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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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hat.»
    Lina sah Borghoff eindringlich an. «Und die andere Möglichkeit? Die Kutsche? Die misshandelte Hure?»
    «Die Spur der Kutsche ist kalt.» Borghoff seufzte. «Und was die Hure betrifft, hatte ich Ebel zu ihrer Familie nach Essenberg geschickt, aber man hat sie nach ihrer Genesung zu Verwandten in die Eifel gebracht. So entstellt, wie sie ist, kann sie nur noch bei einem Bauern Dienst tun.»
    Beide schwiegen. Schröder befragte derweil Mina nach ihrem Mann. Lina hatte Mina eingeschärft, zu behaupten, keinen Kontakt zu ihm zu haben, was sie tapfer tat. Bereits heute Morgen war ein Brief an Aaltjes Bruder in Rotterdam auf ein Schiff gebracht worden, worin man ihn bat, in Zukunft Minas Briefe von Rotterdam aus nach London zu schicken.
    «Teufel. Menschenfresser», flüsterte Lina plötzlich. Sie sah Borghoff wieder an. «Das hat Kätt geschrien und die Jungen damit fast zu Tode erschreckt. Aber mir scheint fast, sie hatte recht damit.»
    Borghoff machte einen bekümmerten Eindruck. «Das fürchte ich beinah auch. Und das würde bedeuten, dass dies nicht der letzte Mord in Ruhrort war.»
    Er deutete mit der Hand auf den Boden. «Da unten während der Leichenschau haben die braven Protestanten schon darüber spekuliert, ob die katholischen Wallonen ewas damit zu tun haben. Wenn dieses Misstrauen wächst, könnte es zu bedrohlichen Situationen kommen. Es sind mehr als tausend wallonische Männer hier und in der Umgebung, und die Werksdirection hat den Bürgermeister bereits unterrichtet, dass noch mehr kommen werden. Allein in der Kesselschmiede, der Werkstatt und der Schlosserei für die Maschinenteile sollen mehr als zweihundert Mann Arbeit finden, und wenn erst einmal alle Hochöfen und Koksöfen stehen, brauchen sie auch noch mehr Hüttenarbeiter. Und schon jetzt beklagen manche hier, die Fremden würden die Sitten verrohen lassen.»
    «Dann wird der Bürgermeister wahrscheinlich nichts über diesen neuen Fund verlauten lassen», sagte Lina trocken. «Es wird einfach sein, das zu vertuschen, wenn alle den Mund halten.»
    «Ich denke, das wird er seinen Ratskollegen und braven Bürgern gerade erklären. Und diesmal bin ich seiner Meinung. Es bringt nichts, die Ruhrorter in Panik zu versetzen.»
    Lina nickte nur. Das ungute Gefühl, das sie seit dem Fund der Mädchenleichen verspürt hatte, hatte sich verstärkt. War das beschauliche kleine Ruhrort ein gefährlicher Ort geworden?
    «Was ist mit Kätt?», fragte sie plötzlich.
    «Ihr wird niemand glauben, das ist unser Glück.»
    «Ist sie da unten?»
    Borghoff nickte gequält. «Sie weicht dem Kind nicht von der Seite. Ihr eigener Gestank hat fast den der Leiche überdeckt.»
    «Geben sie der Magd der dicken Martha ein paar Pfennige. Sie ist es gewohnt, die dreckstarrenden Freier in die Wanne zu stecken. Und ein paar alte Kleider lassen sich doch auch noch auftreiben. Ganz Ruhrort wäre Ihnen dankbar dafür, wenn Kätt wenigstens eine kurze Zeit sauber wäre.»
    Borghoff fragte sich, woher Lina das mit den badenden Freiern wusste.
    Lina lachte kurz auf, als könne sie Gedanken lesen. «Solange wir noch an der Dammstraße in unserem Kontorhaus wohnten, gingen dort unsere Schiffer ein und aus. Da hörte man so einiges.»
    Dann wurde ihr Gespräch unterbrochen, denn Mina trat zu ihnen, das Fremdenpapier in der Hand. Lina stand auf, faltete es und steckte es in ihren Beutel. Borghoff kam hinter seinem Schreibtisch vor und verabschiedete die Schwestern.
    Draußen kam gerade die Wallonengruppe mit ihrem Dolmetscher aus der Amtsstube. Einer der Männer machte eine anzügliche Bemerkung, die sowohl Lina als auch Mina recht gut verstanden. Der Dolmetscher wies den Mann scharf zurecht. «Entschuldigen Sie. Die Männer sind den Anblick feiner Damen nicht gewöhnt.»
    Auf der Straße fiel Lina auf, wie gelassen Mina geblieben war. «In dem Viertel, in dem wir wohnten, war das nicht unüblich», sagte Mina und fügte leise hinzu: «Wenn ich nicht hätte anständig bleiben wollen, wäre es leichter gewesen, uns durchzubringen.»
    Lina bog kurzentschlossen in die Harmoniestraße ein.
    «Ist das nicht ein Umweg?», fragte Mina.
    Lina schüttelte den Kopf und klingelte mit ihrer Geldbörse. «Jetzt kaufen wir bei der Witwe Dahlmann Stoff, damit ihr alle schnell eingekleidet seid.»

5. Kapitel
    Das Weihnachtsfest stand vor der Tür. Es war der 23. Dezember, und Lina konnte sich nicht erinnern, jemals so viel zu tun gehabt zu haben vor dem Christfest.
    Zu Beginn der

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