der Familie Ma und umzingelte die 9. Kompanie von Zhang Zhuxis 28. Bataillon und einen japanischen Schützenzug. Das feindliche Hauptquartier war die ehemalige Dorfschule des Weilers der Familie Ma und bestand aus vier Reihen blaugekachelter Gebäude, die ein hoher Wall aus blauen Ziegeln und ein Stacheldrahtzaun umgaben. 1938 hatten die Japaner auf dem Gelände eilig ein paar Kasernen errichtet, aber während des Herbstregens im vergangenen Jahr waren die Fundamente unterspült worden, und die Gebäude hatten sich so gefährlich geneigt, dass die Japaner abgezogen waren und sie abgerissen hatten. Dann kamen die Winterfröste, die jede Bautätigkeit unmöglich machten. Deshalb hatten die Japaner und die 9. Kompanie ihrer Marionetten sich in die vier alten Gebäudereihen zurückgezogen.
    Der Kompaniechef der 9. Kompanie war ein brutaler Mann aus Nordost-Gaomi, dessen Gesicht immer ein trügerisch freundliches Lächeln zierte. Seit Winteranfang hatte er eine Kampagne zur Sammlung von Ziegeln, Steinen und Bauholz eingeleitet, um die Kasernen wiederzuerrichten und die Gefechtsbereitschaft zu erhöhen. Im Gefolge der Materialbeschaffungskampagne hatte sich sein persönlicher Reichtum um das Hundertfache vergrößert. Die Einheimischen verachteten ihn.
    Der Weiler der Familie Ma lag in der Nordwestecke des Bezirks Jiao, etwa fünfzehn Kilometer vom Lager des Jiao-Gao-Regiments entfernt, und grenzte an die Gemeinde Nordost-Gaomi. Die Jiao-Gao-Soldaten warteten den Abend ab, um das Dorf zu verlassen, und ein paar Dorfbewohner beobachteten ihren Aufbruch. Unter einem blutroten Himmel marschierten über zweihundert Soldaten aus dem Dorf. Sie alle hatten Hundepelze über die Schultern gelegt, mit der Fellseite nach außen; die Schwänze baumelten zwischen ihren Beinen. Die bunten Pelze glänzten im schwachen Licht der Abendsonne hell : eine schöne, bizarre, groteske Armee von Dämonen der Unterwelt machte sich auf den Marsch.
    Als sie das erste Mal in ihren Hundeuniformen auszogen, hatten die Soldaten des Jiao-Gao-Regiments das Gefühl, einer Geisterarmee anzugehören. Sie sahen die blutigen Strahlen der Sonne, die den Pelz auf dem Rücken ihrer Kameraden färbten, und sie liefen wie über Nebel und Wolken, mal langsam, mal schnell, wie eine Hundemeute.
    Füßchen Jiang, der Regimentskommandant, trug ein rotes Hundefell über den Schultern - es war wohl der Rote, unser Familienhund -, und wie er so vor seinen Truppen hermarschierte und sich auf kleinen Füßen vor- und zurückbewegte, wehte das Fell auf seinem Pelz im Wind, der dicke buschige Schwanz hing zwischen seinen Beinen herab, und die Schwanzspitze schleifte am Boden nach. Cheng Mazi trug einen schwarzen Hundepelz. Vor seiner Brust hing ein Beutel, in den er achtundzwanzig Handgranaten gestopft hatte. Alle trugen ihren Pelz auf die gleiche Art: Die Vorderbeine waren zusammengebunden, so dass man das Fell über den Kopf streifen konnte, auf beiden Seiten waren Löcher in den Bauch geschnitten, durch die ein Strick lief, den man als Gürtel um sich schlingen und zuknoten konnte.
    Es war tiefe Nacht, als sie sich in den Weiler der Familie Ma schlichen. Kalte Sterne standen am Himmel, und wenn der Wind den Soldaten auch ins Gesicht wehte, war ihr Rücken doch wohlig warm. Als sie das Dorf betraten, bellten ihnen ein paar

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